Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
solcher Gewalt, daß nur noch Leere sein Bewußtsein erfüllte. Dakar sank auf die Knie.
Eine Vision raste durch ihn hindurch: Ein Platz, angefüllt mit Menschen, unter ihnen Arithon, der, von achtloser Panik getrieben, durch die dichtgedrängt stehenden Händlergruppen Etarras irrt.
Ein vollständiges Bild entstand und zerbrach sogleich wieder, als ein zweiter Schock Dakars inneren Geist niederschmetterte.
Sich vage seiner eigenen Stimme bewußt, die bedeutungslose Phrasen brüllte, fühlte der Wahnsinnige Prophet, wie er fiel. Sein Sturz in die Dunkelheit wurde abrupt und schmerzhaft von einer Hand gehemmt, die ihn auffing und zurückschleuderte.
Mit einem Ruck, der ihm die Orientierung raubte, kam er wieder zu sich.
Sein Gesicht war schweißüberströmt. Von einer Woge der Benommenheit überwältigt wartete er keuchend, bis die wirren Farben sich zu den Orange- und Purpurtönen anordneten, die den Boden im Gästeraum des Lordgouverneurs darstellten. Arithon hatte einen Arm um seine Schultern gelegt. Diese Stütze war alles, was Dakar aufrecht hielt, während er hilflos schwankend um sein Gleichgewicht rang.
»Ath«, keuchte der Wahnsinnige Prophet, als sich das Schwindelgefühl zur Übelkeit steigerte. »Wer auch immer Hellsichtigkeit als Gabe bezeichnet hat, muß die verzerrten Neigungen eines Folterknechtes hegen.«
»Ihr solltet Euch hinlegen.« Arithon schleifte ihn zu dem Diwan.
Haltlos und bar jeder Kraft wurde seine Gestalt von Krämpfen erschüttert, ehe er vornüberkippte. Sein Frühstück blieb unten, gerade noch; ob es dabei bleiben würde, war fraglich. Er fühlte sich miserabel. Als Arithon ihm half, sich aufzurichten, erkannte er, daß die Arbeit dieses Morgens vergebens war.
Der königliche Umhang war verrutscht. Beide Seidenärmel des Prinzen zierten dunkle Schweißflecken. All die brüchige Großmut, die Arithon dem Thron entgegenzubringen vermocht hatte, schien innerhalb eines einzigen Augenblicks entfleucht zu sein. Auf seiner Stirn, aus der das Entsetzen jede Farbe hatte weichen lassen, lagen die von dem Reif angedrückten Haarsträhnen wie Tintenstriche auf einem Pergament.
Mit den wilden Augen eines in die Enge getriebenen Tieres drängte und zerrte der Herr der Schatten Dakar über den Boden.
Zu erledigt, Widerstand zu leisten, brach der Wahnsinnige Prophet auf dem Diwan zusammen. Er hatte nicht die Kraft, sich um knitternden Samt zu sorgen. Daß die karfunkelbesetzte Scheide sich in sein Hinterteil bohrte, machte ihm nichts aus. Das häßliche Geschenk der Gemahlinnen der städtischen Würdenträger schien nur mehr ein erbärmlicher Scherz aus einem Alptraum zu sein. »Was ist passiert?« keuchte er, obgleich ihm die Nachwirkungen einer großen Prophezeiung nur allzu bekannt waren. »In Aths Namen, erzählt mir doch, was ich gesagt habe.«
Arithon zog seine zitternden Hände zurück. »Ihr habt eine Katastrophe vorhergesagt.«
Das Entsetzen bohrte sich in die Grube seines unruhigen Magens. Erneut kämpfte er mit einem schmerzhaften Krampf, als die vage Unsicherheit, die sein Vorstellungsvermögen seit Ithamon beherrschte, sich ihm plötzlich als reale Möglichkeit präsentierte.
»Lysaer. Desh-Thiere hat irgendwie Macht über ihn, richtig?«
Schon diese bloße Vermutung ließ Arithon erschrocken zurückweichen. »Wäre das nur alles.« Er ergriff das Schwert, das offen in der Nähe der Krönungsinsignien lag, die er nicht angelegt hatte. »Wo ist der Zauberer, der hier Wache halten sollte?«
Doch eine Suche in sämtlichen dunklen Nischen, in denen sich ein körperloser Zauberer verkriechen mochte, führte nur zu der Erkenntnis, daß Luhaine nicht anwesend war. In der Furcht, daß irgendein unheilvolles Detail aus Dakars Prophezeiung den Wächter aus der Bruderschaft veranlaßt hatte, ihn im Stich zu lassen, wirbelte Arithon herum und kam zu dem Diwan zurück. »Wo ist Asandir?«
Dakar preßte die Hände an seine Schläfen. Durch die gewaltigen Kopfschmerzen konnte er nur mit Mühe denken, und so mit den Ereignissen Schritt halten, und er war kaum in der Lage Fragen zu begreifen. Benebelt wiederholte er: »Was in Daelions Namen habe ich prophezeit?«
Eine schnelle Bewegung verwirrte sein Blickfeld. Im nächsten Augenblick traf ihn ein Hieb, der aus dem Nichts zu kommen schien. Über sich sah er Arithon, der von seiner Furcht so eingenommen war, als wäre er besessen. Die grausilberne Klinge Alithiels zeigte mit der Spitze auf des Wahnsinnigen Propheten Kehlkopf.
Dakar
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