Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
um mit Asandir zu sprechen. »Ihr habt Euer Schauspiel bekommen. Gleich, ob der Mann, der sich meiner Schuhe angenommen hat, zurückkehrt, um sie mir wiederzugeben, wäre ich erfreut, wenn ich mich endlich ausruhen könnte.«
Der Schlagabtausch endete so abrupt, daß Morfett mit offenem Mund stehenblieb. Der Prinz wurde inmitten eines Kreises von Zauberei fortgebracht, doch die scharfe und gefährliche Ablehnung, die er unter der Stadtbevölkerung wachgerufen hatte nagte unbefriedigt weiter. Diegan starrte der königlichen Eskorte mit zusammengebissenen Zähnen nach. In dem beständig größer werdenden Kreis sich laut unterhaltender Bürger begannen brokatgeschmückte Gildeherren, wütend die Fäuste zu schütteln oder sich in unruhigen Gruppen zusammenzurotten. Die drei Verbände der Attentäter in Etarra würden bald Profit machen können, betrachtete man die Geschwindigkeit, in der laute Flüche zu einem kaum vernehmbarem Geflüster wurden. Und während Ehemänner umsichtig Pläne schmiedeten, wurden ihre Gemahlinnen und Töchter ohne Abschied wieder nach Hause verfrachtet.
Aschgrau und sprachlos, überdies des Zieles für seinen Zorn beraubt, lehnte sich der Lordgouverneur dankbar auf die Hand, die seiner Suche nach einer Stütze antwortete. »Dieser unverfrorene Bastard!« sprudelte er hervor, als er endlich wieder zu Atem gekommen war. »Ein Wettrennen! Hält der uns für eine Horde unreifer Burschen?«
»Er kann recht schwierig sein«, erklärte eine imposante Gestalt mit hellblondem Haar mitfühlend. »Aber ich habe niemals erlebt, daß er unfair gehandelt hätte.«
Nun erst erkannte Morfett, daß sein Wohltäter ihn sanft von seinen Ratsherren fortführte. Wutentbrannt riß er sich los. »Wer seid Ihr?« Die blaue Seidenkleidung mochte nicht ausgereicht haben, seinem Gedächtnis nachzuhelfen, doch der grüne Wappenrock über dem Arm des Fremden wies ihn sogleich als den blonden Begleiter des Prinzen aus. »Schon gut«, schnappte Morfett. »Ihr seid einer der königlichen Kumpane und ganz sicher keine Hilfe für Etarra.«
Noch immer lächelnd entgegnete Lysaer: »Ganz im Gegenteil. Ich bin der einzige königliche Kumpan, der kein Zauberer ist, und ich bin außerdem der einzige unter Euren Freunden, der den eigensinnigen Charakter Eures Prinzen versteht.«
Nun wurde der Kommandant der Garde munter. »Ich kenne eine Taverne«, schlug er vor, und Morfett ließ sich, wenn auch grummelnd, von ihnen mitzerren.
Donnernd fiel die schwere Tür ins Schloß. Todmüde lehnte sich Arithon s’Ffalenn mit dem Rücken an die harte, messingbeschlagene Wandverkleidung. Gedämpft vernahm er die Stimme der Gouverneursgattin, die von draußen mit ihm plauderte. »Macht es Euch bequem, Euer Hoheit. Selbstverständlich werden alle meine Bediensteten sich eifrig bemühen, für Euer Wohl zu sorgen.«
Arithon antwortete in einem Tonfall eisiger Höflichkeit. »Eure Gastfreundschaft ist sehr großzügig, doch ich werde schon zufrieden sein, wenn ich nur ungestört schlafen kann.« Die dekorativen Beschläge, die sich in seinen Rücken bohrten, zwangen ihn, von der Wand abzurücken, kaum daß er sich in dem Gästeraum umgesehen hatte.
Der Prunk verursachte ihm Kopfschmerz. Gläserne Perlen überzogen die vertäfelten Wände, und die goldenen Fensterrahmen mit der rosafarbenen Verglasung kontrastierten gnadenlos mit dem gefliesten Boden. Die Fliesen selbst waren ebenfalls gemustert, eine brüllende Ansammlung von Rauten in Bernstein, Safrangelb und Veilchenblau; die Möbel waren verziert; jedes Polster war mit Seidengeflecht und Fransen ausgestattet, und selbst der Teppich strotzte nur so vor Troddeln.
Ein Ausflug vom Bett zum Abort würde Kerzenschein erfordern, wollte man sich nicht die Zehen oder die Schienbeine stoßen.
Arithon schloß die Augen und wünschte sich in die kahlen Berge Daon Ramons zurück. Die Ruinen hatten sich zumindest noch ein bißchen Würde bewahrt.
»Noch habt Ihr die Felldecken nicht gesehen«, kommentierte Asandir trocken von der anderen Seite des Raumes aus. Im Vergleich zu der üppigen Ausstattung des Raumes wirkte er in seinem bevorzugten Mitternachtsblau mit dem Silberbesatz so grimmig wie ein Aspekt des Dharkaron, ausgesandt den Stolz der Sterblichen zu strafen.
»Entschuldigt mich.« Arithon wünschte nur, den ersten Anblick Etarras zu vergessen. Mit den kupfergedeckten Kuppelbauten, die sich wie Warzen hinter den massiven Wehranlagen drängten, erinnerte die Stadt an eine Kröte, die
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