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Der Fluch des Denver Kristoff

Der Fluch des Denver Kristoff

Titel: Der Fluch des Denver Kristoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Vizzini , Chris Columbus
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nicht sehen …«
    Abrupt endete der felsige Abhang – die Villa Kristoff schoss ungebremst weiter, hob schwungvoll ab und segelte durch die Luft.
    Die Geschwister und Will zögerten nicht lange und verbarrikadierten sich im Kleiderschrank. Man konnte nicht einmal behaupten, dass sie Angst gehabt hätten. Darüber waren sie längst hinaus. Sie lauschten auf das pfeifende Geräusch, das die Fässer in der Luft von sich gaben. Cordelia fasste ihre Geschwister bei den Händen, Eleanor und Brendan hielten Wills Hände fest.
    »Egal was passiert, ich hoffe, es geht schnell!«, rief Eleanor tapfer. »Diese ewige Auf und Ab macht mich noch wahns…«
    Mit einem ohrenbetäubenden Klatschen setzte das Haus auf dem Meeresspiegel auf.

36
    G ischt spritzte auf. Eine Minute, die ihnen allen wie eine Ewigkeit erschien, harrten Will und die Geschwister Walker im Kleiderschrank aus, bis sich ihr Adrenalinspiegel wieder auf ein halbwegs normales Maß eingependelt hatte. Dann erst wagten sie sich ans Fenster. In der frischen Seeluft atmeten sie ein paar Mal tief durch, bis die Anspannung etwas nachließ. Atmen ist doch etwas Wunderbares, dachte Brendan, dann fragte er vorsichtig: »Sinken wir?«
    »Noch nicht«, antwortete Cordelia.
    »Also schwimmen wir auf dem Wasser.«
    »Sieht ganz danach aus.«
    Die Villa Kristoff schaukelte auf den unruhigen Wellen einer weiten Bucht. An Land hinter ihnen erstreckte sich ein dichter Wald, so weit das Auge reichte, nur durchbrochen von einer steilen Klippe. Dort, wo das Haus den Berg hinuntergepflügt war, zog sich eine tiefe Schneise durch das einförmige Grün. Von Weitem sah es aus wie eine lange braune Narbe. Vor ihnen, auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht, ging die Sonne gerade hinter den verschneiten Gipfeln einer Bergkette unter. Irgendetwas an der ganzen Perspektive kam ihnen seltsam verschoben vor: Sie waren so weit von den Bergen entfernt, dass sie nur die Spitzen sehen konnten, die von Wolken umgeben waren. Aber die unteren Bergrücken lagen verborgen jenseits des Horizonts.
    »Und das ist ganz sicher nicht San Francisco? Woher wissen wir, dass wir nicht einfach nur auf die Küste von Marin zuschwimmen?«, fragte Eleanor.
    »Solche Berge gibt es in Marin nicht«, sagte Cordelia. »Die da sind bestimmt noch höher als der Mount Everest.«
    »Na gut, vielleicht treiben wir wenigstens irgendwohin, wo es etwas zu essen gibt! Ich habe Hunger. Und Durst. Wahnsinnigen Durst.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen«, sagte Brendan. »Wahrscheinlich watet uns gleich einer dieser Kollösser entgegen und fischt uns raus.«
    »Koloss e «, korrigierte Cordelia.
    »Ach, hör doch auf! Ist doch egal. Wenn die blöden Riesen uns nicht holen, ertrinken wir halt stattdessen.«
    »Ertrinken?«, fragte Eleanor ängstlich.
    »Hast du nicht gehört, wie es die Fässer unter dem Haus abgefetzt hat, als wir den Berg runtergeholpert sind?«, legte Brendan nach. »Viele können nicht mehr übrig sein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir sinken.«
    »Ich wünschte, Mom und Dad wären hier«, schniefte Eleanor leise. Sie wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. »Außerdem will ich einen Saft. Und ich habe Angst.«
    »Komm her.« Cordelia nahm ihre kleine Schwester in den Arm.
    »Den gruseligen Teil haben wir hinter uns. Jetzt müssen wir nur noch mit Brendan fertigwerden.« Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen – selbst Brendan musste grinsen. Wir atmen noch, dachte er. Ist doch verrückt, oder? Sie standen eng beieinander und sahen zu, wie die letzten Sonnenstrahlen hinter den Bergen verschwanden. Im Stillen fragten sie sich, wie sie eine Nacht auf See überstehen sollten.
    »Hört ihr das auch?«, fragte Will plötzlich. Sie lauschten. Zuerst war da nur das leise Plätschern der Wellen, die gegen die Hauswände schlugen. Doch dann hörte Cordelia es auch: Es klang genauso unheimlich wie das Geräusch der Neonröhren in den Schulwaschräumen.
    »Ein Zischen«, sagte sie.
    »Ja, genau, ein leises, aber andauerndes Zischen. Wir sollten herausfinden, woher es kommt.«
    Will reichte Cordelia die Hand, gemeinsam mit Eleanor und Brendan als Schlusslicht bildeten sie eine Kette und tasteten sich hinunter in die Küche. Mittlerweile war der Himmel draußen übersät von glitzernden Sternen, mehr als die Walkers je gesehen hatten. Obwohl sie die Räume in einen überraschend hellen Lichtschein tauchten, musste man höllisch aufpassen, nicht ständig über irgendwelche Trümmer zu stolpern.

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