Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
Vom Netzwerk:
dem märkischen General in schwedischen Diensten, Hans Christoffer von Königsmarck, als Pfand verliehen worden. Der General war im Krieg berühmt geworden durch seine Brutalität und seine Politik der verbrannten Erde. Blicken lassen hatte er sich in Weferlingen noch nie, und die Bewohner des Dorfes hatten auch kein Verlangen danach. Ein Büttel und ein Verwalter, beide noch vom Halberstädter Bischof eingesetzt, regelten das Alltägliche. Es herrschte zwar Armut, jedoch keine Verzweiflung. Man glaubte, das Schlimmste hinter sich zu haben. Der Gasthof mit der kleinen Schankstube sah ärmlich, aber halbwegs sauber aus.

    Ulrich saß und verzehrte schon wieder eine richtige Wirtshausmahlzeit – Gerstenbrei, ein Stück Speck, etwas Käse. So selten es vorkam, diesmal war es bereits die zweite der Woche. Nach der Braunschweiger. Dazu gab es einen Krug sauren Apfelwein, für Bier war ja gerade keine Saison. Etwa zehn Männer saßen in der Stube und ließen sich den Apfelwein schmecken. Offensichtlich war er der einzige Durchreisende, denn alle anderen schienen sich zu kennen. Plötzlich hörte er, dass zwei Tische weiter drei Männer über Bier redeten. Er spitzte die Ohren.

    »Hat der Anton schon einen Nachfolger gefunden für den Michel?«

    »Soweit ich weiß, nicht.«

    »Na, dann soll er sich aber sputen. Das wäre schlimm, wenn wir bis Michaeli keinen Brauer hätten, der uns ein gutes Bier macht.«

    »Jaja, die Pest, die wird uns auch noch holen, wenn nicht jetzt, so doch später.«

    Schnell fügte sich das Bild zusammen: Es gab ein Brauhaus hier in Weferlingen, der Brauer war vor Kurzem an der Pest gestorben und noch kein Nachfolger in Sicht. Sofort stand Ulrich auf, ging zu dem Tisch und stellte sich den drei Männern als Brauer auf Wanderschaft vor. Gejohle und Schulterklopfen waren die angemessene Begrüßung.

    »Wo willst du denn hin?«

    »Eigentlich nach Gardelegen, Arbeit bei einer Hansebrauerei suchen.«

    »Das kannst du dir sparen, Junge. Die Hanse gibt es nicht mehr. Die Hopfengärten der Altmark sind verwüstet. Gardelegen ist ruiniert.«

    Ob das den Tatsachen entsprach oder Neid auf das berühmte Bier war, konnte Ulrich nicht sagen. Die Männer fuhren fort.

    »Pappenheim hat ganze Arbeit geleistet in Gardelegen«, behauptete einer, allerdings ohne Häme, schließlich war der General des Kaisers auch ihnen ein Teufel gewesen.

    »Da stehen nur noch einige wenige Häuser, und noch weniger brauen Bier.«

    »Das Garley war mal ein wirklich gutes Bier, aber jetzt erkennst du ein gutes Bier daran, dass man es hier in der Gegend Doppelte Garley nennt.«

    »Unser Michel – Gott hab’ ihn selig – hat im letzten Winter sogar eine Dreifache Garley gemacht.« Wie auf Kommando leckten die Männer ihre Lippen in Erinnerung an das köstliche Gebräu.

    »Die ganze geweihte Hefe hat ihnen nichts geholfen in Gardelegen«, sinnierte einer weiter. »Früher war es ein gutes Magenbier, aber jetzt musst du davon nur noch reichlich pissen gehen.«

    Auch von anderen Bierstädten, wie Bernau, wussten sie Ähnliches zu berichten. Inzwischen war die Gesellschaft auf acht Männer angewachsen, die alle durcheinanderredeten. Ulrich hatte zwar nicht vorgehabt, nach Bernau zu reisen, hatte von dem Bier aber nur Gutes vernommen.

    »Früher kam ab und zu mal ein Fass Bernauer zu uns«, erinnerte sich der älteste der Männer.

    »Da warst sogar du noch ein Kind«, lachte ein zweiter. »Das muss ja ewig her sein!«

    »Und der Kaufmann, der letzten Monat hier Station gemacht hat. Der hat doch erzählt, wie verarmt und verödet die Stadt jetzt ist.«

    »Ja, früher lebten sie von Bier und Tuch. Das Tuchmachergewerbe ist komplett ausgelöscht, und die meisten Brauhäuser sind immer noch verwüstet.«

    Die Männer kamen wieder auf den Anfang ihres Gesprächs zu sprechen. »Jungchen, bleib’ bei uns und brau dein Bier hier in Weferlingen.«

    Ulrich hatte genug gehört und verabschiedete sich. Am nächsten Morgen ging er gleich zu Anton, dem Verwalter, der in einer Schreibstube des verwahrlosten Schlosses hauste. Anton war ein gelangweilt aussehender Buchhalter mit weißen, blitzsauberen Manschetten, der seine Freude über Ulrichs Vorstellung jedoch kaum zurückhalten konnte. »Was für ein glücklicher Zufall!« rief er erregt. Er sprang von seinem Katheder, über das gebeugt er eifrig Zahlenkolonnen addiert hatte und lief aufgeregt in der Stube hin und her, während er sich mit beiden Händen durch die spärliche

Weitere Kostenlose Bücher