Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
sich zwischen die verwitterten Schiefergebirge kauerte. Er seufzte und öffnete die Augen. »Ich nehme an, Sethvir hat die Aufzeichnungen dabei?«
»Wenn Ihr zwischen all dem schmückenden Beiwerk, das die Stadtschreiber hinzugefügt haben, noch Buchstaben erkennen könnt«, grollte der Hüter von Althain. Umgeben von ledergebundenen Büchern, die er in einer Nische gestapelt hatte, sah er schlichtweg belagert aus. »Ich möchte Euch nur ungern weiter quälen.« Mit einer aufs Geratewohl herausgepickten Schriftrolle deutete er auf zwei Rauschgoldengel, aus deren Locken indigoblaue Kerzen sprossen. »Aber als ich die Hausherrin um mehr Licht gebeten habe, brachte sie mir die.«
»Verbrennt sie und die Archive gleich dazu!« Arithon stieß ein abschätziges Lachen aus. »Wir würden uns eine Menge Kummer ersparen, wenn wir diese Scheußlichkeit einfach dem Erdboden gleichmachten und aus den Trümmern eine neue Stadt erbauten.«
Sethvir wedelte tadelnd mit einem Federkiel. »Denkt nur nicht, wir wären nicht in Versuchung gewesen!« Dann blinzelte er, sein Blick wurde trübe, und mit einem Fingerschnippen setzte er die Kerzen in Brand, die in den beiden Rauschgoldengeln steckten. Ein Fensterflügel stand notgedrungen offen, und der Luftzug ließ die Flammen erzittern, deren Licht besorgte Gesichtszüge aus der Dunkelheit riß. »Das wird für uns beide eine unschöne Nacht mit dieser Lektüre. Euch wird nicht gefallen, was darin steht. Die Gilden von Etarra lösen ihre Probleme über die Klingen von Attentätern.«
Nicht so erschöpft, daß ihm Feinheiten entgangen wären, nahm Arithon seinen Silberreif ab.
»Wie viele Wards habt Ihr über diesen Raum legen müssen?«
Sethvir und Asandir tauschten einen Blick aus, doch keiner von ihnen antwortete.
»Schon gut.« Arithon schleuderte die königliche Zierde in den nächsten Polstersessel. »Wenn der Rat des Gouverneurs ein Messer in meinen Rücken stoßen will, so werde ich ihm morgen den Anlaß dazu liefern.«
Doch es gab bereits einen Anlaß, wie die Zauberer annehmen mußten. Sie sprachen nicht über die drei bezahlten Mörder, die zuvor unauffällig ausgeschaltet worden waren. Dieses Schlangennest aus Interessenverbänden, das diese Stadt regierte, stand vereint bereit, den s’Ffalenn und mit ihm das königliche Geschlecht auszulöschen. Nicht für einen einzigen Augenblick durften sie nachlassen, über sein Wohl zu wachen.
Den Rest des Nachmittags und einen guten Teil des Abends verbrachten sie zurückgezogen und brüteten über alten Aufzeichnungen.
Dakar kam zurück. Ein ausgedehnter Spaziergang durch die Tavernen hatte ihn in seiner Ansicht bestärkt, daß in Etarra ein furchtbares Bier gebraut würde. Erschöpft torkelte er in die Küche und kam mit einem leichten Mahl, gekühltem Wein und Kerzen aus dem Flügel der Dienerschaft zurück, die zu ihrer Erleichterung keinerlei Duft absonderten. Nachdem er nun seine Aufträge erfüllt hatte, breitete er sich in voller Größe auf den Felldecken aus, und die Stiefel, die auszuziehen er vergessen hatte, ragten über die Bettpfosten hinaus.
Um Mitternacht trat Lysaer ein. Eine leichte Röte überzog sein zufrieden lächelndes Gesicht. Er nahm Arithons Reif von dem Stuhl, legte ihn sicher auf einen Beistelltisch aus Schildplatt und setzte sich. »Ath, dieser Raum ist ebenso überdekoriert wie der Gastraum, aus dem ich gerade komme.« Er schnüffelte und fügte grinsend hinzu: »Hier riecht es wie in dem Boudoir einer Puffmutter.«
Arithon konterte ironisch: »Du hättest hier sein müssen, als die Kerzen noch frisch waren. Sie hätten dir eine Erektion verpaßt. Außerdem bin ich überrascht, daß du noch sprechen kannst.«
Auf Lysaers Verblüffung hin sagte Sethvir: »Ihr riecht, als hättet Ihr in billigem Gin gebadet. Wobei mir einfällt: dürfen wir davon ausgehen, daß Ihr Eure Aufgabe erfüllt und bis zum Ende ausgeharrt habt?«
Lysaer lachte. »Als ich mich zurückgezogen habe, schlugen die Abgesandten der Gilden nur noch mit ihren Bierhumpen auf den Tisch. Der affig aussehende Bursche, der Etarras Garde kommandiert, hat Kriegslieder gesungen und dabei nie den richtigen Ton getroffen, und die Barmädchen haben den Lordgouverneur in einen Bierwagen gehievt, um ihn in die Arme seiner Gemahlin transportieren zu lassen. Meine Herren, ich habe gute Neuigkeiten. Morgen hätte es hinterhältige und verschwiegene Machenschaften gegen unseren Prinzen geben sollen, doch ist den Boten, die die Kunde von diesem
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