Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
auflauern. Wenn Arithon s’Ffalenn auch nur einmal nicht von den lästigen, schützenden Zauberern bewacht würde, so würden sie ein Messer in seinen Rippen finden können.
»Wo ist eigentlich Lord Diegan«, mäkelte der Justizminister. »Sonderbar, daß gerade er zu spät kommt.«
»Nein, nein.« Morfett zupfte an seinen Stulpen, die mit Perlknöpfen geschlossen waren. Schnippisch giftete er: »Unser Gardekommandant hat diesen blonden Lakaien, Lysaer, zu einem geselligen Beisammensein nach dem Frühstück eingeladen. Die Vernarrtheit seiner Schwester wird sie zweifellos beide aufgehalten haben.«
Mit säuerlichem Blick betrachtete der Lordgouverneur den damastverhüllten Stuhl, der aufgestellt worden war, um dem erwarteten Prinzen als Thron zu dienen. Dieser prächtige Rahmen bedeutete nichts, ebensowenig wie die weißgoldene, mit Smaragden besetzte Krone Unsterblichkeit verlieh. Heute, morgen oder nächstes Jahr würde der Teir’s’Ffalenn gestürzt werden. Etarra würde sich nie der Herrschaft eines Königs beugen. Niemals. Während er sich in üblen Wünschen für den weiteren Verlauf des Tages erging, sah Morfett, wie Asandir herumwirbelte. Nicht einmal ein Kopfnicken gönnte er den Würdenträgern, die angesichts der abrupten Darbietung seiner Kehrseite mit offenen Mündern in gekränktem Erstaunen erstarrt waren.
Morfett lächelte. Ärger, das wünschte sich der Lordgouverneur inständig; ruinöses, ihre Pläne zunichte machendes, übles Pech sollte über die Bruderschaft kommen.
Sichtlich beunruhigt wirbelte der Zauberer erneut herum und drängte sich ohne ein Wort der Entschuldigung an den noch immer in gemeinsamer Entrüstung verharrenden Ratsmitgliedern vorbei. Sein Sturz zur Tür hinterließ einen Tumult verärgerter Würdenträger, deren Roben er bei seinem Vorübereilen in Unordnung gebracht hatte.
Morfett flog förmlich in die Lücke, die sich hinter dem Zauberer aufgetan hatte. Er erreichte den Vorraum gerade in dem Augenblick, als Asandir die äußere Tür passiert hatte. Als vor ihm die Tür geschlossen wurde, genierte er sich nicht, sein Auge an den Türspalt zu legen.
Draußen auf der Marmortreppe erblickte er Asandir, der gerade Traithe herbeiwinkte.
»Ruf deinen Raben«, wies der Zauberer seinen Bruder an. »Wir brauchen den Vogel möglicherweise, um eine Nachricht weiterzugeben.«
Die Antwort des kleineren Zauberers in Schwarz und Silber fiel zu leise aus, als daß Morfett sie hören konnte.
Asandir nickte schwach. »Geh hinein. Beruhige die Leute, verhindere Unsicherheiten, und vor allem sorge dafür, daß niemand von unseren Problemen erfährt. Sethvir hat gerade erst eine Warnung geschickt. Lysaer steckt in ernsthaften Schwierigkeiten. Das Muster, das mit seinem Namen verknüpft ist, hat sich verändert. Schlimmer noch: Luhaine berichtet, daß Dakar durch eine Vorsehung aufgeschreckt wurde. Beide Ereignisse deuten darauf hin, daß unser s’Ilessid einen der Geister Desh-Thieres beherbergt, den er im Augenblick der Gefangennahme aufgeschnappt haben muß. Wenn das der Fall ist, dann ist die Krise, die das Netz vorausgesagt hat, nun über uns gekommen. Eine falsche Entscheidung im passenden Augenblick, und wir werden weder einen gekrönten König noch eine wiederhergestellte Bruderschaft haben, sondern lediglich Panik und Blutvergießen in den Straßen.«
»Möge Ath dir helfen.« Aufgrund seiner geschwächten Fähigkeiten nicht in der Lage, weitere Details durch Magie in Erfahrung zu bringen, klopfte Traithe seinem Bruder auf die Schulter, ehe sie beide ihrer Wege gingen.
Morfett richtete sich aus seiner Lauschhaltung auf und blickte sich um.
Bereit, jedem Würdenträger in Hörweite sogleich von der verzwickten Lage der Bruderschaft zu erzählen, übersah er in seiner Aufregung kleinere Diskrepanzen: Die Tür hinter ihm konnte nicht verriegelt werden, und seine eigene Hochstimmung hatte ihn so sehr überwältigt, daß ihm die Worte im Halse steckenblieben. Er hüpfte einen Schritt vor und holte tief Luft.
Seine Mühen endeten in einem gurgelnden Geräusch, da Traithe soeben durch die schwungvoll aufgestoßene Tür eintrat und ihm von hinten eine behandschuhte Hand vor den Mund legte.
»Na, Ihr werdet doch nicht«, murmelte der Zauberer mit den umgänglichsten Manieren in Morfetts linkes Ohr.
Der Lordgouverneur ächzte. Seine Augen traten aus den Höhlen, und er brachte mühsam ein ersticktes Grollen hervor. Mit Füßen und Ellbogen suchte er sich seines Angreifers zu
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