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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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und eine offene Wasserflasche in der anderen Hand. Hinter dem klebrigen Staub und dem getrockneten Blut waren seine Gesichtszüge noch immer ausdruckslos. »Dir wird nicht gefallen, was dabei herauskommt, wenn ich mich wiederholen muß.«
    Langsam gehorchte der Prinz. Stahl bewegte sich unter unsteten Lichtreflexen in der Hand des Herrn der Schatten. Lysaer zuckte zurück.
    »Halt still!« Arithons Befehl traf ihn wie ein Schlag. »Ich habe nicht vor, dich umzubringen.«
    Verärgert genug, seinem Feind zu wünschen, er möge an seinen eigenen Worten ersticken, zwang sich Lysaer, ruhig zu bleiben, während der rauchdunkle Stahl angehoben wurde und schließlich gleich einer dünnen Linie aus Eis an seinem Nacken lag.
    Arithon hob die Flasche an Lysaers Lippen. »Nimm drei Schluck, nicht mehr.«
    Der Prinz wollte sich weigern, doch die Flüssigkeit an seinen Lippen verstärkte sein Verlangen ins Unendliche. Sein Verstand sagte ihm überdies, daß der s’Ffalenn-Bastard davon profitieren würde, wenn er das Wasser aus Stolz ablehnte. Lysaer trank. Bitter rann die Flüssigkeit über seine Zunge. So ausgedörrt wie er war, ließ das Schwert jeden einzelnen Schluck zu einem Akt animalischer Gier verkommen, und nicht einmal die Tatsache, daß Arithon auch sich selbst nur drei Schlucke gönnte, konnte ihn irgendwie besänftigen.
    Angetrieben von dem Haß in den Augen, die jede seiner Bewegungen verfolgten, gab Arithon den ersten, nicht absolut lebenswichtigen Satz seit dem Morgen von sich. »Die Tugenden der s’Ilessids sind seit Anbeginn der Zeit Gerechtigkeit und Loyalität. Gedenke deines Vaters Stärken, Hoheit, bleib nicht seinen Fehlern verhaftet.«
    Mit dem Schwert durchtrennte Arithon die Verschnürung eines Proviantpaketes. Dann zerschnitt er mit der Waffe den Inhalt in gleich große Teile. Arithon, dessen Gesicht im Schatten lag, blickte Lysaer mißtrauisch an. »Benutze deinen Verstand, Prinz von Amroth, dann werde ich dir den Respekt erweisen, der dir durch Geburt zusteht.«
    Lysaer wappnete sein Herz gegen diesen Frieden. Die Tücke der s’Ffalenns hatte das Vertrauen der s’Ilessids zu oft mißbraucht, um je vergeben zu werden. Nachdem ihm außer seiner Integrität nichts von seinem Erbe geblieben war, verlangte sein Ehrgefühl, diese Notlage zu erdulden, ohne Schande über die Ehre seiner Familie zu bringen. Lysaer nahm Käse und Zwieback aus der Hand des Feindes schweigend entgegen, während sein Geist Rachepläne für den Moment schmiedete, in dem Arithon sich entschließen würde zu schlafen.
    Doch die Pläne des Herrn der Schatten umfaßten keinen Schlaf. Kaum hatten sie ihr kärgliches Mahl verzehrt, da forderte er den Prinzen auch schon auf, sich zu erheben.
    Lysaer verschwendete seinen Groll nicht auf Dinge, die er derzeit nicht zu ändern hoffen durfte. Abseits seiner leidenschaftlichen Impulsivität hatte Lysaer längst begriffen, daß seine Gelegenheit am schnellsten kommen würde, wenn es ihm gelang, Arithon in Sicherheit zu wiegen. Mit vorgetäuschter Resignation griff der Prinz nach seinen Stiefeln, nur um gleich darauf von einer stählernen Klinge aufgehalten zu werden.
    Mit dem Schwert in der Hand sagte Arithon: »Vergiß die Stiefel, sie werden deinen Füßen nur noch mehr Schmerz zufügen. Du kannst den Verlust deinem Stolz zuschreiben. Du hättest eben sprechen müssen, ehe du dir die Blasen zugezogen hast.«
    Lysaer verkniff sich mühsam eine heftige Entgegnung und erhob sich. Arithon wirkte so wachsam wie ein Fuchs in einem Wolfsbau; möglicherweise ließ die Selbstbeherrschung des Magiers allmählich nach. Die Hitze und die Strapazen forderten einen grausamen Tribut nach der Zeit der Gefangenschaft und Peinigung. Vielleicht war Arithon geschwächt und seiner selbst nicht mehr so sicher, dachte Lysaer. Der Gedanke entlockte ihm ein räuberisches Lächeln tief in seinem Innern. Die Rolle des Jägers mochte schon bald mit der des Gejagten vertauscht werden. Sein Feind war dumm gewesen, ihn am Leben zu lassen.
     
    In der Nacht verwandelte sich der Himmel über der Wüste in eine Schatzkammer aus Diamanten auf schwarzem Samt; doch wie jede zauberhafte Schönheit war auch diese vergänglich. Die milde Brise des frühen Abends verstärkte sich nach der Dämmerung. Böen fegten die obersten Schichten der Dünen davon, und die fremdartigen Konstellationen glühten in Gloriolen aufgewirbelten Staubes.
    Lysaer und Arithon schritten halbgebückt einher, die Gesichter mit Lumpen verhüllt. Vom Wind

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