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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Tapferkeit zeigte, die der erwachsener Männer nicht nachstand. Arithon selbst trug keine Waffe. Mit leeren Händen und angezogenen Beinen hockte er am Boden, die Unterarme locker über die Knie gelegt. Den Kopf gebeugt und die Lider halb geschlossen, sah er aus, als dämmerte er dem Schlaf entgegen.
    Tatsächlich hatte er sich aus purer Notwendigkeit von seinen äußeren Sinneswahrnehmungen gelöst.
    Läufer der Clans hatten die Nachricht gebracht, daß der s’Ilessid-Prinz zusammen mit der verlorenen Division marschiert war, die am Ufer des Tal Quorin vorgerückt war.
    Seinen edlen braunen Wallach hatten sie untergehen sehen, doch es hatte nie einen Zweifel daran gegeben, daß sein Reiter nicht nur die Flut, sondern auch die Fallen überlebt hatte.
    Noch immer zerrte der brennende Drang des Fluches Desh-Thieres heimtückisch an Arithons Willenskraft. Er fühlte ihn stets wie einen unermüdlichen Druck, der sich gegen jede Vernunft stemmte, einen Schmerz, der all sein Streben und Denken unterwanderte. Gleich einer krankhaften Begierde spielte das Wissen um Lysaers Gegenwart mit seinen Nerven, so launisch wie ein Funke, der trockenem Holz gefährlich nahe war.
    So bedeutsam war dieser Alptraum, daß er seinem Halbbruder nicht lebend begegnen und doch den Zugriff auf seinen freien Willen behalten konnte. Wäre nicht das Überleben der Clans von Deshir von seiner Gabe abhängig gewesen, er hätte weit von diesem Ort entfernt sein müssen.
    »Hey, Jieret«, schalt einer der Kundschafter, als der Knabe die Spannung seiner Bogensehne prüfte und mit angelegtem Pfeil so tat, als würde er zielen. »Verschwende deine Schüsse nicht, Junge. Such dir die Pfeile heraus, die deiner Größe angemessen sind, und denke daran, daß wir keine Gelegenheit haben werden, sie auszutauschen!«
    »Das weiß ich auch«, entgegnete der Knabe mit finsterem Blick, und seine Finger wanderten über die frische Darmsehne seines Bogens auf und ab und auf und ab. Wie die Männer trug er sein Haar zurückgebunden, und er bemühte sich sehr, seine Furcht nicht zu zeigen. Schon seit dem hellseherischen Traum, der seiner Erinnerung entglitten war, war er übellaunig und schwer im Zaum zu halten.
    Ein Wort von Arithons Lippen hätte ihn vielleicht besänftigen können. Aber der Herr der Schatten konnte zu diesem Zeitpunkt keinen Funken Aufmerksamkeit für irgend jemanden erübrigen. Kein Magier würde freiwillig seine feinere Wahrnehmung über ein Schlachtfeld gleiten lassen. Die Qualen, die die Seelen erlitten, wenn sie unter dem ungezügelten Schmerz tödlicher Wunden dem Leben entrissen wurden, konnte jegliche Vernunft zerrütten, und das hatten sie schon oft genug unter Beweis gestellt. Unter dem Schutz von Barrieren, so gewaltig wie die, die er während des nervenzermürbenden Aufenthaltes in Ithamon aufgebaut hatte, sandte Arithon seine Magie mit der Präzision eines Uhrmachers hinaus, der sich durch all die vielen Rädchen zur Hauptfeder vortastet.
    Während der vorangegangenen Nacht war er barfuß durch das Tal gelaufen, hin und her auf dem vertrauten Boden, hatte Banne gelegt und in zerbrechlicher Spannung mit der unterschwelligen Anziehungskraft der Himmelsrichtungen verknüpft. Diese Eiche, jener Stein, von Osten nach Westen, eine schützende Linie aus Gestrüpp, Schößlingen und alten Bäumen; tausend Punkte in der Landschaft wurden zu seinen Erkennungsmalen. Nun ließ er seine Aufmerksamkeit über das zart gesponnene Netz seiner nächtlichen Arbeit gleiten; er veränderte die Banne oder ihre Lage, geleitete sie aus der Wachsamkeit in einen Dämmerzustand, trug Sorge dafür, daß ihre gemeinsame Wirkung aufs genaueste ausbalanciert war, um ein Netzwerk aus Schatten über das Tal zu legen.
    Diese Strategie, die er unter Qualen den Früchten seines Tienellerausches abgerungen hatte, verstärkte er, indem er die Luft selbst krümmte und die natürliche Akustik verfälschte.
    Wenn er auch seine Fähigkeiten nicht direkt einsetzte, um Leben auszulöschen, so war der Unterschied doch nur sehr gering.
    Durch seine Hand stolperten die sauberen Reichen der rechten Flanke von Etarras Truppen abrupt in tiefste Dunkelheit. Felsen, sumpfige Pfuhle und dichte Haine aus Zwergahorn stürzten ihren Vormarsch in ein Chaos. Fragende Rufe gingen zwischen den gepeinigten Soldaten hin und her, während die Befehle der Offiziere in Echos aufgesplittert wurden und, statt die versprengten Truppen zu sammeln, ganze Kohorten auf Abwege in felsige Schluchten und

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