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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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dieser Gegend fühlbar.«
    Mit großen Augen blickte Lysaer skeptisch unter seinem tropfnassen Haar hervor. Tauwetter, das nicht zur Jahreszeit passen wollte, hatte den Pfad verschlammen lassen. Rinnsale flossen aus dem Schneematsch über die Hänge, die an zerknittertes, altes Sackleinen erinnerten. Soweit der Nebel es zuließ, konnte Lysaer nichts anderes als Einöde erkennen, und nicht ein von Menschenhand errichtetes Gebäude zeigte sich, um ihn mit dem traurigen Anblick zu versöhnen.
    Dakar saß auf dem Kutschbock und schlug die Zügel auf den dampfenden Rücken seines Schecken, um ihn an der braunen Stute vorbeizutreiben. Fest in seine nassen Kleider gewickelt, ein höhnisches Grinsen auf den Lippen, rief er über das Donnern der Wagenräder hinweg: »Ihr dürft nicht mit den Augen suchen. Benutzt Euer Gefühl.«
    »Um was zu finden?« Lysaer zuckte die Schultern, um seine Frustration abzuschütteln. »Jeden Morgen erwache ich mit dem Gefühl, beobachtet zu werden, und nachts, wenn ich vom Feuer fortgehe, erfaßt mich ein Zittern, das nichts mit der Kälte zu tun hat. Diese Gegend ist furchtbar verödet, soweit ich das beurteilen kann.«
    »Genau das ist der Punkt.« Dakar blies die Wangen auf und sah äußerst selbstgefällig aus. »Asandir und Arithon spüren wahrscheinlich, was dieser athvergessenen Einöde fehlt, aber ich vermute, Ihr wäret genau wie ich selbst lieber in einer belebten Taverne und würdet Krug um Krug guten Bieres leeren.«
    Wenn Lysaer auch Dakars Neigungen nicht ganz teilte, so hätte er doch jede Art menschlicher Gesellschaft willkommen geheißen, würde sie ihm doch helfen können, die schmerzliche, ja bedrohliche Präsenz von irgend etwas abzuschütteln, die peinigend an seinen Nerven nagte. Hinter jeder Straßenbiegung, hinter jedem sturmgebeutelten Strauch, schien die Frau auf ihn zu warten, die er hatte heiraten wollen, und Tränen füllten ihre Augen, während sie ihm flehentlich die Hände entgegenstreckte. Er erinnerte sich, wie die sanfte Seeluft der Südinsel mit ihren kastanienbraunen Haaren gespielt hatte, und das Echo ihres Lachens, das in seinem Inneren widerhallte, ließ sein Herz schmerzen. Nicht einmal die edelmütige Hingabe an ein hehres Ziel vermochte sein Heimweh in dieser Wildnis zu beschwichtigen. Der Stolz hatte ihn veranlaßt, still zu leiden, und bevor der Wahnsinnige Prophet gesprochen hatte, war ihm keineswegs der Gedanke gekommen, daß seine Depression aus einer Quelle erwachsen sein könnte, die außerhalb seiner Selbst lag.
    Zur Mittagszeit rasteten die Männer neben einer Quelle, die aus einem Riß in milchigem Quarzgestein hervorsprudelte, um ein kaltes Mahl zu sich zu nehmen. Schnee hatte die Gegend in eine grauweiße Decke gehüllt, über der die gebogenen Äste abgestorbener Dornensträucher hingen.
    Arithon, der geschickt worden war, die Wasserflaschen an dem von Kies begrenzten Wasserlauf zu füllen, kehrte zitternd vor Erschütterung zurück. »Ihr hättet mich warnen können«, fauchte er Asandir an.
    Der Zauberer antwortete nicht, sondern nahm lediglich die tropfenden Flaschen entgegen, um sie im Wagen zu verstauen. Dann wandte er sich mit einem Blick, so eisig wie das Wetter, an den s’Ilessid-Prinzen, der die beiden Männer beobachtet hatte. »Während der Rebellion war ein Zentaur bis hierher verfolgt worden, wo er schließlich besiegt wurde. Dort, wo sein Blut vergossen wurde, wächst bis heute kein Moos. Die Sonnenkinder sangen ein Lied, um seines Todes zu gedenken. Noch immer klingt die Melodie im Wind mit, und jeder, der einfühlsam genug ist, kann sie hören.«
    Lysaer empfand seine Worte als Rüge und wollte sich gerade zur Wehr setzen, als er sich keuchend unter dem Einfluß eines Ellbogens in seinen Rippen krümmte. Der Wahnsinnige Prophet, der gerade noch die Pferde gefüttert hatte, hatte sich zwischen den s’Ilessid und den Zauberer gestürzt. Haferspreu bedeckte seine Kleider.
    »Was soll das?« verlangte Lysaer zornentbrannt zu erfahren.
    »Eure dumme Zunge zügeln, Prinz.« Als Asandir sich seiner Arbeit zuwandte, winkte der Wahnsinnige Prophet Lysaer verschwörerisch zu. »Für einen Zauberer ist es schmerzhaft, diesen Ort zu passieren. Von einer Rast ganz zu schweigen.«
    »Dieser Bruderschaftszauberer hat Gefühle?« konterte Lysaer, während seine Augen Asandirs Händen folgten, die damit beschäftigt waren, das Öltuch über ihrer Ausrüstung im Wagen wieder festzuzurren.
    Nachdenklich strich Dakar ein Haferkorn von

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