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Der Fluch des Lono (German Edition)

Der Fluch des Lono (German Edition)

Titel: Der Fluch des Lono (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Honolulu hinter uns!«
    »Großer Gott!«, stöhnte er. »Du lügst ja schon wieder. Die sind überall  – und du bist einer von ihnen!«
    »Stimmt«, sagte ich. »Und dieser Heem ebenfalls. Er hat mir schon was zugesteckt, kaum dass wir aus dem Flugzeug raus waren.«
    Er glotzte mich entgeistert an und zog hastig seine Tochter an sich. »Einfach grässlich«, flüsterte er. »Perverser als pervers.«
    Der Highway vom Flughafen in die Stadt war eines der hässlichsten Wegstücke, die mir je unter die Augen gekommen waren. Die gesamte Gegend war eine Wüste aus schroffen schwarzen Felsen, Meile um Meile eine raue Mondlandschaft unter der Last bedrohlich niedriger Wolken. Laut Captain Steve überquerten wir einen alten Lavastrom, der bei einer der letzten Eruptionen des irgendwo links von uns im Nebel versteckten 4500 Meter hohen Mauna Kea entstanden war. Rechts von uns markierte eine schmale Reihe Kokospalmen am Horizont die neue Westgrenze von Amerika, und eine verlassen wirkende Mauer aus schartigen Lavaklippen ragte über den Pazifik mit seinen weißen Schaumkronen. Wir befanden uns hier 2500 Meilen westlich vom Seal Rock Inn, auf halbem Weg nach
China, und als Erstes sah ich am Stadtrand eine Texaco-Tankstelle und gleich daneben einen Imbissstand von McDonald’s.
    Captain Steve reagierte auf meine Beschreibung des Anwesens, zu dem er mich bringen sollte, mit offensichtlichem Unbehagen. Als ich von einem Paar eleganter Strandhäuser in japanischem Stil sprach, mit Blick auf einen Pool aus schwarzem Marmor und einen saftigen grünen Rasen, der sich hinunterzog an eine anmutige Bucht, schüttelte er nur traurig den Kopf und wechselte das Thema. »Wir nehmen mein Boot und ziehen bestimmt den einen oder anderen fetten Marlin aus dem Wasser«, sagte er.
    »Ich hab in meinem ganzen Leben noch keinen Fisch gefangen«, sagte ich. »Irgendwie hab ich kein Händchen dafür.«
    »In Kona werden Sie was fangen«, versprach er mir, als wir in die Innenstadt von Kailua abbogen, ein äußerst belebtes Geschäftsviertel am Rand der Bucht, in dem halbnackte Leute mitten im Straßenverkehr emsig hin und her rannten wie die Sandkrabben.
    Wir fuhren mittlerweile nur noch im Kriechtempo, bemüht, den Fußgängern auszuweichen, aber als wir am Kona Inn vorbeikamen, kam ein schmerbäuchiger Mann mit weißem Haar, der in jeder Hand eine Bierflasche schwenkte, aus der Einfahrt gerannt und schrie: »Du Drecksstück! Ich brech dir das Genick!« Mit voller Wucht knallte er seitlich gegen unseren Wagen und quetschte dabei meinen aus dem Fenster gelehnten Arm ein. Der Schreihals fiel rücklings auf die Straße, und ich wollte die Tür öffnen, um rauszuspringen und
auf ihm rumzutrampeln, aber mein Arm war total taub. Ich konnte ihn nicht heben und ebenso wenig meine Finger bewegen.
    Ich stand immer noch unter Schock, als wir an einer roten Ampel hielten und mir eine Gruppe grell aufgetakelter Frauen auffiel, die nach Prostituierten aussahen. Sie standen im Schatten eines Banyanbaums auf dem Gehsteig. Plötzlich tauchte eine von ihnen direkt neben mir auf, beugte sich ins Fenster und brabbelte lauthals auf Captain Steve ein. Sie streckte die Hand aus und versuchte ihn zu packen. Mit meinem abgestorbenen Arm konnte ich nicht mal das Fenster hochkurbeln. Doch als sie abermals über mich hinweggriff, drückte ich ihr meine brennende Zigarette in die Handfläche. Die Ampel wurde grün, und Captain Steve gab Gas. Die kreischende Hure blieb auf den Knien mitten auf der Kreuzung zurück. »Gut gemacht«, sagte er zu mir. »Der Kerl hat mal für mich gearbeitet. Ein erstklassiger Mechaniker.«
    »Was?«, stutzte ich. »Die Hure da eben?«
    »Das war keine Hure«, sagte er. »Das war Hilo Bob, ein schamloser Transvestit. Er hängt jeden Abend da an der Ecke rum, zusammen mit all den anderen Freaks. Allesamt Transen.«
    Ich fragte mich, ob Mr. Heem wohl auch Ralph und seine Familie an diesen Sehenswürdigkeiten vorbeigefahren hatte. Ich malte mir aus, wie Ralph in einem Verkehrsstau mit einer ganzen Gang von Transvestiten in einen handgreiflichen Streit geriet, ohne zu wissen, mit wem er es da zu tun hatte. Geifernde Huren mit giftig geschminkten Gesichtern, die ihn mit tiefen Stimmen
anbrüllen, Beutel mit Dope vor seiner Nase schwenken und amerikanisches Geld verlangen.
    An diesem Ort saßen wir jetzt also für mindestens einen Monat fest, denn die Miete für unser Domizil betrug 1000 Dollar die Woche, und die Hälfte, die im Voraus fällig gewesen

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