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Der Fluch des Lono (German Edition)

Der Fluch des Lono (German Edition)

Titel: Der Fluch des Lono (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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war, hatten wir bereits an Mr. Heem bezahlt.
    »Ist ’ne böse Sache«, sagte Captain Steve, als wir wieder Tempo zulegten und die Stadt hinter uns ließen. »Diese Freaks haben eine wichtige Kreuzung besetzt, und die Cops können nichts dagegen machen.« Er scherte plötzlich aus, um den birnenförmigen Jogger, der auf dem Seitenstreifen lief, nicht zu überfahren. »Hilo Bob rastet jedes Mal aus, wenn er meinen Wagen sieht«, sagte er. »Ich hab ihn nach seiner Geschlechtsumwandlung gefeuert. Also hat er sich einen Anwalt genommen und mich wegen seelischer Grausamkeit verklagt. Er will eine halbe Million Dollar.«
    »Jesus«, sagte ich und rieb mir immer noch den verletzten Arm. »Eine Gang gemeingefährlicher Kampflesben, die auf der Hauptstraße Autofahrer terrorisieren.«
    »Ja«, fuhr er fort. »Ich hab wirklich Geduld bewiesen und mir mit Bob Mühe gegeben, aber er war schließlich zu durchgeknallt für die Kunden. Ich komm morgens zum Boot, hab einen schrecklichen Kater, und er liegt schlafend auf der Eistruhe, das Haar orange gefärbt und Lippenstift übers ganze Gesicht verschmiert. Nach seiner Operation wurde er extrem aufmüpfig und war ziemlich schräg drauf. Außerdem trank er plötzlich immer mehr. Ich wusste nie, was auf mich zukam. Eines Morgens tauchte er auf und hatte sich die Arschpartie
aus seinen Jeans rausgetrennt, aber das ist mir erst aufgefallen, als wir den Hafen schon hinter uns hatten und ich ihm das Ruder überließ. Ich hatte eine Familie von Japsen an Bord, und die sind alle gleichzeitig ausgerastet. Der Großvater war ein berühmter Angler, ungefähr 90 Jahre alt, und sie hatten ihn den ganzen Weg nach Kona geschafft, damit er seinen letzten Marlin fangen konnte. Ich stand oben im Turm, immer noch angeschlagen und im Halbschlaf, als unten in der Kabine lautes Geschrei ertönte. Es hörte sich an, als würden sie Bob massakrieren. Ich kletterte mit meiner geladenen 45er die Treppe runter, und eine alte Frau, die nur unwesentlich größer war als einen Meter, schlug mir mit einem Harpunengriff ins Gesicht. Ich wurde auf der Stelle besinnungslos, und als ich wieder erwachte, fuhr das Boot ungesteuert im Kreis, und Bob hing außenbords, verfangen in den Schleppschnüren des Angelauslegers. Zwei Haken steckten in seinem Rücken und das Wasser war blutrot, aber sie erlaubten mir nicht, zu stoppen und ihn wieder an Bord zu holen. Der alte Mann wollte ihn unbedingt im Wasser erschießen. Ich musste ihnen 500 Dollar in bar geben, bevor sie mich Bob hochhieven ließen, und auf dem Weg zurück in den Hafen stachen sie noch drei- oder viermal auf ihn ein.« Er lachte bitter. »Es war das schlimmste Erlebnis, das ich je auf See hatte. Sie haben mich bei der Küstenwache gemeldet, und beinahe hätte ich meine Lizenz verloren. Die Story stand auf der Titelseite unserer hiesigen Zeitung. Außerdem beschuldigten sie mich noch des sexuellen Übergriffs, und ich musste mich in einer öffentlichen Anhörung verteidigen.« Abermals lachte er. »Du
meine Güte! Wie soll man das den Leuten erklären? Der Erste Maat lässt sich den Hosenboden aus den Jeans schneiden und läuft dann blank an Deck herum.«
    Ich schwieg. Die ganze Geschichte wurde mir langsam unheimlich. Ich fragte mich, wo wir gelandet waren. Und wenn Ralph angeln wollte? Captain Steve schien okay zu sein, aber seine Storys waren beängstigend. Sie liefen den allermeisten Vorstellungen von moderner Sportfischerei zuwider. Viele seiner Kunden verpflegten sich zum Lunch ausschließlich mit Koks, erklärte er; andere soffen Bier, bis sie durchdrehten und sich prügeln wollten  – besonders an Tagen, an denen die Fische nicht bissen. Bis zum Mittag nichts an der Angel, und der Captain geriet schwer unter Druck. Für 500 Dollar am Tag verlangten die Kunden große Fische; und ein Tag ganz und gar ohne Fang entfachte auf der langen Rückfahrt bei Sonnenuntergang schnell eine Meuterei. »Man ist vor keiner Überraschung sicher«, sagte er. »Ich hab schon erlebt, dass Leute ohne jede Vorwarnung versucht haben, mich mit dem Fischhaken aufzuspießen. Darum trage ich meine 45er immer bei mir. Wenn man 20 Meilen draußen auf See ist, können einem die Cops nicht helfen.« Er warf einen Seitenblick auf die Brandung, die sich ungefähr 100 Meter rechts von uns donnernd an den Felsen brach. Ich wusste, da draußen war der Ozean, aber die Sonne war untergegangen, und ich sah nichts als tiefe Dunkelheit. Der nächste Küstenstrich in dieser Richtung war

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