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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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gegessen hat.« Traithe kam mühsam wieder auf die Beine. Er verfügte über Körperbau und Haltung eines Tänzers, und das Schlurfen seiner Füße auf dem Boden bildete einen krassen Kontrast dazu, während er sich zur Tür begab. »Wollen wir sehen, was Sethvir in seiner Speisekammer gelagert hat?« Er öffnete die Tür, und der Rabe erhob sich in die Luft und flog ihnen voran in das von Fackeln beleuchtete Treppenhaus.
     
    Lysaer legte das trockene Gebäck zur Seite. Längst hatte er das Interesse an der Mahlzeit verloren. Auf der anderen Seite der schmalen, mit Kissen vollgestopften Nische, die Sethvir als Eßecke zu nutzen pflege, schob Traithe seinen eigenen, mit Krümeln bedeckten Teller mit dem Ellbogen zur Seite.
    »Ihr seid besorgt, weil Euer Halbbruder noch immer schläft«, vermutete er.
    Lysaer zuckte zusammen. Er war schon unruhig genug, ohne daß jemand die Gedanken in seinem Kopf laut aussprach. Sein Brotmesser klirrte auf dem Porzellan, und der Rabe auf des Zauberers Schulter schlug aufgeschreckt mit den Flügeln. Als Traithe die Hand hob, um das Tier zu beruhigen, sah Lysaer zu Boden, sah weg, überallhin, nur nicht auf die weißen Narben, die sich über des Zauberers Hände zogen. Mochte auch die Nische behaglich sein und das Besteck edel genug für eine königliche Tafel, so waren doch die kreuzförmigen Öffnungen in den Wänden ursprünglich als Schießscharten gedacht gewesen. Der Luftzug, der durch sie hereindrang, war eisig, und der Blick hinaus fiel nur in graue Düsternis. Gleich den Wundern in einem Kindermärchen schien der Luxus sonnendurchfluteter Zivilisation, wie er ihn früher gekannt hatte, in dieser Welt des endlosen Nebels und der freudlosen, mysteriengeschulten Geister in unerreichbare Ferne gerückt zu sein.
    »Wir sind bereits seit gestern abend hier.« Ein Hauch der Schärfe schlich sich in seine königlichen Manieren, als Lysaer seine Zweifel offenlegte. »Findet Ihr es nicht auch sonderbar, daß ein Mann nach vierundzwanzig Stunden Ruhe noch immer das Bett hütet?« Ganz besonders ein Mann wie der Herr der Schatten, dessen Nerven dazu geeignet waren, ihn bereits bei jedem kleinsten Lufthauch unter seinen Decken hervorzutreiben.
    Traithe zeigte sich unverändert leutselig, als er seinen Raben anzischte, der, die seitlich stehenden Augen starr auf die Butter gerichtet, über seinen Ärmel in Richtung Tisch spazierte. Vorsichtig darauf bedacht, seine körperlichen Verunstaltungen aus dem Blickfeld des Prinzen fernzuhalten, griff er nach der Kerze und stellte sie zwischen den Raben und die lockende Versuchung. Durch den flackernden Glorienschein der Flamme hindurch betrachtete er den s’Ilessid. »Wäre es Arithon schlecht ergangen, so würde die Bruderschaft Eure Sorge teilen.«
    Der schwarzgekleidete Zauberer gab weiter nichts preis, doch seine lockere Art lud zu Fragen ein.
    Lysaer gab sich seiner Neugier hin. »Würde es Euch etwas ausmachen, mir zu erzählen, was geschehen ist?«
    Traithe zuckte die Schultern. »Ein Ausbruch giftiger Schlangen im Königreich Shand erforderte eine kraftvolle Demonstration der Zauberkraft zum Zwecke ihrer Vernichtung.«
    Aus Traithes Gesichtsausdruck, der plötzlich ebenso verschlossen wie der des Rabens war, schloß Lysaer, daß seine Aussage eine Untertreibung war. Verärgert, bei so bedeutsamen Vorgängen übergangen zu werden, sagte er: »Ich hätte vielleicht auch gern geholfen.«
    »Euer Halbbruder war von Nutzen«, entgegnete Traithe unverblümt. »Seine Macht strömte aus ihm heraus, wie der Wein aus einem Opferfaß. Wenn er sich weit genug erholt hat, aufzuwachen, dann wird er sich an dieses Ereignis nicht mehr erinnern können.« Eingedenk der tiefen Loyalität dieses Prinzen fügte er hinzu: »Arithon hat uns von Beginn an freiwillig unterstützt.«
    Der Rabe nutzte diesen Augenblick, um sich verstohlen an die Butter heranzuschleichen, doch Traithe stieß ihn ohne große Umstände zur Seite. Der Rabe krächzte wütend und schlug verärgert mit den Flügeln, während Traithe sagte: »Hat denn niemals jemand daran gedacht, Euch zu unterrichten, damit Ihr lernt, Eure angeborene Gabe zur Beherrschung des Lichtes zu verstehen?«
    Diese Worte trafen ihn an einem Punkt lebenslanger Verbitterung, und er sprach schnell, um sich dieses Gefühls zu erwehren. »Niemand hielt das für notwendig.«
    Der Rabe zog sich auf die Oberkante der Tür zurück und starrte verärgert auf die Männer herab.
    »Aha.« Traithe stützte sein Kinn auf seine

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