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Der Fluch des Lono (German Edition)

Der Fluch des Lono (German Edition)

Titel: Der Fluch des Lono (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Sonnenuntergang und umgeben von tiefem, schwarzem Wasser.
    Das Land war inzwischen nicht mehr zu sehen, lag verloren in trostlosem Abendnebel. Die Sonne ging unter, und die Haere Marue kämpfte sich durch die Wellen gen South Point, zum furchtbaren Land Po. Die roten und grünen vorderen Positionslichter waren vom Heck aus fast nicht mehr zu erkennen. Die kalte Nacht umschloss uns wie eine Rauchwolke, gesättigt vom Geruch unserer Auspuffgase.
    Es war fast sieben Uhr, als das letzte glühende Rot der Sonne verschwand und uns zwang, nach dem Kompass zu navigieren. Wir hockten eine Weile am Heck, lauschten der See und den Motoren und den gelegentlichen statisch knisternden Stimmen aus dem Kurzwellenfunkgerät oben auf der Brücke, wo Captain Steve thronte wie ein alter Seebär.

DAS LAND PO

    Die See wurde kein bisschen ruhiger, als wir unserem Ziel näher kamen, einem kleinen Strand am Fuß einer steilen schwarzen Klippe. Captain Steve brachte uns ein gutes Stück in die Bucht hinein, drosselte das Tempo und kam die Leiter heruntergeklettert. »Ich bin unentschlossen«, sagte er nervös. »Die Dünung scheint hier noch höher zu gehen.«
    Ackerman spähte zum Strand, an dem riesige Brecher in Gischt aufschäumten.
    Der erste Alarmruf kam kurz darauf von Captain Steve, als er abrupt die Motoren stoppte.
    »Macht euch bereit. Das wird eine lange Nacht.« Einen Augenblick lang starrte er sorgenvoll in die aufgewühlte See, dann hetzte er in die Kabine, um die Schwimmwesten hervorzuholen.
    »Vergiss es«, sagte Ackerman. »Jetzt rettet uns sowieso nichts mehr. Wir können das Meskalin genauso gut gleich einwerfen.« Dann beschimpfte er Captain Steve. »Das ist alles deine Schuld, du blöder kleiner Mistkerl. Wir sind tot, bevor der Tag anbricht.«
    Captain Steve zuckte nur die Achseln, als er die Pille schluckte. Ich nahm meine Portion und machte mich
daran, den Hibachi-Grill aufzubauen, den ich am Morgen gekauft hatte, um uns zum Abendessen frischen Fisch zu grillen. Ackerman lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und öffnete eine Flasche Gin.
    Den restlichen Abend verbrachten wir damit, einander aufs Wüsteste zu beschimpfen und planlos auf dem Boot umherzurennen wie Ratten, die man in einen Schuhkarton gesperrt hat. Wir achteten geflissentlich darauf, den größtmöglichen Abstand voneinander zu halten. Aus der entspannten Zusammenarbeit zur Zeit des Sonnenuntergangs war zwanghafte Arbeitsteilung geworden, und jeder kümmerte sich eifersüchtig um seinen eigenen Bereich.
    Mir oblag das Feuer, Ackerman kümmerte sich ums Wetter, und Captain Steve war fürs Fischen verantwortlich. Der Hibachi kippelte gefährlich im Cockpit hinter dem Fighting Chair und rülpste jedes Mal, wenn ich ihm eine Kerosindusche verpasste, eine Flammensäule und schmierigen Rauch in die Luft. Ich war von dem unbedingten Willen getrieben, das Feuer nicht ausgehen zu lassen, trotz der offenkundigen und zweifellos selbstmörderischen Gefahr. Schließlich transportierten wir unten in den Tanks 300 Gallonen Diesel, und bei unverhoffter Schlagseite könnte sich die glühende Holzkohle übers Cockpit ergießen und das Boot in einen Feuerball verwandeln. Wir drei würden im Wasser landen, in Sekundenschnelle von der Brandung erfasst und auf den Felsen zerschmettert werden.
    Egal, dachte ich. Das Feuer muss brennen. Es war zum Symbol des Lebens geworden, und ich würde es auf keinen Fall verlöschen lassen.
    Die anderen stimmten zu. Den Plan, etwas zum Abendessen zu bereiten, hatten wir schon lange aufgegeben  – und inzwischen auch die meisten Lebensmittel über Bord geworfen, weil wir meinten, sie seien als Köder dienlich  –, aber wir waren überzeugt, solange das Feuer brannte, würden wir überleben. Meinen Appetit hatte ich bei Sonnenuntergang verloren und war jetzt in kalten Meskalinschweiß gebadet. Immer wieder liefen mir Schauder über den Rücken, und ich zitterte am ganzen Körper. In diesen Augenblicken versagte plötzlich und ganz ohne Vorwarnung meine Fähigkeit, artikuliert zu kommunizieren, und sekundenlang bebte meine Stimme hysterisch, während ich nach Fassung rang.
    »Mannomann«, sagte ich irgendwann gegen Mitternacht zu Captain Steve. »Ein Glück, dass du das Kokain losgeworden bist. Nichts können wir im Augenblick weniger brauchen als irgendeine Art Speed.«
    Er nickte einsichtig und beobachtete weiter den Schein der Taschenlampe auf dem Wasser. Dann wirbelte er plötzlich auf seinem Stuhl herum und stieß eine Folge

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