Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
nich’ herkommen lass’n.«
Die alte Vettel inmitten der Gläser hob den Kopf und murmelte eine Obszönität, während der farbenfroh gekleidete Pferdehändler mit seinen schlanken Händen über den Rücken des braunen Streitobjektes strich. »Der Preis steht«, erklärte er. Seine Aussprache war klar und deutlich, das ortsübliche Schnarren kaum zu hören. »Siebzig Royal oder die Stute bleibt, wo sie ist. Sie mag ein Klepper sein, aber sie ist jung und gut genährt.«
»Ath! Er hat kaum einen Akzent«, murmelte Lysaer neben Arithons Ohr.
Der Herr der Schatten nickte kaum wahrnehmbar. »Das erklärt einiges über die Art, wie wir hier empfangen wurden.« Währenddessen betrachtete er unablässig die zum Verkauf stehenden Pferde. Sein Bruder beobachtete ihn amüsiert, als ein feuriger Wallach mit breiter Brust, der ein wenig abseits der anderen Tiere angebunden war, seine Aufmerksamkeit erregte.
»Der Braune gefällt mir auch«, gestand Lysaer. »Schöne Beine und ein belastbarer Körperbau.«
Die alte Frau wandte den Kopf. Durchdringend wie ein Falke starrte sie die Halbbrüder an und merkte gar nicht, wie der Bauer fluchend von dannen zog. Bevor ein anderer Käufer ein Gebot abgeben konnte, trat Arithon vor und fragte: »Wieviel für den Braunen dort?«
Der Pferdehändler wirbelte förmlich herum, und sein Gesicht drückte größtes Erstaunen aus. Sein verwirrter Blick glitt über die Umstehenden, und ruhte eine Sekunde später auf Arithon und Lysaer, die plötzlich ganz allein dastanden, nachdem die Bauern zu beiden Seiten zurückgewichen waren. »Daelions Höllengruben! Von welchem Clan stammt Ihr, Bruder? Und soll das ein Scherz sein, oder wollt Ihr wirklich bieten wie die Stadtleute?«
Arithon ignorierte beide Fragen und wiederholte nur: »Wieviel?«
»Er ist unverkäuflich«, fauchte der Händler. »Könnt Ihr etwa die Troddeln an seinem Halfter nicht sehen, oder was?«
In diesem Augenblick begann das alte Weib schrill zu schreien.
So entnervt, wie es sein Bruder zuvor gewesen war, als er sich plötzlich als Ziel unerwarteter Feindschaft wiedergefunden hatte, suchte Arithon nach einer Möglichkeit, die Barbaren wieder zu beruhigen.
Ehe er noch etwas sagen konnte, mischte sich eine ruhige Stimme ein. »Die Kennzeichen des Eigners sind nicht zu übersehen.« Städter auf allen Seiten hörten die Stimme und verschwanden eilends, um sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Auch die Großmutter zwischen den Einkochgläsern hörte auf zu schreien, als der Zauberer Asandir ihr Kopftuch berührte und festen Schrittes an die Männer herantrat. Zu dem Händler sagte er: »Aber alle guten Pferde auf dem Markt sind bereits verkauft, und meine Freunde brauchen kräftige Tiere. Würdet Ihr ein Angebot von dreihundert Royal erwägen?«
Der Händler quittierte diese Entwicklung mit hochgezogenen Augenbrauen und einem erschreckten Atemzug. Ganz offensichtlich waren ihm die wettergegerbten Züge, die stahlgrauen Augen und die unerbittliche Haltung des Zauberers bekannt. »Euch will ich ihn verkaufen, aber nicht für so einen Wucherpreis. Zweihundert Royal sind ein fairer Preis.«
Asandir wandte sich um und bedachte die Prinzen, die sich seinem Befehl widersetzt hatten, mit einem strengen Blick. »Geht«, sagte er. »Bindet das Tier los und haltet um Eures Lebens Willen den Mund, während ich das hier in Ordnung bringe.« Dann richtete er das Wort erneut an den Händler. »Dieses Tier ist Euer persönliches Eigentum. Nehmt also die zusätzlichen Hundert als Ausgleich für die Unannehmlichkeiten, die Ihr habt, bis Ihr ein neues Fohlen aufgezogen habt.«
Der Barbar sah unzufrieden aus, so als würde er die Großzügigkeit des Zauberers als Almosen empfinden. Aber die Großmutter kam ihm mit einem kurzen Nicken zuvor, und Asandir zog flink das Geld hervor. Ehe die Missetäter, die diesen Handel notwendig gemacht hatten, noch weitere Aufmerksamkeit erregen konnten, schnitt er die Eigentümertroddel von dem Halfter des Wallachs ab und führte seine Neuerwerbung davon. Lysaer und Arithon folgten ihm schweigend.
Der Zauberer führte sie über den Platz. Fischer drehten ihre Köpfe und warfen ihm böse Blicke zu, während Küken kreischend seinem schnellen Schritt auswichen. Sie passierten den Metzgerstand, der angefüllt war mit brüllendem Vieh und schweigsamen Kunden. Der Braune zerrte an den Zügeln, bis ein magisches Wort ihn zur Ruhe brachte. Lysaer schwieg hartnäckig, fürchtete er doch den Augenblick,
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