Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
Nerven zu beruhigen. Er benötigte absolute Konzentration, um die letzten Spuren des Giftes aus seinem Körper zu tilgen. Doch die letzte große Offenbarung, in der er die Mädchen und Frauen der Clans niedergemetzelt gesehen hatte, gestatteten ihm den dringend notwendigen Rückzug nicht.
Arithon kanalisierte seine Empfindungen ersatzweise in den Klang der Musik hinein, bis Schritte am Eingang seinen Rhythmus durcheinanderbrachten.
»Müßt ihr mich denn hintergehen?« Hallirons Worte zerstörten den Zauber, noch bevor der letzte Ton verklungen war.
Dania erschrak und zerrte ihr duftendes Kleid fort, um dem Barden Platz zu schaffen, sich zu setzen. »Wie lange seid Ihr schon hier?«
Arithon brachte den schwindenden Klang der Saiten gänzlich zur Ruhe und übergab Elshians Lyranthe ihrem Meister.
Mit einer spöttischen Handbewegung nahm Halliron sein Instrument wieder an sich. »Ich habe alles gehört. Das vorangegangene Fragment auch.« Helle, harte Augen bedachten den Prinzen mit einem Ausdruck, so feindselig wie ein Messerstich. »Ich kenne die Stimme meiner Lyranthe besser als die meines eigenen Kindes. Ihr hättet wissen müssen, daß sie mich rufen wird. Hattet Ihr denn nicht den Schneid, mich zunächst zu fragen?«
»Es tut mir leid.« Arithons Hände ballten sich zu Fäusten. Er vergaß seine wieder aufgerissene Verletzung. »Ich war gedankenlos und egoistisch. Ich verspreche Euch, nie wieder aufdringlich zu sein.«
»Aufdringlich!« Dania hatte noch nie erlebt, daß die Stimme des Barden so wuterfüllt klang. »Ihr seid ein arroganter, manipulativer junger Narr! Beleidigt nicht meinen Verstand, indem Ihr versucht, mich hinters Licht zu führen. Es ist eine von Ath gegebene Gabe, die Ihr da versteckt habt. Ich sage Euch frei heraus: Ihr habt kein Recht, so ein Talent gewaltsam zu unterdrücken.«
Ruckartig lehnte Arithon sich zurück, und das Unbehagen war ihm deutlich anzusehen. Dem Barden war es gelungen, ihn zu schockieren, wie es nie zuvor jemand fertiggebracht hatte, und seiner Genesung von dem Schrecken mangelte es vollständig an Grazie und königlicher Haltung. »Das war nicht meine Absicht.« Ausnahmsweise zu betroffen, sich einer Täuschung zu bedienen, zuckte er ebenso heftig wie abwehrend mit den Schultern. »Natürlich ehrt mich Eure Fürsprache. Aber ich sah keinen Anlaß, Euch mit meinen unzulänglichen Fingerübungen zu belästigen.« Der Sarkasmus, dessen er sich in seiner Verzweiflung bediente, war dazu gedacht, seine endlosen Qualen zu unterdrücken. »Mein Schwert ist nun, wie Ihr Euch vielleicht erinnern werdet, den Belangen des Königreiches Untertan.«
Halliron schüttelte seinen Protest einfach ab. »Die Technik Eures Spiels kann ohne Zweifel vervollkommnet werden.« Er legte die Lyranthe an seine Schulter, führte seine Finger an die Saiten und wiederholte einige Takte aus Arithons Spiel. Unter seiner Kunstfertigkeit erklang die Melodie mit einer Kunde, die das Herz mit reinem Schmerz erfüllte.
Unter dem Einfluß dieser Klänge preßte Dania die Finger an die Lippen, während der Prinz von Rathain leichenblaß wurde.
Halliron brachte das Instrument mit einem Schlag zum Schweigen, den der wundervolle Klangkörper wie zu einem Aufschrei verstärkte. »Wenn Ihr ein bißchen Mühe nicht scheut, so solltet Ihr mich übertreffen. Übt, unterwerft Euch lebenslangem Lernen, und kein lebender Mensch wird sich je mit Eurem Stil messen können.« Der Meisterbarde legte das Instrument entschlossen wieder in Arithons Schoß.
»Wenn, wenn, wenn!« Arithon schlug die Einladung aus. So heftig schob er die Lyranthe von sich, daß der Luftzug die Saiten zum Klagen brachte. »Wo ist Steiven?«
»Hört auf, auszuweichen.« Hartnäckig hielt Halliron am Thema fest. »Ich habe mein ganzes Leben lang gesucht, doch ich habe nie jemanden gehört, der über Eure naturgegebenen Fähigkeiten verfügt.«
Einem Peitschenhieb gleich sprang Arithon mit einer Geschwindigkeit auf, die die Trägheit, welche er seit seiner Ankunft zur Schau stellte, Lügen strafte. Das Schattengewebe geriet in Bewegung, als er sich erhob. Scharf wandte er sich an Dania: »Wenn Caolle abkömmlich ist, werde ich statt dessen mit ihm sprechen.«
Erschrocken versuchte sie instinktiv, ihn aufzuhalten. »Ihr habt noch nichts gegessen, Euer Hoheit. Laßt mich Wein und frisches Brot für Euch holen.«
Arithon schüttelte energisch den Kopf.
Er war ein Mann, der niemals zu Gesten griff, wenn eine verbale Entgegnung besser
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