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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Einöde von Daon Ramon war kaum mehr als eine Spur im Schmutz; halb zugewachsen wand sie sich zwischen den Bergen hindurch, in denen der Wind niemals zu verstummen schien. Des Rascheins der toten Farne und des beständigen Zerrens des Windes an seinen Kleidern und Haaren müde, war Lysaer dennoch guter Dinge, wußte er doch, daß die Zeit des Treibenlassens, die Zeit ohne ein Königreich, ohne ein Ziel nach der Vertreibung Desh-Thieres ein Ende haben würde.
    Es machte ihm nichts aus, daß die Landschaft sich Wegstunde um Wegstunde in gleichbleibender Kargheit zeigte, daß der Winterregen seine Kleider und Decken durchnäßte oder daß Dakars Schimpftiraden stetig heftiger wurden, seit dem Morgen, an dem er erwacht war und Iyats in seinen Schuhen entdecken mußte, woraufhin Asandir ihn ein weiteres Mal von der Peinigung durch die Energiewesen befreit hatte. Keine andere Abwechslung verkürzte ihnen die Zeit, führte ihre Reise sie doch weit fort selbst von den abgelegensten Herbergen. Keine Wagenzüge, keine Kesselflicker oder Händler bereisten die alte Straße nach Ithamon. Als wäre die Straße zwischen den von Dornensträuchern überwucherten Bergen selbst verflucht, erinnerten nicht einmal Ruinen von bäuerlichen Anwesen oder Städten an eine glücklichere Vergangenheit.
    »Das liegt daran, daß es hier keine Städte gegeben hat«, erklärte Asandir durch das Klirren des Zaumzeugs und das Kreischen der Wagenräder auf dem kahlen Stein. Gegen Mittag hatte der Regen aufgehört, und das Wasser glänzte in silbrigen Pfützen in den Löchern in der Straße. »Daon Ramon bedeutet in der alten Sprache ›Goldene Berge‹. Dies war die Heimat der Riathan Paravianer, und Einhörner benötigen keine Häuser.«
    Lysaer war nicht bereit, den Zauberer wieder in das abweisende Schweigen zu entlassen, das seit ihrer Abreise vom Althainturm von ihm Besitz ergriffen hatte, und deutete auf die von Dornensträuchern und Farnen bewachsenen Hänge. »Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, daß diese Gegend einmal fruchtbar und grün gewesen ist.«
    »Doch das war sie, und sie war wunderschön.« Asandir trieb sein Pferd über eine abgesackte Stelle hinweg, an der die Straße unterspült war und die geborstenen Schieferplatten wie alte Knochen in ihrem feuchten Moosbett ruhten. Seine silbergrauen Augen schienen den Nebel zu durchdringen und in weite Ferne zu schauen. »Alles, was Ihr hier seht, war einmal Weideland, in dem allerlei Kräuter und Wildblumen gediehen. Die Winter waren kurz und mild, aber das hat sich nach der Rebellion geändert. Die Städter glaubten, daß die Magie der Paravianer in einem Land ohne Wasser nicht überdauern würde. Sie haben sich wirklich erstaunlich viel Mühe gegeben, um ihre Angst zu vertreiben. Der herrschaftliche Rat von Etarra hat eine Truppe Lohnarbeiter geschickt, um den Severnir umzuleiten. Sie haben einen großen Kanal durch das Skyshielgebirge gebaut, um den Lauf des Flusses gleich an der Quelle zu verändern. Jetzt fließt das Wasser nach Osten zur Eltairbucht.«
    »Das hört sich nach einem gewaltigen Aufwand auf der Basis schlichten Aberglaubens an«, kommentierte Lysaer.
    Asandir ritt verdrossen schweigend weiter, ehe er schließlich sagte: »So lange dieses Gebirge verlassen und verödet bleibt, wird kein Paravianer zurückkehren, um hier zu leben. Ihr seht also, daß die Städter durchaus Erfolg mit ihren Plänen hatten.«
    Das feuchte Klima hielt weiter vor, und es wurde früh dunkel. Asandir und seine Begleiter schlugen ihr Lager in einer Höhle unter einem Felsvorsprung auf. Nur die Nische, in der das Feuer brannte, war trocken. Dort kauerte Dakar und röstete Kaninchen, die Arithon und Lysaer vor Einbruch der Dunkelheit mit Schlingen gefangen hatten. Asandir wußte, wo frische Kräuter zu finden waren, und so hing in der Luft neben den Ausdünstungen der Pferde und der feuchten Erde auch das würzige Aroma geschmorten Fleisches.
    Ohne Hemd, den Mantel locker um seine Schultern gelegt, hockte Lysaer neben dem langsam dahinfließenden Rinnsal aus einer natürlichen Quelle. Mit Nadel und Faden aus ihrer Ausrüstung widmete er sich entschlossen der Aufgabe, einen Riß zu flicken, den ein Dornenstrauch in seinem Ärmel hinterlassen hatte. Beaufsichtigt wurde seine Arbeit von dem Wahnsinnigen Propheten, den die Aussicht auf eine Mahlzeit aus frischem Fleisch in selten vergnügliche Stimmung versetzt hatte.
    »Ihr näht da Rüschen hinein, die besser zu einer Dirne passen würden«,

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