Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
reichgeschmückten Seidenkleidern einen Platz zwischen den eingetopften Bäumen und den kunstvoll in Form geschnittenen Sträuchern, ehe zum Schluß auch die reinrassigen Schaulustigen eintrafen. Der Prinz betrat mit seinen Begleitern den Garten. Spöttische Bemerkungen verschmolzen mit dem Plätschern in den Brunnen, als Asandir die Zügel der braunen Stute ergriff, um ihr lebhaftes Tänzern zu unterbinden. Ihre königliche Last stieg ab.
Aus der Nähe betrachtet ging die zarte Gestalt des Prinzen in dem grünen Umhang regelrecht unter.
»Was denkt ihr, ob er so schwächlich ist, weil er ein Kind der Inzucht ist?« murmelte Diegan. Seine Worte lösten eine mühsam unterdrückte Woge explosiver Ausgelassenheit aus.
Jemand reichte einen Schlauch Wein durch die Menschenmenge. Angestachelt durch Morfetts frechen Sarkasmus zeigte die Stimmung der Hochwohlgeborenen Etarras eine ausgesprochene Boshaftigkeit, eingehüllt in einen Deckmantel des Frohsinns, der sogar eine Gartenparty außerhalb der Saison bei eisiger Kälte hätte in Schwung bringen können. Die acht Fuß hohen Mauern des Gartens warfen die verächtlichen Bemerkungen einer Frau so klar und deutlich zurück wie die Wände eines Amphitheaters.
Die Zügel der Stute wurden einem unsichtbaren Helfer überreicht, während der hellhaarige Begleiter in seinem eleganten Samt den grünen Umhang öffnete und die königlichen Schultern freilegte.
Morfett leckte sich über seine wulstigen Lippen und taxierte den Feind prüfend.
Für die Augen der Menschen in Etarra war der Prinz so schlicht gekleidet, daß es ans Lächerliche grenzte. Seine Tunika bestand aus schmucklosem Leinen, das jeder, der nicht ganz so faul wie ein Bauer war, wenigstens weiß gebleicht hätte. Die Naturfasern betonten einen Teint, der farblos, ja, so fahl wie Porzellan aussah. Als Asandir die schmalen Finger in die seinen legte, um seinen königlichen Schützling zu eskortieren, hätte Morfett beinahe einen Jubelschrei ausgestoßen. Der s’Ffalenn trug kein Geschmeide. Sein einziger Edelstein war der Smaragd im Griff seines Schwertes, der, wenngleich schön geschliffen, sicher nicht als groß bezeichnet werden konnte; von dem Juwel in seinem Schwert abgesehen, trug er lediglich einen ordinären goldenen Siegelring, der Spuren des langen Gebrauchs aufwies.
»So schlicht wie ein Barbar in den Wäldern«, höhnte der Minister der Webergilde.
Sethvir zog tadelnd die Augenbrauen hoch. »Jeder s’Ffalenn, der als Thronfolger vereidigt wurde, kam schmucklos zu der Zeremonie.«
Doch die Stimmung ausgelassener Verächtlichkeit hatte inzwischen die ganze Versammlung erfaßt.
Steif und würdevoll bewegte sich der Prinz, als er seine Stiefel abstreifte. Er nahm seinen Platz im Blumenbeet ein und versank bis zum Knöchel in der schwarzen Erde, die von den Gärtner gelockert worden war, um das Sprießen der Frühlingslilien zu erleichtern. Asandir hielt noch immer seine Hände und intonierte mit sanfter, sonorer Stimme eine rituelle Weise. Niemand aus Etarras Elite machte sich die Mühe, still zu lauschen. Indessen verkündete Diegans Schwester lautstark gegenüber dem halbtauben Schatzmeister, daß die königlichen Fußgelenke Narben aufwiesen, die den Wundmalen auffallend glichen, welche die Ketten zu hinterlassen pflegten, in die man Verbrecher legte. Diese Neuigkeit schnappte ein junger Schreiber auf, der, durch sein unterdrücktes Lachen immer wieder zwischendurch zum Jauchzen und Schnauben gezwungen, einen Knittelvers daraus improvisierte. Morfett sah jedoch keinerlei Veranlassung, ihm eine Rüge zu erteilen.
Die verdammten Zauberer waren schließlich gebührend vorgewarnt worden, wie der Rat zur Monarchie stand.
Aufs Stichwort kniete der Prinz nieder. Der Zauberer bückte sich mit ihm und nahm eine gute Handvoll Erde auf, die er dann über das rabenschwarze, windzerzauste Haar hob.
Morfett unterdrückte ein Grinsen. Weniger zurückhaltend murmelte Diegan hinter ihm: »Ath, hat irgend jemand kontrolliert, ob der Schweinedung und der Kloakendreck bereits zum Düngen ausgebracht worden sind?«
Der Zauberer mußte seine Worte mitangehört haben. Dennoch ließ er seine Last nicht fallen, und seine Stimme hallte von den Wänden wider, schnitt durch das geschäftige Summen dieser lebendig gewordenen Satire. »Arithon, Teir’s’Ffalenn, direkter Nachfahre von Torbrand, erster Hohekönig von Rathain, ich bestätige Euch als rechtmäßigen Thronerben. So wie dieses Reich Euch gehören wird, so seid
Weitere Kostenlose Bücher