Der Fluch des Koenigs
Aeshin befürchtete. „Endlich verstehe ich.“ Caruss richtete sich zur vollen Größe auf, breitete die Arme weit aus und für einen Augenblick schien aller Wahnsinn aus seinen Zügen zu verschwinden. „Du wolltest mich von Anfang an ermorden, mein lieber Sohn. Habe ich nicht Recht?“
„Nein.“ Aeshin konnte sehen, wie Alawas sein Schwert fester packte. „Ich wollte dich niemals ermorden, Vater“, presste er hervor. „Ich will, dass du die Krone aufgibst und - “
„Lächerlich!“, bellte Caruss.
Aeshin erschrak gegen ihren Willen und rückte näher an Alawas heran.
„Seit du dich dem Schoß deiner Mutter entrissen hast, war das dein Plan.“ Caruss Stimme wurde zu einem schrillen Kreischen. „Endlich sehe ich es: Du hast sie ermordet! Scheußliche, hinterlistige Kreatur. Und nun willst du mich aus dem Weg räumen, weil du die Macht über die Aschewesen an dich reißen willst.“
Alle Farbe war aus dem Gesicht des Prinzen gewichen. „Nein, Vater, ich - “
„Aschewesen!“, brüllte Caruss.
Die Verfluchten schossen aus ihren Löchern wie ein Schwarm vergifteter Pfeile, im Begriff über alle Menschen im Thronsaal herzufallen.
„NEIN!“ Alawas Hand schnitt durch die Luft wie eine Axt. Sein Ausruf fing den Angriff der Aschewesen mitten in der Bewegung ab und schleuderte sie zurück in die Schatten. Aeshin starrte ihn an, ebenso wie Caruss und Garlach. Nie zuvor hatte der Prinz versucht Macht über die Aschewesen auszuüben. Aeshin hatte nicht gewusst, dass er dazu fähig war ihnen zu gebieten. Doch dann sah sie den Schweiß, der auf der Stirn des Prinzen ausgebrochen war, die Art wie seine Hände zitterten und die Spannung unter der sein gesamter Körper stand, so als drohe die Anstrengung ihn zu zerreißen. Es kostete ihn ungeheuerliche Kraft, sich mit dem Willen seines Vaters zu messen.
Caruss war wie vor den Kopf geschlagen. Garlach erholte sich schneller. Ohne auf einen Befehl seines Königs zu warten, schritt er die Stufen der Thronplattform hinunter auf Alawas zu, die Hand auf dem Schwertgriff.
Der Prinz schien ihn kaum wahrzunehmen. Seine Augen waren starr auf den König gerichtet. Ihre Blicke waren in einem stillen Kampf des Willens ineinander verkeilt wie die Geweihe zweier Hirsche. Die Aschewesen krochen aus ihren Ritzen hervor. Alawas presste die Kiefer aufeinander, etwas wie ein Knurren stieg aus seiner Kehle.
„Männer“, rief Garlach, „Nehmt die Anhänger des Prinzen fest.“
Aeshin wagte einen kurzen Blick über die Schulter. Beleen nickte ihr knapp zu, dann stellten sie, Balgar und die Soldaten sich den Aschejägern in den Weg.
Mit einer flinken Bewegung schob Aeshin sich an Alawas vorbei und legte ihre Finger über seine Schwerthand, die sich derart um den Griff verkrampft hatte, dass Knöcheln und Sehnen weiß hervortraten.
„Alawas“, flüsterte sie eindringlich, „gib mir dein Schwert.“
Der Prinz zeigte keine Anzeichen, dass er sie verstanden hatte, doch seine Finger um den Schwertgriff lockerten sich einen Hauch. Aeshin bog sie weiter auf, bekam die Waffe schließlich frei und ließ sie in ihre eigene Hand gleiten. Sie wog schwer, doch Aeshin ließ sich nichts anmerken, machte einen Schritt auf Garlach zu und stellte sich breitbeinig vor den Prinzen.
Jeder andere hätte über die Herausforderung höhnisch gelacht, Garlach gönnte ihr lediglich einen abschätzigen Blick und zog sein Schwert. Im nächsten Moment ging er auf Aeshin los.
Den ersten Hieben konnte sie ausweichen, denn einen seiner kraftvollen Schläge parieren zu wollen hätte ihr das Schwert aus der Hand geschlagen. Aeshin war sich durchaus bewusst, dass sie sich in ihrem geschwächten Zustand nicht wirklich mit dem Aschejäger messen konnte, doch vielleicht konnte sie ihn lange genug von Alawas ablenken, bis er oder ein anderer ihr zur Hilfe kam.
Hinter ihr erklangen Rufe und metallene Schwerthiebe. Die Aschejäger waren in einen wilden Kampf mit Balgar, Beleen und den Soldaten verstrickt. Sie waren Garlachs Männern zahlenmäßig unterlegen, doch Aeshin setzte voll und ganz auf Balgars überragende Fähigkeiten im Kampf.
Garlach setzte ihr nach. Aeshin wich zurück, parierte seinen nächsten Hieb und lenkte ihn ab, wie Alawas es sie gelehrt hatte. Dann blieb kein Raum mehr für Gedanken.
Kapitel 29
Aeshin warf sich zur Seite und entging nur knapp Garlachs Schwert.
Ihre eigene Waffe schien Zentner zu wiegen, sie konnte sie kaum mehr heben, geschweige denn einen Angriff führen. Sie atmete
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