Der Fluch des Koenigs
einer leicht goldenen Flüssigkeit gefüllt war. Moa kniff die Augen zusammen, um sie an das schummrige Licht zu gewöhnen und erkannte, dass dies mehr eine Höhle als ein Raum war.
Sie streifte die dünne Decke ab, unter der sie lag, und stellte erleichtert fest, dass sie ihre Lederhose sowie Hemd und Jacke noch immer trug. Nachdem sie sich versichert hatte, dass auch der Staubdiamant um ihren Hals hing, erhob sie sich und langte nach dem Henkel der Lampe, um den Rest der Höhle in Augenschein zu nehmen. Überall roch es nach Meer und Algen und der Boden war von einer feinen Sandschicht überzogen.
Erneut rollte Donner heran und erschütterte die Höhle. Moa sprang mit einem Schrei zurück und hielt sich an der Wand fest. Beinahe hätte sie die Lampe fallen gelassen. Zitternd hielt sie sie hoch.
Die Höhle war an die zehn Schritt breit, doch anscheinend sehr lang, ihr hinteres Ende verschwand in Schatten. Vorsichtig machte Moa ein paar Schritte über den rutschigen Stein. Um sie herum standen unzählige Eimer, Kisten, Fässer und Körbe. Sobald sie sich ihnen näherte, stoben winzige rote Krabben über den feuchten Boden vor ihr davon und huschten in kleine Ritzen in der Wand oder unter die Körbe und Kisten.
Moa ging langsam zwischen ihnen hindurch und kam aus dem Staunen nicht heraus. Sämtliche Behältnisse waren bis zum Rand mit allen möglichen Schätzen des Meeres gefüllt. Es gab Seesterne, Haifischzähne, glitzernde Perlen, kunstvolle Schnitzereien aus Walknochen, Korallen in allen Formen und Farben und Muscheln, überall Muscheln und Schneckenhäuser. Manche waren groß, mit glänzendem Perlmutt überzogen und bogen sich in eleganten Formen, andere waren klein und leuchtend gelb oder rot.
Weiter hinten in der Höhle lehnten Angelruten an den Wänden, darunter lagen feinmaschige und grobe Netze, Speere und Harpunen hingen an der Wand darüber. Staunend trat Moa näher heran. Die Klingen der Waffen waren aus dem gleichen Material wie Joesins Schwert. Selbst in die Netze war das lichtschluckende Material wie Widerhaken eingearbeitet.
Sie wollte gerade eine Hand danach ausstrecken, da vibrierte der Boden unter ihren Füßen erneut. Im nächsten Moment wurde die Höhle von einem krachenden Schlag erschüttert. Moa musste sich an einer Kiste mit handtellergroßen Krabbenscheren abstützen, um nicht umgeworfen zu werden. Allmählich ahnte sie, wo sie sich befand.
Etwas blitzte im Schein der Öllampe auf und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. In der hintersten Ecke des Raumes lehnten acht lange Stäbe an der Wand. Moa ging näher heran, um sie besser betrachten zu können. Sie sahen aus, als bestünden sie aus zwei umeinander geschlungenen Weinranken, doch ihre Oberflächen waren glatt poliert und hart. Sie glänzten wie Gold im Lampenlicht, so als wären sie aus eben diesem Material gemacht. Moa streckte eine Hand aus und fuhr über einen ebenmäßigen Stab. Es fühlte sich an als sei die feinste Seide über kühles Porzellan gespannt worden. Dies waren die Hörner der Kimmlanwale!
„Wie ist das möglich?“, flüsterte Moa in die Dunkelheit.
Die einzige Antwort, die sie bekam, war eine weitere Erschütterung, die dröhnend an die steinernen Wände schlug und Moa wanken ließ. Sie fiel nach vorne und stützte sich an der Wand ab. Grünlicher Schleim blieb an ihren Fingern hängen. Angewidert streifte Moa ihn an ihrer Hose ab und richtete sich wieder auf. Ehrfürchtig sah sie sich in der Höhle um. Sie beherbergte einen wahren Schatz. Eine Ansammlung an Reichtümern, die sich mit der Schatzkammer des Tals der tausend Flüsse messen konnte.
Plötzlich öffnete sich eine Luke direkt über ihrem Kopf. Licht strömte auf sie herab. Geblendet schirmte Moa die Augen mit der Hand ab und zog sich zurück. Sie blinzelte zwischen ihren Fingern hindurch und sah wie eine Strickleiter durch die Öffnung hinuntergelassen wurde. Ein Paar Stiefel erschien, Beine, der Oberkörper einer Frau. Die restlichen Stufen brachte sie rasch hinter sich und sprang auf den Boden.
Moa staunte nicht schlecht. Die Frau trug eine feste, ölig glänzende Hose und ein dunkelgrünes, wollenes Hemd. Rostrotes Haar hing ihr offen bis auf die Schultern und umrahmte ein wettergegerbtes Gesicht, in dem ein Paar auffällig türkisene Augen leuchteten.
Die Frau kam auf Moa zu und betrachtete sie von oben bis unten mit einem skeptischen Blick. Sie war schlank und hochgewachsen. Moa schätzte sie auf Mitte vierzig.
„Ihr seid also die Prinzessin
Weitere Kostenlose Bücher