Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
der Königin und deine Anwesenheit an diesem Ort sind nicht mein Werk.« Er zuckte die Schultern, als wolle er damit eine quälende Verbitterung abschütteln. »Eure Drogen und Ketten haben mir nicht viele Möglichkeiten für eigene Aktivitäten gelassen.«
Noch immer hatte er das Vertrauen des s’Ilessid nicht erlangen können. »Ich kann dir nicht glauben.«
»Wir sind beide Opfer einer Erbfeindschaft«, sagte Arithon. »Die Vergangenheit können wir nicht ändern, aber wenn wir unsere Differenzen beilegen, dann haben wir vielleicht eine Chance, aus dieser Einöde zu entkommen.«
Als Kronprinz war Lysaer weder an Anordnungen noch an schonungslose Offenheit gewöhnt. Noch weniger konnte er den Gedanken an weitere Manipulationen durch einen s’Ffalenn ertragen, dessen eigenes Unglück womöglich einzig dem Zweck diente, ein Königreich seines rechtmäßigen Erben zu berauben. Es gab Möglichkeiten, einen Mann mit einem Dolch zu entwaffnen. Der Sand wärmte seine Sohlen, als der Prinz seinen Fuß fest in den Boden rammte. »Ich muß deine Gesellschaft nicht hinnehmen.«
»Du wirst keine andere Möglichkeit haben«, entgegnete Arithon mit einem schwachen Lächeln. »Immerhin habe ich das Messer.« Lysaer griff an, doch Arithon, der nicht einen Augenblick unaufmerksam gewesen war, wehrte ihn ab. Mit ausgestreckten Fingern verwandelte er des Prinzen Kragen in eine Garotte. Lysaer änderte seine Taktik. Seine Finger schlossen sich in dem schwarzen Haar zu einer Faust und er verpaßte seinem Gegner einen wohlplazierten Tritt. Der Herr der Schatten krümmte sich unter dem Tritt und schlug mit dem Dolch zu. Mit dem juwelengeschmückten Griff traf er das Handgelenk des Prinzen. Bis zum Ellbogen lähmte betäubender Schmerz seinen Arm, und Lysaers Griff löste sich aus Arithons Haar. Flink wie eine Katze befreite sich Arithon schließlich ganz.
»Ich hätte dich problemlos töten können«, sagte die verhaßte Stimme des s’Ffalenns hinter ihm. »Erinnere dich beim nächsten Mal daran, daß ich es nicht getan habe.«
Von blinder Mordlust getrieben, wirbelte Lysaer herum. Arithon wich seinem Angriff mit eisiger Gelassenheit aus. Trotz seines zarten Körperbaus war der Bastard durchtrainiert und schnell. Clever, wie er war, war er nicht leicht zu übervorteilen.
»Lysaer, in dieser Wüste gibt es ein Tor in eine andere Welt«, beharrte Arithon mit kühner Autorität. »In Rauvens Archiven gibt es einen Bericht darüber. Aber keiner von uns wird überleben, wenn wir unsere Zeit damit verschwenden, einander zu bekämpfen.«
Lysaer konterte mit einer aufrichtigen Frage: »Sieben Generationen unvergessener Grausamkeiten trennen uns. Warum sollte ich dir also trauen?«
Arithon senkte den Blick. »Das Risiko wirst du wohl eingehen müssen. Oder hast du etwa eine andere Wahl?«
Fremdartiges Sonnenlicht fiel auf das dunkle Haar und umgab die Stille mit seiner Glut. Dann plötzlich wurde die Ruhe gestört. Sand schlug gegen Lysaers Kniekehlen. Der Prinz wirbelte erschreckt herum, während knapp eine Armlänge von ihm entfernt ein hüpfender brauner Stoffsack zur Ruhe kam. Das purpurfarbene Wachs, mit dem die Verschnürung fixiert war, trug das Siegel von Rauven.
»Nicht berühren«, sagte Arithon schnell.
Lysaer beachtete ihn nicht. Wenn die Zauberer ihnen etwas durch das Tor hereingeschickt hatten, so wollte er es selbst untersuchen. Er bückte sich und griff nach dem Sack. Ein magischer Blitz folgte seiner Berührung. Erschüttert von sengendem Schmerz prallte Lysaer zurück.
Feindeshände ergriffen ihn und hielten ihn mit festem Griff. »Ich habe dich doch gewarnt«, kommentierte Arithon knapp. »Die Verschnürung wird durch Magie geschützt.«
Verärgert über den intensiven Schmerz, versuchte der Prinz, sich aus dem Griff zu befreien.
»Bleib ruhig!« Arithon hielt ihn noch fester. »Bewegung wird dein Leid nur verlängern.«
Benommen, gedemütigt und gepeinigt von Verlusten, die ihn weit mehr schmerzten als das Feuer, das der Zauber in seinem Leib ausgelöst hatte, lehnte Lysaer jegliches Mitgefühl ab. Er rammte seinen Absatz direkt auf Arithons Rist. Ein gekeuchter Fluch belohnte seine Anstrengung, und die beleidigenden Hände lösten ihren Zugriff. Lysaer kauerte sich zusammen und hielt seinen Arm, während die stechenden Schmerzen allmählich nachließen. Während sein Feind ungestraft die Knoten löste, vergiftete Neid sein Gemüt, Neid um das Geheimwissen, das ihm verwehrt geblieben war. Der Sack enthielt
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