Der Fluch des Lono (German Edition)
wir jedenfalls die Achtziger, und es wird endlich Zeit, klarzustellen, wer Biss hat und wer nicht … Was vielleicht – oder auch nicht – eine Erklärung für den merkwürdigen Anblick ist, den zwei Generationen politischer Aktivisten und sozialer Anarchisten bieten, aus denen letztendlich, 20 Jahre später, Läufer geworden sind.
Warum ist das so?
Das zu untersuchen sind wir hergekommen. Ralph ist aus London angereist – mit seiner Frau und seiner achtjährigen
Tochter –, um sich mit dieser abwegigen Frage herumzuschlagen; eine Frage, die ich ihm als lebenswichtig präsentiert habe, obgleich die Möglichkeit besteht, dass sie nicht die geringste Bedeutung hat.
Warum nicht stattdessen nach Aspen fahren und ein bisschen Spaß mit den Neuen Blöden haben?
Oder warum nicht Hollywood geißeln? Und sei es nur, um es dem Abschaum dort heimzuzahlen … Oder zurück nach Washington zum letzten Akt von »Bedtime for Bonzo« mit Ronald und seinem Chimp?
Warum sind wir hierhergekommen, auf die »Sandwich Islands«, wie sie früher genannt wurden, und tun uns ein halbgares Spektakel an, bei dem sich achttausend reiche Leute über die Straßen von Honolulu quälen und das Ganze auch noch Sport nennen?
Na ja … es gibt einen Grund; oder zumindest gab es einen, als wir übereinkamen, diese Sache durchzuziehen.
Die Fata Morgana.
Ja, das war der Grund – dieses farbenprächtige und elegante Traumbild am Himmel. Wir hatten uns beide vom Journalismus zurückgezogen; Jahr für Jahr härter und härter zu schuften für weniger und immer weniger Lohn macht einen Menschen irgendwann kirre. Wenn man erst mal kapiert hat, dass man mehr Geld verdienen kann, indem man nur einmal die Woche ans Telefon geht, als damit, Geschwafel für öffentliche Druckerzeugnisse in einem Tempo abzusondern, das höchstens drei oder vier Stunden Schlaf pro Nacht und Arbeitsschichten von 30, 60 oder gar 80 Stunden am Stück mit sich bringt, fällt es einem schwer, sich aufzuraffen – und
das trotz der Aussicht, aus den hinteren Reihen einen Blick auf das werfen zu können, was sich in der Welt so zuträgt.
Journalismus ist eine gültige Eintrittskarte, mit der man persönlichen Zutritt zu den Ereignissen erhält, die andere Leute nur im Fernsehen betrachten können – was ja ganz nett ist, aber nicht für die Miete reicht; und auf Menschen, die in den Achtzigern ihre Miete nicht bezahlen können, wartet Ärger. Wir sind in ein mieses Jahrzehnt eingetreten, eine brutale Darwin’sche Krise, die Freiberuflern glücklose Tage bringt.
In der Tat. Es ist an der Zeit, Bücher zu schreiben – oder sogar Filme, wenn man zu denen gehört, die gute Miene zum bösen Spiel machen können. Auf diesem Sektor winkt das Geld, und mit Journalismus ist nichts mehr zu holen.
Doch es lockt die Action , und nach Action wird man schnell süchtig. Wie hübsch ist die Vorstellung, nur zum Hörer greifen zu müssen, um an jeden beliebigen Ort der Welt zu reisen, für den man sich interessiert – innerhalb von 24 Stunden und das auch noch auf fremde Rechnung.
Das eben vermisst man: nicht das Geld, sondern die Action – und letztlich habe ich darum Ralph aus seinem Schlösschen in Kent gescheucht, damit er mit mir einen Ausflug nach Hawaii macht und sich das seltsame Phänomen »Laufen« anschaut. Vernunftgründe gab es dafür nicht; ich fand nur, es sei an der Zeit, mal wieder in die Welt hinauszuziehen … die Wut zu schüren, die Instrumente zu stimmen … und Weihnachten auf Hawaii zu verbringen.
WARUM WERDEN WIR BELOGEN?
Am nächsten Tag flüchteten wir aus Honolulu. Wir erwischten gerade noch die letzte Maschine, bevor der Flughafen wegen eines schweren Unwetters geschlossen wurde und man die Surf-Wettkämpfe an der Nordküste absagte. Ralph war am Durchdrehen wegen seiner Rückenschmerzen und wegen des Wetters, aber Wilbur versicherte ihm, dass im geruhsamen Kona stets Sonnenschein herrschte.
Die Ferienhäuser waren gebucht, und der Agent, Mr. Heem, sollte uns am Flughafen abholen. Onkel John würde in ein paar Tagen mit seiner Familie zu Besuch kommen. Bis dahin galt es, die Sonne zu genießen und draußen vor dem Haus, wo das Meer ruhig war wie ein See, kleine Tauchgänge zu wagen.
Genau. Ich war definitiv reif dafür – und sogar Ralph war begeistert. Der ständige Regen in Honolulu war ihm furchtbar aufs Gemüt geschlagen, und die Wunde über seiner Wirbelsäule wollte nicht heilen. »Du siehst krank aus«,
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