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Der Fluch des Florentiners

Der Fluch des Florentiners

Titel: Der Fluch des Florentiners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ackermann
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wieder ein. » Es gibt da schon einige ähnliche Geschichten. Hinzu kommt, dass unser werter Herr Kustos der Schatzkammer freimütig zugibt, dass kein Mensch weiß, was mit dieser Kopie später passiert ist. So akribisch die Bücher der Schatzkammer stets geführt wurden, so verwunderlich ist, dass in den Jahren und Jahrhunderten danach diese Kopie nie wieder erwähnt wurde. Weg ist er – der Florentiner – äh, die Kopie! Einfach weg. «
     
    E ine Stunde später fuhr Marie-Claire de Vries zurück nach Hause. Statt mehr Klarheit zu haben über die Historie des Florentiners, zeichnete sich nun doch das ab, was sie seit dem Gespräch mit Sanjay Kasliwal befürchtete: ein Skandal, ein e S ensation. Es gab tatsächlich zwei Kopien eines der berühmtesten Diamanten des Abendlandes! Eine hatte in der Schatzkammer in Wien gelegen – und war verschwunden. Eine andere Kopie lag, wie sie bereits wusste, in dem Museum in Mailand. Dort wusste niemand, woher sie stammte. Aber das Original, der echte Florentiner, war seit 1920 verschwunden! Der Schmuckhändler Alphonse de Sondheimer hatte ihn vermutlich über Mittelsmänner vom letzten österreichischen Kaiser bekommen, um ihn zu verscherbeln. Plötzlich fiel ihr eine Passage aus dem Buch Vitrine XIII ein. » Das kann doch wohl nicht wahr sein, das ist unmöglich … «, murmelte sie in der Straßenbahn vor sich hin. Jetzt wollte sie nur noch nach Hause und lesen, lesen, was Sondheimer damals geschrieben hatte. Aber sie kam nicht zum Lesen. Kaum dass sie ihre Wohnung betreten hatte, läutete das Telefon. Peter bat sie ohne Angabe von Gründen, eine Viertelstunde vor dem verabredeten Termin in das Café zu kommen. Wenige Minuten später klingelte ihr Telefon erneut. Diesmal war es Francis Roundell. Auffällig kühl, kurz und knapp bat er sie für den nächsten Morgen um ein ausführliches Telefonat, bei dem sie ihm den aktuellen Stand ihrer Recherchen darlegen sollte. Einen schriftlichen Bericht, den er der Geschäftsleitung von Christie ’ s vorlegen wollte, erwartete er spätestens Anfang kommender Woche. Gegen Ende ihres Gespräches fragte er beiläufig, wann sie plane, nach Grandson zu reisen. Am Wochenende, hatte sie geantwortet. Ja, am Wochenende wollte sie in die Schweiz, auch wenn sie noch nicht wusste, wie sie das zeitlich schaffen wollte.
    Der recht barsche Ton von Francis beschäftigte sie noch, als sie geduscht und dem Anlass entsprechend elegant-adrett gekleidet das Kaffeehaus gegenüber dem Hotel Imperial betrat.
    Peter erwartete sie bereits. Er wirkte ungewöhnlich nervös und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Er sah übernächtigt und sehr fahl aus und sprach geradezu gehetzt.
    » Hallo, Marie-Claire. Schön, dich mal wieder zu sehen. Ist sicherlich schon gut ein Jahr her. Immer noch auf der Spur der verschwundenen Preziosen reicher Menschen? «
    » Grüß dich, Peter! Na, du schaust mir aber sehr urlaubsreif aus! Gehörst wohl auch zu jenen Menschen, die für ein Taschengeld den Beruf zu ihrem Leben machen – so wie ich. «
    » Da hast du freilich Recht. Gestern hatten wir Vertretertagung, vorgestern waren zwei Autoren bei mir, morgen werde ich nach Berlin fliegen – und den heutigen Tag habe ich mit nichts anderem verbracht als mit diesem blöden Manuskript eines Buches, das fünfzig Jahre alt ist, ein Ladenhüter war – und jetzt dem Verlag zu unerwartetem Reichtum verhelfen würde, wenn Interpol nicht dagegen wäre. «
    Marie-Claire betrachtete ihren alten Freund. Warum er diesen Beruf gewählt hatte, war ihr stets schleierhaft gewesen. Er las nicht sonderlich viel und gerne, aber er liebte es, sich mit Literaten und Künstlern zu umgeben. Sie gaben seinem ansonsten recht farblosen Leben einen Inhalt, wie er einmal freimütig eingestanden hatte. Peter, sie wusste das, weil er ihr eine Zeit lang Avancen gemacht und damals seine Lebensgeschichte erzählt hatte, war ein Konglomerat aus Komplexen. Und er war ein sehr unsicherer Mann. Obwohl er recht fesch aussah, glaubte er, für Frauen ein Antityp zu sein. Sie hatte das nie so gesehen, auch wenn aus ihnen beiden nichts geworden war. Seither waren sie Freunde, und daher wusste er, dass sie Verständnis für eine so emotionslose Begrüßung hatte.
    » Jetzt mal schön langsam, Peter «, versuchte sie seinen Redefluss ein wenig zu stoppen. Sie verstand nichts von dem, was er gerade gesagt hatte. Aber er hörte ihr nicht wirklich zu. Nervös kramte er in seiner Aktentasche und holte ein dickes Bündel

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