Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
Land aufgeteilt und gegen Geld verteilt werden sollte.« Der spröde alte Mann lachte laut, legte seinen Löffel ab und griff nach seinem Becher. Ohne zu trinken, drehte er ihn zwischen seinen Fingern, und sein Lachen vermochte seine Sorge nicht vollständig zu verbergen. »Als nächstes werden sie wohl die Luft besteuern, die wir zum Atmen brauchen, könnt ihr euch das vorstellen?«
»Sterbliche sind dafür bekannt, sich noch weitaus Schlimmeres zu Schulden kommen zu lassen«, unterbrach Asandir. Mit einem kurzen scharfen Blick hielt er Lysaer davon ab, etwas zu sagen, und fügte hinzu: »Was habt Ihr mit den Dokumenten angefangen?«
»Wir haben sie verbrannt«, sagte Lord Tashan mit einem Ausdruck des Widerwillens. Nun trank er einen tiefen Schluck von seinem Wein. »Ohne jede Zeremonie. Haben sie als Zündhilfe für unser Wachfeuer benutzt. Es ist eine Beleidigung wider Aths Schöpfung, einen Berg zum Besitz zu machen. Dreimal nach Sithaer verdammt sollen sie sein. Möge Dharkaron den Regenten verfluchen, der diese Niedertracht begonnen hat. Wenn er es je wagen sollte, über den Paß zu reisen, dann werden wir das Rad seines Schicksals selbst beschleunigen und einen Pfeil mit seinem Blut seinen Erben schicken.«
Asandir blickte dem alten Edelmann offen und direkt in die Augen.
»Diese Sache obliegt nicht Eurem Urteil, und das Leben des Stadtregenten fällt unter die Rechtsprechung des Königs.«
Mit einer Verneigung nahm der Clanführer die Rüge demütig an, doch die Wut glühte noch immer so heiß in seinen Zügen wie die funkelnden Reflexionen des Kerzenlichts auf seinen Rubinen, als er sich entschuldigend zu Lysaer umwandte. »Ich bitte um Vergebung, mein Prinz. Avenor liegt seit fünf Jahrhunderten in Trümmern, und ebenso viele Jahre sind vergangen, seit zum letzten Mal ein königlicher Nachfahre unser Land mit seiner Anwesenheit beehrt hat. Das Überleben hat uns grausame Gesetze auferlegt, und ich habe aus Gewohnheit meinen Rang vergessen. Natürlich bleibt die Urteilsfindung königliches Recht, und ich bin überzeugt, daß Ihr diese Angelegenheit mit aller Entschlossenheit verfolgen werdet, sobald sich Euer Rat wieder versammeln wird.«
Lysaer verbarg seine innere Unruhe und spielte mit dem Essen auf seinem Teller. Landbesitz war eine Tradition Dascen Elurs, schien jedoch in Tysan ein Blutvergießen forderndes Vergehen zu sein. Für den Prinzen war der Gedanke erschreckend und unzivilisiert, daß eines Tages von ihm erwartet werden würde, daß er einen Mann dafür bestrafte, wenn er das Land, das er bestellte, zu seinem Eigentum erklärte. Wenn Tysans Regierungscharta das Recht auf ein Heim ablehnte, dann war es kein Wunder, daß die Städter sich von einem bösartigen Zauberer zur Rebellion hatten verleiten lassen. Lysaer war bemüht, das Thema zu wechseln, wenn er schon nichts gegen die Ungerechtigkeit solcher Gesetze tun konnte, und so bewunderte er die außerordentliche Schönheit der Wandteppiche.
Lord Tashan grinste zufrieden. »Sie sind ein unfreiwilliges Geschenk des ersten Stadtregenten von Erdane, möge sein Andenken verdammt sein.«
»Diebesgut?« erkundigte sich Lysaer.
Das Lächeln des alten Anführers schwand. »Nicht so ganz, mein Gebieter. Das Gewebe wurde ursprünglich in Cildorn von Meisterhand angefertigt, noch bevor die alten Rassen aus unserer Welt verschwanden. Die Clanführer aus Taerlin haben einen fairen Preis für diese Kunst bezahlt, wenn auch die Schriften, die das belegen, verbrannt sind, als ihre Besitzungen während des Aufstandes geplündert wurden. Die wertvollsten Beutestücke sind als Tribut nach Norden gebracht worden. Aus Protest hielten es meine Anverwandten aus dem Caithwald für angebracht, die Wagen des Stadtregenten zu erleichtern. Die Blutflecken sind zwar inzwischen herausgewaschen, aber die Höhlen im Wald sind seit dem Auftauchen des Nebels zu modrig, deshalb haben wir die paravianischen Wandteppiche hier untergebracht.«
Lysaer sah sich seine Umgebung mit anderen Augen an. Die Raufbolde, die vom Kampf lebten, hatten kaum Zeit für große Feste, und der Raum, in dem die Barbaren feierten, war ursprünglich nicht als Festsaal gedacht gewesen. Wahrscheinlich war es eigentlich ein Lagerhaus, ein Gewölbe, daß zur sicheren Aufbewahrung des Plunders vieler Generationen in den Berg getrieben worden war. Maenalles ältester Sohn, Maiens Vater, fuhr nun damit fort, die Einzelheiten aus diesem historischen ersten Raubzug zu beschreiben. Tashans Kommentar
Weitere Kostenlose Bücher