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Der Fluch des Denver Kristoff

Der Fluch des Denver Kristoff

Titel: Der Fluch des Denver Kristoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Vizzini , Chris Columbus
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zusammenzuckte.
    »Sie scheint wirklich nicht recht bei Sinnen zu sein«, bemerkte Tranquebar. »Sie einzusperren, war eine gute Entscheidung. Was ist mit diesem Buch?«
    »Es ist in meinem Logis und ich will auch, dass es dort bleibt«, bestimmte Will. »Ihren Geschwistern werde ich nichts davon sagen. Die ganze Familie ist etwas verrückt, was dieses Buch angeht.«
    »Eine Frage noch«, sagte Tranquebar, »was hat die Kleine eigentlich gemeint, als sie sagte, Sie seien einem Roman entsprungen?«
    »Oh, sie, äh, also, ich fürchte, das ist eine kleine romantische Fantasie von ihr, in der sie sich ihren Helden erträumt. Ich … also ich habe den Eindruck, sie ist in mich verliebt.«
    »Meinen Sie wirklich?«
    »Ja«, sagte Will. »Es ist mir sehr unangenehm, eine echte Schulmädchenschwärmerei. Wie auch immer. Als Kapitän dieses Schoners habe ich wahrlich Wichtigeres zu besprechen. Zum Beispiel, welchen Zielhafen wir ansteuern?«
    Tranquebar schmunzelte. »Ich vergesse immer, dass Sie selbst noch so jung und unbedarft sind, Käp’n. Manchmal kommt es einem wirklich vor, als hätten sie noch nicht lange in dieser Welt gelebt.« Nach kurzem Nachdenken fuhr er fort: »Die Muräne ist unterwegs zum Hafen von Tinz, dort haben wir eine Verabredung mit Captain Sangrays Handelspartnern. Diese gewitzten Männer sind monatelang durch viele Kontinente gereist, nur um Sangray zu treffen. Ein einfaches Handelsgeschäft: Sie wollen ihr Gold gegen unsere Gewürze und Kakaobohnen eintauschen. Und wer weiß, vielleicht sind sie auch an einem Haus interessiert, das Skelette zum Leben erwecken kann. Schwer zu sagen, was man dafür auf dem Schwarzmarkt geboten bekäme.«
    »Wann treffen wir diese Händler?«, fragte Will.
    »Morgen Nachmittag.«
    »Und danach?«
    »Danach können Sie tun und lassen, was Sie wollen! Vielleicht ein kleiner Landgang? Ich kenne da eine nette, kleine Tropeninsel, auf der nur Frauenzimmer leben, atemberaubende Schönheiten, die nichts anhaben außer …«
    »Schon gut, Tranquebar, ich werd’s mir überlegen. Aber jetzt würde ich mich gern zurückziehen und freue mich auf eine ruhige Nacht.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Tranquebar. Sie standen mittlerweile vor der Tür zur Kapitänskajüte. »Aber … hier können Sie doch nicht schlafen, Kapitän!«
    »Warum nicht?«
    Tranquebar machte eine ausschweifende Handbewegung in den Raum hinein: »Die Kajüte ist der reinste Trümmerhaufen! Das Fenster muss repariert werden, alles ist voller Teer und der ganze Folterkrimskrams muss auch erst weggeschafft werden. Außerdem liegt dieses grässliche Buch da drin. Ich werde ein besseres Quartier für Sie herrichten lassen.«
    »Aber ich will hier schlafen!«, beharrte Will mit einem verstohlenen Seitenblick auf das Buch des Verderbens und Verlangens . Dort lag es! Dort auf dem Boden! Als würde es auf ihn warten!
    »Eins sollten Sie wissen, Captain Draper: In der Anfangsphase wird die Mannschaft immer ein Auge darauf haben, ob der Kapitän bereit ist, den Rat seines Ersten Maats anzunehmen. Falls nicht, geraten Sie schnell in Verdacht, allzu eigensinnig zu sein, sich zu sehr von Ihren Gefühlen leiten zu lassen. Zu stolz zu sein, um einen Rat zu befolgen.«
    Energisch zog Tranquebar die Tür zu Sangrays Kajüte zu und verschloss sie mit einem seiner zahlreichen Schlüssel. Als Will ihm durch den schmalen Gang unter Deck folgte, fragte er sich, wer hier auf der Muräne in Wirklichkeit das Kommando führte.
    Mittlerweile hatte Cordelia jeden Winkel ihres Gefängnisses nach möglichen Schwachstellen untersucht. Es sah nicht gut aus für sie. Unter der Strohschicht war ein schlichter Holzfußboden, leider ohne eine einzige Falltür. Ein Fenster gab es natürlich auch nicht, sosehr sie sich es auch wünschte, als ihr aus einer Ecke ein furchtbarer Geruch in die Nase stieg. Das Holz an dieser Stelle war dunkel verfärbt und aufgequollen. Als Cordelia, immer noch auf der verzweifelten Suche nach einer Fluchtmöglichkeit, das Heu erneut durchwühlte, machte sie einen grausigen Fund … einen abgetrennten Schweinerüssel.
    Selbst ein Schwein hier einzusperren, ist noch unmenschlich!, dachte Cordelia erbost. Während der eine Teil ihres Gehirns sich mit allen möglichen Fluchtplänen beschäftigte, dachte der andere über Mittel und Wege nach, wie sie es Will heimzahlen könnte – und ihren Geschwistern natürlich auch. Merkten Bren und Nell eigentlich überhaupt nicht, dass ihre große Schwester verschwunden war?

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