Der Fluch des Khan
abgeschnitten. Wir wurden zu einer einsamen Wüstenei, einer Insel inmitten von Festlandsmassen, auf der die Zeit stehen blieb. Nun, ich fürchte, das ist vorüber, Minister Shinzhe. Wie Sie sehen, ist die Mongolei in mehr als einer Hinsicht ein reiches Land, dabei haben Sie sich weder die Zeit genommen noch die Mühe gemacht, dies zu würdigen, als Sie die Gelegenheit dazu hatten. Erst jetzt wetteifern die Unternehmen aus dem Westen darum, zu uns zu kommen, unsere Minen zu erschließen und in unseren Wäldern Holz schlagen zu dürfen. Aber wegen des Öls kommen sie zu spät. Denn als noch niemand in unserem Land danach suchen wollte, haben wir es selbst getan, und jetzt wollen wir den Lohn für unsere Mühe ernten.«
Er nickte Tatiana zu, die aus einem Büro nebenan eine Karte holte, sie vor dem chinesischen Minister aufrollte und mit zwei Jadeschnitzereien beschwerte, die in der Mitte des Tisches standen.
Es war eine Landkarte der Mongolei. Im Südosten war ein unregelmäßiges, rot schraffiertes Oval eingezeichnet, das wie eine in billigem Merlot ertrunkene Amöbe wirkte. Das Gebiet erstreckte sich über fast achtzig Kilometer und führte in weitem Bogen an der Grenze zu der von China verwalteten Inneren Mongolei entlang.
»Das Temujin-Feld. Ein natürliches Becken, neben dem sich Ihr altes Daqing-Feld wie ein Spucknapf ausnimmt«, sagte Borjin, der sich auf Chinas größtes Ölfeld bezog, das inzwischen weitgehend erschöpft war. »Unsere Aufschlussbohrungen deuten auf Lagerstätten mit rund vierzig Milliarden Barrel Rohöl und siebenhundertfünfundsechzig Milliarden Kubikmeter Erdgas hin. Die Million Barrel, die wir Ihnen verkaufen, sind eine Kleinigkeit.«
»Warum, wurde eine derartige Entdeckung nicht längst bekannt gegeben?«, fragte Shinzhe etwas ungläubig. »Ich habe nichts von einem solchen Fund in der Nähe unserer Grenze gehört.«
Borjin lächelte und zeigte seine Haifischzähne. »Nur wenige Menschen außerhalb dieses Raumes sind eingeweiht«, sagte er.
»Meine eigene Regierung weiß nichts von diesen Vorkommen.
Wie hätte ich denn sonst die Landnutzungsrechte in dieser Region erwerben können? Es gab kleinere Explorationen in der Mongolei, die auf mögliche Ölvorkommen hindeuteten, aber auf die Hauptlagerstätte ist man nicht gestoßen. Mit Hilfe einer von uns entwickelten und patentrechtlich geschützten Technologie sowie mit etwas Zufall konnten wir das Feld lokalisieren«, sagte er lächelnd. »Die Lagerstätten liegen sehr tief, was zumindest teilweise erklären könnte, weshalb sie von früheren Suchtrupps übersehen wurden. Aber ich will Sie nicht mit Einzelheiten langweilen. Es genügt, wenn ich sage, dass eine Reihe von Aufschlussbohrungen eine erste Bestätigung der geschätzten Vorkommen erbrachten.«
Shinzhe, der sichtlich blass geworden war, saß schweigend da.
Ihm blieb kaum etwas anderes übrig, als einzugestehen, dass es dieses riesige Ölfeld tatsächlich geben musste. Aber beim bloßen Gedanken daran, dass ein eingebildeter Barbar mit höchst fragwürdigen Moralvorstellungen darüber gebot, wurde ihm übel. Shinzhe war sich darüber im Klaren, dass er schlechte Karten hatte und von Borjin jederzeit ausgestochen werden konnte.
»Über die Ölvorkommen zu verfügen ist die eine Sache, aber es binnen neunzig Tagen liefern zu können, ist etwas ganz anderes«, sagte der Minister ruhig. »In Ihrem Angebot deuten Sie an, dass das Rohöl innerhalb dieses Zeitrahmens fließen kann. Mir ist nicht ganz klar, wie Sie das schaffen wollen.«
»Sie müssen Ihrerseits einen Teil dazu beitragen, aber es ist durchaus machbar«, erwiderte Borjin. Er wandte sich an Tatiana und bat um eine weitere Karte aus dem Büro. Sie rollte eine zweite Karte auf, auf der die Mongolei und Nordchina zu sehen waren. Ein Spinnennetz roter Linien zog sich kreuz und quer durch das chinesische Gebiet.
»Die in China vorhandenen Pipelines«, erklärte Borjin. »Sehen Sie sich nur Ihre unlängst fertiggestellte Nordostpipeline von Daqing nach Peking samt einer Abzweigung zum Hafen von Qinhuangdao an.«
Shinzhe betrachtete die Karte und bemerkte ein kleines X, das neben einer ungenutzten Pipelinestrecke eingezeichnet war, die durch die Innere Mongolei führte.
»Dieses X ist dreißig Kilometer von der mongolischen Grenze und vierzig Kilometer von einer fast fertigen Pipeline entfernt, die ich zurzeit bis zur Grenze verlängern lasse. Sie müssen lediglich eine Verbindung vom Endpunkt meiner Pipeline bis zu
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