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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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darniederlagen.
    »Komm heraus und zeige dich«, brachte er in einem heiseren, gequälten Ton heraus. Dankbar darüber, daß die einsetzende Dunkelheit die schlimmsten Spuren seiner Ermattung verbergen würde, wartete er.
    Äste brachen. Ein Haselnußstrauch bewegte sich, wurde geteilt und gab den Blick auf Jieret frei, der mit einem Ausdruck der Verlegenheit im Gesicht aus dem nahen Gebüsch heraustrat.
    »Wie konntet Ihr wissen, daß ich dort war?« Verdrossen über seine Entdeckung näherte sich Steivens Sohn, bückte sich und griff mit unverfrorener, herausfordernder Neugier nach dem Tienellegefäß am Flußufer. Er schnüffelte an dem beißenden Aroma, das noch immer von der Dose aufstieg, verzog die Lippen und bedachte Arithon mit einem mißtrauischen Blick.
    Arithon war bewußt, daß der Knabe mit einer Rüge rechnete; und ebenso, daß er gegen den Drang anfocht, zu fragen, ob sein Prinz eine Art Drogenabhängiger sei. Sein Gebieter dankte es ihm durch Schweigen. Schließlich siegte seine gute Erziehung. Jieret zuckte die Schultern und legte die Dose ab, ehe er den Mann und seine von nassem Laub bedeckten Kleider anklagend anstarrte. »Ich war doch so leise.«
    Arithon verbarg ein Schaudern hinter einem Lachen und log glatt: »Die Moskitos haben es mir verraten.«
    »Aber ich habe keinen einzigen erschlagen!« protestierte Jieret.
    »Beim nächsten Mal darfst du dich nicht kratzen«, schlug der Herr der Schatten vor, und er konnte ein kurzes Zucken nicht vermeiden, als der Knabe in schallendes Gelächter ausbrach.
    »Euch entgeht nicht viel, Euer Hoheit.« Er sprach nicht davon, daß Drogen oder Alkohol die Sinne eigentlich betäuben sollten.
    »Laß den Titel weg, wenn du mit mir sprichst«, sagte Arithon. »Deine Klinge war nicht unter jenen, gegenüber denen ich gestern nachmittag den Eid abgelegt habe. Du schuldest mir gewiß keine Huldigung.«
    »Das war aber nur, weil ich zu jung bin!« Jieret fiel auf die Knie. »Hier.« Er griff an seinen Gürtel und zog ein Messer hervor, das er zum Schnitzen benutzte. »Nehmt meinen Stahl jetzt, nächstes Jahr bin ich so oder so im rechten Alter.«
    Trotz des Unbehagens, das ihm die Sinne rauben wollte, rang sich Arithon ein Lächeln ab. Seine vom Kraut geschärften Sinne waren der schonungslosen Erkenntnis ausgeliefert, daß dieses impulsive Angebot Jierets nicht einer Heldenverehrung entsprang. Für dieses erstaunlich wachsame Kind bedeutete das Messer einen persönlichen Weg, den Charakter des Prinzen zu erforschen, den die Erwachsenen im Clan heimlich verspotteten.
    So behutsam, wie sein Zustand gestattete, wählte Arithon seine Antwort. »Kind, du mußt noch zehn Jahre älter werden, ehe du dich dem Willen deines Vaters widersetzen kannst. Wenn Steiven dir verboten hat, den Treueeid abzulegen, so ist es nicht an mir, mich seinem Urteil zu widersetzen. Wir können Freunde sein, wenn du es möchtest, aber mehr gewiß nicht.«
    Beleidigt zog sich Jieret zurück und steckte sein Messer weg. »Ich werde schon in acht Jahren zwanzig sein.« Nur verschwommen erkannte Arithon ihn in der zunehmenden Finsternis. »Tashka sagt, ich wäre groß für mein Alter. Aber sie ist schließlich meine Schwester, und was wissen Mädchen schon?« Er reckte das Kinn in einer so anmaßenden Weise vor, daß seine Mutter bei diesem Anblick sicher bestürzt gewesen wäre. »Ich werde an Eurer Seite kämpfen, Prinz, wenn das Heer von Etarra unsere Wälder angreift.«
    Noch immer drohten die blutgetränkten Visionen. Arithon konzentrierte seine umherschweifende Aufmerksamkeit wieder. »Das verbiete ich dir.«
    »Aber so ist es Brauch!« Jieret sprang auf. »Freunde kämpfen immer gemeinsam. Und Halliron hat mit Elwedd gewettet, daß Ihr sogar besser mit dem Schwert umgehen könnt als Caolle.«
    »Dann wird der Barde sein Silber wohl verlieren«, schnappte Arithon und bereute seinen Ausbruch sogleich. Von seinem klopfenden Herzen aus dem Gleichgewicht gebracht, fiel es ihm schwer, seine Haltung harmloser Unentschlossenheit beizubehalten. »Du kannst mir am besten dienen, wenn du dich abseits hältst und auf deine kleinen Schwestern aufpaßt.«
    Jieret feixte höhnisch. »Caolle hat recht, Ihr denkt wie ein Städter. Clanmädchen brauchen niemanden, der auf sie aufpaßt, am allerwenigsten die Töchter des Clanführers. Bis auf Edal und Meara werden auch meine Schwestern in den Krieg ziehen, die Gefallenen entwaffnen und entlaufene Pferde unserer Feinde einfangen.«
    Arithon keuchte.

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