Der Fluch des Khan
Rumpf auf, sodass tonnenweise Seewasser in die unteren Laderäume einbrach und das Schiff binnen kürzester Zeit nach Backbord krängte. Irgendwo in der Dunkelheit unter dem Kiel wurde Tongs lebloser Leib herumgewirbelt, nachdem er beim Aufprall unglücklich zwischen Schiff und Schären geraten war.
Der junge Steuermann rappelte sich zuerst wieder auf, löste die Alarmglocke aus und flüchtete dann über die Brückennock.
Summer ließ das Handgelenk ihres Gefangenen los, aber der Stiernackige verlor jeden Kampfesmut, als Dirk ihm die Pike in die Rippen rammte und ihn durch die Tür zur Backbordbrückennock drängte. Draußen waren Männerstimmen zu hören, die gegen das fortwährende Grollen anschrien.
»Warum habe ich das Gefühl, dass du beim Steuern des Schiffes die Hand im Spiel hattest?«, fragte Dirk grinsend seine Schwester.
»Eine reine Verzweiflungstat«, erwiderte Summer.
»Wir bekommen Gesellschaft«, sagte Dahlgren, der auf der Brückennock Ausschau hielt. Zwei Treppen tiefer stürmte ein Trupp bewaffneter Männer zur Brücke.
»Kannst du schwimmen?«, fragte Dirk, der sie über das abschüssige Deck zur Steuerbord-Brückennock führte.
»Mir geht’s bestens«, erwiderte Summer. »Ich wollte, bevor ihr kamt, grade selber ein Bad nehmen.«
Rasch stiegen die drei von der Brücke aufs tiefer gelegene Deck, wo Schreie und laute Rufe der Besatzung durch die Nacht hallten. Am Bug waren mehrere Matrosen dabei, ein Rettungsboot auszubringen, obwohl das Wasser bereits über die tief liegende Backbordwand spülte. Summer, die keine Zeit durch einen weiteren Zusammenstoß mit der Besatzung verlieren wollte, kletterte auf der anderen Seite über die Reling und rutschte über die schräge Bordwand des krängenden Schiffes ins Wasser. Dirk und Dahlgren folgten ihr und schwammen rasch davon.
Das Grollen von der Küste wurde lauter, bis schließlich ein weiteres Beben den Boden erschütterte. Dieser Erdstoß war noch heftiger als der vorausgegangene und riss ganze Lavabrocken aus der Klippenwand, die entlang der Bucht zu Tal donnerten und hohe Gischtfontänen emporschleuderten, wenn sie ins Wasser stürzten.
Auch aus der Klippe, die über dem Bohrschiff aufragte, brach infolge der schweren Erschütterungen ein großes Stück Vulkangestein ab, schlug einmal an einem Felsvorsprung auf, prallte ab und fiel dann genau auf das Schiff. Der spitze Lavabrocken bohrte sich durch den hinteren Teil der Brücke und das Deck, das auf den darunterliegenden Computerraum stürzte. Der Fuß des Felsens knallte mittschiffs auf die Backbordwand und drückte alles platt, was ihm in den Weg kam. Voller Panik sprangen die Besatzungsmitglieder ins Wasser, um dem Chaos zu entrinnen, während sich das Rettungsboot vom Bug des Schiffes löste.
Dann endlich verhallte das Grollen und mit ihm auch das Donnergetöse der herabstürzenden Felsen. Nur noch das Gurgeln des sinkenden Schiffes und der gelegentliche Schrei eines Matrosen drangen durch die Nacht. Hundert Meter entfernt verfolgten Dirk, Summer und Dahlgren die letzten Minuten des alten Schiffes.
»Das gibt ein gutes Riff ab«, stellte Dahlgren fest, als sich das Schiff tiefer ins Wasser legte. Kurz darauf rollte es auf die Seite, rutschte an den Felsen ab und sank zwanzig Meter tief auf den Meeresgrund. Nur der hohe Turmaufbau, der beim Aufprall an die Klippenwand und dem anschließenden Kentern abgerissen war, wies auf die letzte Ruhestätte des Bohrschiffs hin.
»Was haben die sich denn von dem Wrack versprochen?«, fragte Dirk.
»Das habe ich nicht rausgekriegt«, erwiderte Summer. »Aber sie waren zum Äußersten bereit und wollten sogar das Lavafeld aufbrechen, um da ranzukommen.«
»Und nebenbei haben sie zwei Erdbeben ausgelöst«, fügte Dahlgren hinzu. »Ich würde gern wissen, was für eine Zauberkiste sie dazu benutzt haben.«
»Und ich würde gern wissen, wer dahintersteckt«, sagte Summer.
Von der Küste näherte sich das Motorengeräusch eines Flugzeugs, das kurz darauf über der Bucht beidrehte. Es war eine tief fliegende Turboprop-Maschine der Küstenwache, eine HC-130 Hercules, deren Landescheinwerfer gleißend über den Ozean strichen. Die Maschine kreiste über ihnen und strich über das Rettungsboot und den abgerissenen Bohrturm hinweg, bevor sie sich auf die Suche nach Überlebenden im Wasser begab. Ein paar Minuten später jagten zwei F-15 der Hawaii Air National Guard, die vom Hickam Field auf Oahu kamen, im Tiefflug übers Meer und kreisten dann zur
Weitere Kostenlose Bücher