Der Fluch des Lono (German Edition)
der Rezeption ist sowieso egal, wie wir heißen. Die geben uns, was wir wollen, solange Ralphs Kreditkarte mitmacht.«
»Apropos«, fügte er hinzu. »Gehört Ralph zu den Leuten, die ihre Kreditkartenrechnungen immer pünktlich bezahlen?«
»Wahrscheinlich nicht«, sagte ich. »Wie viel Zeit brauchen wir denn?«
»Nicht viel«, antwortete er. »Ich kann die ganze Ernte in drei Tagen abpacken – und ich find diese ›Tabu‹-Nummer klasse. Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass ein Zimmermädchen reinplatzt.«
Ich nickte. Das war die andere Seite der Medaille, und sie bereitete mir Kopfzerbrechen. Mit dem Problem Hund könnten wir fertigwerden – sogar mit dem Risiko,
Ralphs Kreditkartenbelege mit dem Namen eines jungen Chow gegenzuzeichnen. Aber so ganz konnte ich mich nicht mit Ackermans Plan anfreunden, die beste Suite im King-Kamehameha-Hotel im Herzen von Kona zur Lagerstätte seiner Marihuanaernte umzufunktionieren. Er wollte eine Müllpresse leihen und den gesamten Wald aus blühenden Pflanzenstängeln zu 25-Kilo-Ballen von der Größe eines Fernsehapparats quetschen.
»Wie viel hast du denn eigentlich?«, fragte ich ihn.
»Nicht viel«, sagte er. »Vielleicht 250 Kilo?«
»Was?«, sagte ich. »250? Das ist zu viel! Das werden sie riechen. Man wird uns hochgehen lassen.«
»Keine Angst«, sagte er. »Diese Suite ist doch tabu. Niemand darf die Schwelle überschreiten.«
»Bullshit«, sagte ich. »Bei 250 Kilo dürfen sie alles überschreiten, was sie wollen. Wir können nichts weniger gebrauchen als eine Parade von Dopedealern, die hier ein und aus gehen. Die ganze Stadt würde über uns herfallen. Es gäbe einen Volksaufstand. Flöhe sind eine Sache, aber …«
»Schon gut«, sagte er. »Ich brauche die Flöhe. Eine bessere Ablenkung können wir uns doch nicht wünschen.«
Ich dachte kurz nach und schob dann meine Bedenken beiseite. Das hier war schließlich Mr. Ruperts Suite, nicht meine – und es war Mr. Rupert, der alle Rechnungen des Zimmerservice quittieren würde. Ich war nur hier, weil ich meinem alten Freund Steadman, dem reichen und berühmten englischen Künstler, einen Gefallen tun wollte. Er hatte kurzfristig nach London zurückfliegen müssen und uns gebeten, seinen sterbenden
Hund zu betreuen. Das Tier war so krank, dass es nicht berührt werden durfte. Seine Gehirntätigkeit hatte vor geraumer Weile ausgesetzt, weil er unaufhörlichen Bissattacken von Flohhorden zum Opfer gefallen war, die er sich wahrscheinlich auf Hawaii aufgesammelt hatte – eventuell sogar hier in diesem Hotel. Meiner Meinung nach blieb uns keine andere Wahl, und ich wusste, Dr. Ho würde mir zustimmen.
»Mach dir keine Sorgen wegen des verrückten kleinen Quacksalbers«, beruhigte mich Ackerman. »Der ist die schlimmste Kokshure auf der Insel. Ich kenn ihn seit Jahren. Und er arbeitet für mich.«
»Was? Doktor Ho?«
»Ja. Er hat Freunde in Waikiki. Die versenden eine Menge Hundemedikamente.« Er grinste. »Und zwar in großen Kisten.«
Große Kisten?, dachte ich. Hundemedikamente? Ja. Ralph würde es so wollen.
Gegen Ende der zweiten Hotelwoche spitzte sich die Situation zu. Die Stimmung war zum Zerreißen gespannt. Wir hatten uns bereits zu lange dort aufgehalten, und die Einheimischen wurden nervös. Der Verband der Immobilienmakler hatte von Anfang an befürchtet, dass unsere Story sich negativ auf den Markt auswirken würde, und unser grausiges Erlebnis beim Jackpot Tournament hatte die Befürchtungen nicht gerade beschwichtigt.
Ebenso wenig wie unser Auftreten hier. Meine Stimmung war nach dem Angelturnier so mies, dass ich sie nicht verhehlen konnte. Captain Steve trank unmäßig, Norwood hatte sich auf Tauchstation begeben, die Strandrowdys waren immer noch hinter Laila her, und
Ralphs plötzliche Abreise nach London – die Art, wie er vor aller Augen als schändlicher Versager in Schimpf und Schande davongelaufen war – galt selbst für Freunde als sicheres Zeichen, dass nichts, was wir schlussendlich publizieren würden, dem Business nützen könnte.
Und nur darum ging es diesen Leuten. In Kona dreht sich alles ausschließlich ums Business. Zuvorderst um den Verkauf von Immobilien. Allein an der Kona-Küste sind 600 Immobilienmakler registriert, und nichts können sie im Augenblick weniger gebrauchen als den plötzlichen Auftakt einer negativen Pressekampagne in den Festlandmedien. Der Markt ist schon jetzt so überteuert und überreizt, dass viele Leute sich
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