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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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und eine Krone, die die Prinzen von Havish anläßlich ihrer Ernennung zum rechtmäßigen Thronfolger zu tragen hatten.«
    »Dann habt Ihr hier einen überlebenden Thronerben?« erkundigte sich Lysaer, der begierig war, mehr über die königlichen Geschlechter Atheras zu erfahren.
    »Verborgen in der Hütte eines Einsiedlers, der sich als Wollfärber verdingt, ja.« Traithe seufzte. »Der Knabe ist erst zwölf Jahre alt und lernt gerade, daß zum Leben noch mehr gehört als der Handel mit Alaun und das Färben von Stoffen.«
    Lysaer betastete das komplizierte Muster in Form von Weinblättern, das in eine Truhe eingelassen war, welche die Mitgift eines edlen Fräuleins enthalten haben mochte. »Wo fangen wir an?«
    »Hier, denke ich.« Der Zauberer zog zwei Schatullen und eine Holzkiste hervor, die mit einem falkenförmigen Siegel verschlossen war, das vor vielen Jahren einmal rot gewesen sein mochte. »Zumindest nehme ich an, daß wir die Kronjuwelen von Havish in einer Truhe finden werden, die das königliche Siegel trägt.«
    Lysaer bot seine Hilfe an und erhielt die kleinere Schachtel. Als seine Hände das antike Holz berührten, lief ihm ein ahnungsvoller Schauer über den Leib. Auch seine Vorfahren hatten ein Hohekönigreich regiert. Angestachelt von dem Gedanken, daß die Relikte seines eigenen Erbes ebenfalls hier zwischen all den Antiquitäten ruhen mochten, öffnete Lysaer die schweren Bronzeschlösser, die trotz der derben Gebrauchsspuren leicht aufglitten. Der Hüter des Althainturmes hatte seine Aufgabe nicht auf die leichte Schulter genommen, denn der Deckel ließ sich ohne das geringste Quietschen der Angeln öffnen. Der Geruch von Leder und Pergament enthüllte sogleich den Inhalt der kleinen Truhe: Schriftrollen, verschnürt mit modrigen Bändern und kunstvoll gebundene Bücher, die Inschriften in der alten Sprache trugen. Keine Juwelen und kein Gold zierte die Einbände, die vom Alter dunkel geworden waren. Fasziniert blätterte Lysaer in den Büchern und bedauerte, daß er der Sprache, in der sie verfaßt waren, nicht mächtig war.
    »Die Kiste, nach der wir suchen, wird auf den ersten Blick keinen besonders bedeutungsvollen Eindruck machen«, sagte Traithe, dessen Züge im Schatten der anderen Kiste verborgen lagen. »Ihr solltet lieber unter diesen Schriftstücken nachsehen, ehe Ihr Euch einer anderen Truhe zuwendet.«
    Lysaer schloß den staubigen Buchdeckel. »Was sind das für Schriften?«
    »Ahnentafeln, die die Spur der Könige von Havish bis zurück zum Begründer des Geschlechtes, Bwin Evoc s’Lornmein, veranschaulichen.« Mehr erfuhr Lysaer nicht, denn das Geräusch schlurfender Schritte und der Klang einer nörgeligen Stimme unterbrach ihr Gespräch.
    »Habt Ihr dem Raben etwa erlaubt, sich durch die Butter zu fressen?« Bleich, mit leidvoller Miene, die aussah, als quälte ihn ein entsetzlicher Kater, kam der Wahnsinnige Prophet in den Lagerraum geschlurft.
    Traithe würdigte ihn kaum eines Blickes. »Wie schön, daß du dich weit genug erholt hast, wieder Appetit zu bekommen.«
    »Ich bin lediglich aufgewacht, weil ich fast verhungert war.« Dakar fummelte an seinem Gürtel herum, der zwar zugeschnallt, nicht aber durch seine Laschen geführt war, und begann lautstark zu klagen. »Sethvir ist zu faul, irgend etwas anderes als seinen lausigen Tee im Haus zu haben.« Nun wimmerte der Wahnsinnige Prophet, ließ seine Kleidung los und verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als das Echo seiner eigenen Stimme eine verheerende Wirkung auf seinen Kopf entfaltete. »Oliven in Öl sind jedenfalls keine gute Mahlzeit für einen empfindlichen Magen.«
    Traithe war damit beschäftigt, ein in Leinen gehülltes Objekt auszuwickeln. Ohne jegliches Mitgefühl entgegnete er wohlgestimmt: »Das hat dich offensichtlich nicht davon abgehalten, sie zu essen.«
    Dakar beschloß, zu schweigen, statt seinen Fehler einzugestehen. Dennoch vermochte ihn das Elend seiner Bauchschmerzen nicht davon abzuhalten, den Raum zu durchstöbern und den Inhalt der diversen Regalbretter zu befummeln. »Sethvir hat wie ein Lumpensammler gehandelt, als er entschieden hat, was aufbewahrt werden soll.« Er bedachte ein klobiges Lederbündel, das mit Zwirn verschnürt war, mit einer gelangweilten Geste.
    »Ich würde das nicht anfassen«, warnte ihn Traithe, doch es war bereits zu spät.
    An den vorwitzigen Fingern des Wahnsinnigen Propheten entzündete sich ein blauvioletter Blitz. Ein lauter Knall erschütterte die Luft, gefolgt

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