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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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im Sonnenschein glitzernden Untiefen die schlaffen Körper der getöteten Soldaten aus Etarras Garnison, doch gab es sonderbarerweise weder verwundete noch lebende Pferde. Nicht alle Toten waren ertrunken; nicht alle trugen aufgequollene Wunden. Lysaer hielt inne, als er gerade über einen Unteroffizier hinwegsteigen wollte, und das, was seine Augen sahen, schlug ihm wie ein schwerer Hieb auf den Magen.
    Des Mannes Kehle war aufgeschlitzt worden.
    Während er noch an dem gewaltigen Ausbruch der Übelkeit würgte, fühlte Lysaer, wie sich eine Hand auf seinen Rücken legte und ihn gewaltsam vorandrängte. »Was für eine Überraschung«, kommentierte Pesquil säuerlich. »Ihr habt doch tatsächlich geglaubt, daß der Ruß allein all das hier hätte anrichten können, nicht wahr?«
    Die Hitze, die flimmernden Reflexionen im nassen Schlamm, die Tropfen, die von den Blättern der Bäume herabfielen, sie alle schienen sich verschworen zu haben, Lysaer zu verwirren. Mühsam unterdrückte er das Schwindelgefühl, wobei er sich erzürnt fragte, wie lange es noch dauern würde, bis er wieder über etwas Ähnliches wie seine gewohnte Selbstkontrolle verfügen würde. »Wer auch immer das getan hat, kann unmöglich zwei komplette Divisionen umgebracht haben, ohne dabei auch nur einen einzigen Mann zu verlieren.«
    »Beinahe«, murmelte Pesquil, ehe er stehenblieb, um den Bericht eines weiteren Kundschafters entgegenzunehmen. »Zumindest ist Lord Diegan noch am Leben. Er ist flußabwärts in Sicherheit, aber er kann nicht kämpfen. Mein Heiler zieht ihm gerade eine Pfeilspitze und diverse Bruchstücke seines Kettenhemdes aus dem Leib.«
    Doch auch die Nachricht, daß der Lordkommandant von Etarra überlebt hatte, vermochte Lysaer kaum zu erleichtern.
    »Ich habe keine toten Barbaren gesehen.«
    »Ich schon.« Leise war der Kundschafter wieder verschwunden, und Pesquil betrachtete eingehend den vor ihnen liegenden Waldgürtel. »Aber es waren nur wenige, mein Prinz. Kein Clankrieger kämpft, wenn er sich auch eines Hinterhalts bedienen kann. Er wird seine Deckung nicht verlassen, ehe sein mörderisches Werk nicht vollendet ist, und auch dann bleibt er stets wachsam. Ihn zu stellen ist nur möglich, wenn Ihr Euch nahe an ihn heranschleicht, ohne daß er Euch auch nur einmal zu sehen bekommt. Ihr selbst müßt in Deckung bleiben und geduldig wie der Allmächtige abwarten.« Plötzlich hielt Pesquil Lysaer an der Schulter fest und blieb stocksteif stehen. »Antwortet nicht«, flüsterte er scharf und, als sich der Prinz unter seinem Griff versteifte: »Bewegt Euch nicht.«
    Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf den Schatten, fort von der sonnenbeschienenen Weite der Ebene. Auch Lysaer beobachtete den Wald. Jenseits der Moskitoschwärme, die die Sonne verdunkelten, unter den silbrigen Birkenzweigen mit dem kupferfarbenen Laub, sah er die klaffenden Löcher im Boden und die aufgeworfene Erde überall dort, wo Pferde um Halt gerungen hatten, als der Boden unter ihren Hufen nachgegeben hatte. Er sah das weißliche Schimmern eines fallengelassenen Schwertes; die goldenen Fransen, die einst einen Putz geziert hatten; und er sah die unzähligen Toten, die Arme von sich gestreckt oder die erschlafften Hände um den Schaft des Pfeils gelegt, der sie gemeuchelt hatte. Getrieben vom harten Schlag des Pulses in seinen Adern und einem Zorn, zu bitter, ihm Ausdruck zu verleihen, zwang sich Lysaer zu einer erschöpfend eingehenden Betrachtung, zwang sich ohne Unterlaß aus den niedergetrampelten Sträuchern und den scharlachrot verfärbten Pfählen und all den geschändeten Leibern das Schicksal der Männer abzulesen, die dem Fluß entkommen waren. Steivens Clankrieger waren ausgesprochen gründlich vorgegangen.
    Aus der Finsternis erklang das Winseln eines Mannes. Lysaer spannte sich, wollte sich erheben und bereitete sich darauf vor, Überlebenden zu Hilfe zu kommen. Pesquil riß ihn so gewaltsam zurück, daß die gebrochenen Enden seines Schlüsselbeines ebenso wie eine gebrochene Rippe auf der linken Seite seines Körpers, die dem Kundschafter, der ihn bandagiert hatte, entgangen waren, schmerzhaft erschüttert wurden. Gleich darauf legte sich Pesquils schwielige Hand über sein Gesicht und erstickte selbst die zischend ausgestoßene Luft, den einzigen Schmerzenslaut, der über seine Lippen kam.
    Mit einem Knoblauchhauch flüsterte Pesquil kaum hörbar: »Bleibt still. Eine falsche Bewegung, das kleinste Geräusch, und Ihr werdet uns alle

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