Der Fluch des Koenigs
verkneifen. Ihre Beine steckten in einer weichen Lederhose, auf die jeder Jäger stolz gewesen wäre. Darüber trug sie ein wollenes Hemd und eine Jacke aus dem gleichen dunkelbraunen Leder der Hose.
„Wo hast du die Sachen her?“, fragte Aeshin verblüfft.
Moa zuckte mit den Schultern. „Ich konnte nicht schlafen“, grinste sie. Das Gefühl bereits etwas geschafft zu haben, gab ihr Kraft für das, was noch vor ihr lag.
Plötzlich schallten entfernte Rufe von den Soldaten, die auf den Türmen und Burgzinnen postiert waren, zu ihnen in den Garten. Ein Horn ertönte. Moa zuckte unwillkürlich zusammen, ihr Herz begann zu rasen. „Oh nein.“ Sie musste sich beeilen!
Mit einem letzten dankbaren Blick zu Aeshin tastete sie mit den Fingern nach Halt in den Rosenranken und schickte ein Stoßgebet in den Himmel, dass die Ranken halten würden. Sie nahm all ihren Mut zusammen und begann zu klettern.
Irgendwo erklang ein zweites Horn und dann ein drittes. Das Zeichen für einen Angriff.
Moas Füße fanden Platz zwischen den Ranken und sie zog sich weiter nach oben. Die ersten paar Meter waren gar nicht so schwer zu meistern. Sie fand genug Stellen, an denen sie sich halten und ihre Zehen dazwischenschieben konnte. Die Ranken waren dick genug, um sie mit einer Hand zu umschließen, und wuchsen häufig weit genug von der Mauer weg, dass sie sich an ihnen festhalten konnte.
Doch schon nach kurzer Zeit wurde die Spannung in ihren Schultern und Oberarmen zu einem stetig Schmerz, der anwuchs, bis sie fürchtete ihre Arme keine Sekunde länger mehr belasten zu können. Jeder Griff nach oben wurde zu einer Qual. Der Schmerz lenkte Moa ab und machte sie ungeschickt.
Immer öfter griff sie in Dornen, die sich in ihr Fleisch bohrten und ihr die Haut aufritzten. Ihr Nacken war wie in Feuer getaucht und auch die Muskeln in ihren Beinen protestierten.
Wütende Rufe schallten unter ihr durch den Garten. Moa drehte den Kopf und sah die Gestalten zweier Aschejäger, die wild gestikulierend über die Kieswege auf sie zuhasteten. Aeshin lehnte an der Rosenwand und schaute ihnen ruhig entgegen.
Moa war sicher, dass Aeshin die Aschejäger so lange sie konnte davon abhalten würde ihr zu folgen. Der Gedanke gab ihr neue Kraft. Nur noch ein kleines Stück, dann hatte sie die Hälfte hinter sich. Sie atmete tief durch und drückte sich weiter hinauf.
In dieser Höhe standen einzelne Zweige des Rosengewächses weit hervor, so dass Moa ihr Gesicht zurückbeugen musste, um nicht von den winzigen Dornen gekratzt zu werden.
Aufgebrachte Rufe ertönten unter ihr. Sie riskierte einen kurzen Blick und sah, wie Aeshin einem der Aschejäger eine Armbrust aus der Hand schlug. Der zweite machte sich daran, an den Ranken hochzuklettern.
In diesem Moment glitt ein gewaltiger Schatten über den Garten hinweg.
Die Rufe aus der Burg wurden lauter. Moa war jetzt hoch genug, um die Türme, die hinter ihr in den Himmel ragten, deutlich zu sehen. Aufgeregt liefen Wachen auf den Wehrgängen hinter ihr hin und her und zeigten in ihre Richtung. Einige setzten ihre Armbrüste an und zielten. Ein Armbrustbolzen sauste heran, segelte über Moas Kopf hinweg und verschwand hinter der Mauer. Panik wallte in ihr auf, als sie erkannte, dass nicht sie das Ziel war.
Der helle Schrei des Greifen schnitt durch die Luft und traf Moa wie ein Bolzen ins Herz. Hoffentlich hatten sie ihn nicht verletzt.
Mit der Kraft der Verzweiflung krallte sie ihre Hände in die Rosenranken. Die Dornen, die ihre Finger durchbohrten, spürte sie kaum. Wenn sie es nicht schaffte in kürzester Zeit die Mauer zu erklimmen, würde es in einer Katastrophe enden. Nur noch wenige Meter.
Unter ihr rang Aeshin mit einem der Aschejäger. Er presste sie an die Rosenwand und zog sein Schwert. Moa schrie und verlor beinahe ihren Halt. Da blitze etwas Silbernes in Aeshins Hand. Der Aschejäger ließ sein Schwert fallen. Er taumelte zurück und hielt seinen Arm, aus dem das Heft eines Dolches ragte.
Flimmernde Punkte tanzten vor Moas Augen. In ihrem Mund war der eiserne Geschmack von Blut. Es war nur noch ein halber Meter bis zum Rand der Mauer, doch die Ranken der Rose waren lange nicht mehr so dick und zuverlässig. Mit jedem rasselnden Atemzug kämpfte sie gegen die Angst vor dem tödlichen Fall.
Ein Bolzen schlug neben ihrem Kopf in die Wand. Vor Schreck rutschten ihre Finger ab. Im letzten Moment bekam sie einen Ast mit roten Blüten zu fassen und hielt sich fest. Sie presste sich an die
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