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Der Fluch des Denver Kristoff

Der Fluch des Denver Kristoff

Titel: Der Fluch des Denver Kristoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Vizzini , Chris Columbus
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das auch wieder nicht gemeint. Kommt schon, hat etwa niemand mehr ein Kompliment für mich?«
    Scurve, ein hagerer Kerl, der viel Ähnlichkeit mit Ichabod Crane aus Sleepy Hollow hatte, räusperte sich. »Ähm … ’ne hübsche Fratze ham Se, Käp’n. Zum Küssen geradezu.«
    Die Piraten starrten ihn mit offenem Mund an.
    »Was glotzt ihr so? Oder hat einer von euch schon mal ’n Weibsbild oder ’nen Kerl mit solch blauen Augen gesehen?«
    Alle Blicke wanderten zu Will. Die Piraten zuckten die Achseln, da gab es nichts zu widersprechen.
    »Noch jemand?«, fragte Will und sah auffordernd in die Runde.
    »Ihr Haar sieht aus wie gesponnenes Silber«, sagte eine der Frauen.
    »Ihre Wangenknochen sind so scharf«, sagte ein anderer Mann, »mit denen könnte man glatt die Pietà schnitzen.«
    »Schon besser«, kicherte Will und tat so, als wüsste er, was die Pietà war. Die Piraten stimmten grölend mit ein.
    Cordelia sagte leise zu Brendan: »Ich halte das nicht mehr aus. Er ist schon genau so machtbesessen wie die Windfurie.«
    »Das legt sich bestimmt, wenn er erst eine Weile Kapitän gewesen ist«, meinte Brendan abgelenkt. »Isst du das noch?«
    Cordelia schnaubte verächtlich – doch da ging ihr auf, dass jetzt, solange alle mit Essen und Trinken beschäftigt waren, die beste Gelegenheit war, um ihr heimliches Vorhaben in die Tat umzusetzen.
    »Nein, du kannst es haben. Bin gleich wieder da«, sagte sie daher schnell, warf ihm den Rest ihres Hühnchens zu und verschwand unter Deck.
    Will beobachtete sie argwöhnisch.
    Ich nehme nur eine Schriftrolle. Nur einen Zauberspruch. Mehr nicht, redete sie sich ein, während sie sich durch die dunklen Gänge tastete. Weil … weil … ganz einfach, weil ich es will .
    Der Tisch in Sangrays Kajüte war noch dunkel gefärbt von Penelopes Blut. Die Ketten, mit denen Will und Penelope gefesselt worden waren, lagen über den Boden verteilt, an einem Ende mit einem eisernen Ring am Tisch befestigt. Die Truhe schien unberührt, sie war nicht einmal verschlossen. Cordelia klappte den Deckel hoch und fand einen Haufen Goldmünzen und Edelsteine, doch sie hatte nur Augen für die geheimnisvollen Schriftrollen. Sie griff mit beiden Armen hinein, hob alle heraus und entrollte die erste.
    Plötzlich fiel ihr Blick auf etwas anderes, das vorher noch nicht in der Truhe gelegen hatte.
    Das Buch des Verderbens und Verlangens .
    Die Schriftrolle entglitt ihren Händen. Sobald sie das Buch erblickt hatte, fühlte sie nur noch eins: Verlangen. Den unwiderstehlichen Drang, es aufzuschlagen, um endlich mit eigenen Augen zu sehen, was darin stand. Sie würde endlich die Kräfte kennenlernen, die Denver Kristoff in den Wahnsinn getrieben hatten. Die Zukunft schien auf einmal bedeutungslos. Die Vergangenheit zählte nicht mehr. Das Einzige, was jetzt noch wichtig war, war dieses Buch.
    Erwartungsvoll nahm Cordelia das Buch in die Hand und hielt es sich vor das Gesicht. Ohne es zu merken, hatte sie die gleiche Haltung angenommen wie das Tuchayune-Skelett, das ihr Ururgroßvater und Denver Kristoff in dem geheimnisvollen Grab auf der Ziegeninsel entdeckt hatten. Sie war bereit, in die Seiten des Buches einzutauchen und ihren Geist mit seinen Geheimnissen zu füllen – ich werde es herausfinden, jetzt werde ich es herausfinden . In einer Endlosschleife kreisten ihre Gedanken nur noch um das eine …
    Und dann schlug sie die erste Seite auf.

60
    D och sie starrte nur auf ein leeres Blatt. Sie wollte das Buch schon in die Ecke schleudern … als die ersten Buchstaben sichtbar wurden. Sie schienen von hinter der Buchseite hervorzukommen oder vielmehr aus seinem Inneren an die Oberfläche zu schweben, wie winzige Wassertierchen auf einem Teich, kleine schwarze Gestalten, die taumelnd umeinanderkreisten. Zunächst sah es aus wie ein unförmiger Schwarm, dann setzten die winzigen Buchstaben sich zu Wörtern zusammen, die dem Englischen zumindest ähnlich schienen. Die Konturen wurden schärfer, bis die einzelnen Worte deutlich zu erkennen waren. Obwohl Cordelia ihren Sinn noch nicht verstand, war es ein seltsam erhabenes Gefühl, sie nur anzusehen …
    »Halt!«, hörte Cordelia jemanden hinter sich rufen. »Was tust du da?«
    Will stürzte herein, packte Cordelia an den Schultern und riss sie zu sich herum. »Cordelia, dein Gesicht!«
    Es musste in dem Moment angefangen haben, als sie das Buch aufgeschlagen hatte. Cordelias Haut schien zu verblassen, als ob die Seiten des Buches alle Farbe aus ihrem

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