Der Fluch des Khan
hatte, breitete er ein Seismogramm auf dem Tisch aus.
»Vor ein paar Minuten hat ein Erdbeben die Hauptinsel von Hawaii erschüttert«, sagte McCammon. »Knapp über 7,0 auf der Richter-Skala. Und es war ein Beben in geringer Tiefe. Das Epizentrum lag knapp eine Meile vor der Küste, an der Keliuli Bay.«
»Wie sehen die Vorläufer aus?«
McCammon runzelte die Stirn. »Ganz ähnlich wie die anderen, die wir uns angesehen haben. Allem Anschein nach Menschenwerk. Ich habe Max gerade die Daten eingespeist, um ihre Einschätzung zu hören«, fügte er hinzu.
Max stand mit verschränkten Armen neben einer Reihe von Computern, als wäre sie tief in Gedanken versunken. Dann wandte sie sich um und lächelte McCammon an.
»Dr. McCammon, ich stehe Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Es ist das reinste Vergnügen, mit einem echten Gentleman zu arbeiten«, sagte sie, warf einen Blick zu Yeager und rümpfte kurz die Nase.
»Guten Morgen, Max«, sagte Yeager. »Hast du die Analyse für Dr. McCammon fertig?«
»Ja«, sagte Max nickend. »Wie Dr. McCammon dir zeigen kann, wurden vor dem Beben drei primäre Wellen aufgezeichnet. Jede hat nahezu identische seismische Eigenschaften, allerdings war die zweite Welle etwas stärker. Und beide Vorläufer sind nahe der Erdoberfläche entstanden.«
»Inwieweit lassen sie sich mit den P-Wellen vor den Beben am Persischen Golf vergleichen?«, fragte Yeager.
»Beide Vorläuferwellen weisen nahezu identische Eigenschaften auf: wie die P-Wellen vor den Erdbeben bei Ras Tanura und Khark. Auch die entstanden nahe der Erdoberfläche.«
Yeager und McCammon sahen sich schweigend an.
»Hawaii«, sagte Yeager schließlich. »Warum Hawaii?«
Dann fügte er kopfschüttelnd hinzu: »Ich glaube, wir sollten uns mit dem Weißen Haus in Verbindung setzen.«
50
S ummer ließ das Handgelenk des Stiernackigen nicht los, obwohl sie in den Lauf der Glock-Automatik starrte. Tong stand reglos in der Tür und versuchte die Lage einzuschätzen.
Hinter ihm hallte ein dumpfes Grollen übers Wasser, doch er achtete nicht darauf, sondern bewunderte Summer, die einen seiner Schläger auf die Knie gezwungen hatte.
Der Steuermann, der auf der anderen Seite der Brücke stand, hatte mittlerweile wieder Mut gefasst, hielt aber vorsichtshalber Abstand zu Summer.
»Die Backbord-Strahlruder sind abgestellt«, rief er Tong zu.
»Wir laufen auf die Felsen.« Er winkte aufgeregt und deutete auf die Lavaklippen, die jetzt an Backbord auftauchten.
Tong hörte ihm zu, ohne recht zu verstehen, worum es ging, sah dann, wohin er deutete und schaute zur Brückennock hinaus.
Als er sich umdrehte, tauchten zwei dicke Arme, die in einem schwarzen Neopren-Anzug steckten, aus der Dunkelheit auf und schlangen sich um Tongs Oberkörper. Der Mongole drückte unwillkürlich seine Pistole ab, doch der Schuss ging durch das Brückendach, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten. Dann fuhr Tong herum, schwang die Waffe wie eine Keule und versuchte sich zu wehren. Doch diese Reaktion kam zu spät. Der Angreifer war bereits einen Schritt vorgetreten und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Tong torkelte nach vorn, versuchte sich auf den Beinen zu halten und kam dadurch noch mehr ins Straucheln. Der Angreifer nutzte das sofort, hebelte Tong aus und riss ihn von den Beinen. Dann torkelte er auf die Brückennock, hievte Tong hoch, bis er über der Reling hing und ließ ihn los. Der Mongole, der wie vom Donner gerührt war, stieß einen Schrei aus, der erst abriss, als er mit einem lauten Aufklatschen ins Wasser schlug.
Draußen auf der Brückennock drehte sich Jack Dahlgren, der beim Rodeo schon manch ein Kalb niedergerungen hatte, um und grinste Summer mit einem kurzen Augenzwinkern zu. Im nächsten Moment drängte sich Dirk an ihm vorbei und stürmte auf die Brücke, einen Landungshaken in der Hand, den er auf dem Unterdeck hatte mitgehen lassen.
»Ihr habt es geschafft«, stieß Summer beim Anblick der beiden Männer aus.
»Klatschnass, aber lebendig.« Dirk lächelte.
Die Freude über das Wiedersehen war nur von kurzer Dauer, denn im nächsten Moment wurde das Schiff von einem heftigen Schlag erschüttert, der alle zu Boden warf. Das viertausend Tonnen schwere Bohrschiff prallte, noch immer von den Steuerbord-Strahlrudern angetrieben, mit seiner Breitseite auf den Rand der Bucht. Ein schrilles Knirschen hallte von der Wasserlinie empor, als der stählerne Kiel über das Lavagestein schrammte. Die scharfen Vulkanfelsen schlitzten den
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