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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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erklärte sie in einem Ton, der ihre Männer dazu veranlaßte, die Köpfe einzuziehen. »Ich werde mein Kommando zurückbekommen.«
    Auf ihre Geste hin riß der Koch Dakar vom Sitz hoch. Der Takler stopfte den Lappen wieder zurück in den Mund des Gefangenen, und verschloß ihm die Lippen mit seinem eigenen, teerbefleckten Hemd. Leises Klopfen war zwischen den Bohlen ihrer Koje zu hören. Eine quecksilberne Reflexion deutete den veränderten Winkel ihrer Klinge an, als sie sich umwandte, Drillich und Decken beiseite schob und so eine verborgene Luke offenlegte.
    Der Schopf eines Burschen, gefolgt von seinem knochigen Körper, schob sich in einem Schwall abgestandener Luft aus dem Kielraum durch die Öffnung. »Eure Männer auf Deck sagen, sie sind bereit, Käpt’n.«
    Wie bei einem Raubtier blitzten Dhirkens Zähne auf, ehe sie zur Kabine hinausschlüpfte. Koch und Takler trotteten wie falsche Schatten hinter ihr her.
    Der Bursche blieb, das beste Fleischmesser der Kombüse fest umklammert, um den Gefangenen zu bewachen und zu filetieren, sollte er versuchen, Alarm zu schlagen.
    Eine idiotische und unfaire Vorsichtsmaßnahme, wie Dakar schmollend feststellte, als er, die verquollenen Augen fest zusammengepreßt und von Krämpfen gepeinigt, würgend gegen den hinderlichen Knebel ankämpfte. Ein Messer zwischen den Rippen war nicht eben das, was er sich als Dank für Informationen vorstellte, die er im guten Glauben weitergegeben hatte. Und selbst wenn seine Seekrankheit ihm die Gelegenheit gelassen hätte, so hätte er es doch vorgezogen, sich aufknüpfen zu lassen, ehe er bereit gewesen wäre, den verfluchten Prinzen von Rathain zu warnen.
     
    Draußen lag die Drache in tiefer Dunkelheit, abgesehen von dem hin und her schwankenden Lichtschein der Decklampe. Salzbedeckte Taue zogen sich von den Spulen hinauf, ehe sie vor dem konturlosen Himmel in der Finsternis verschwanden. Das Ächzen des geblähten Segeltuchs und das rauhe Schleifen der Trossen ließ die verborgenen Masten und Takelungen unheimlich wie geisterhafte Erscheinungen in der Höhe wirken. Wenn es irgendwo am Horizont eine Küstenlinie geben sollte, so war doch kein Licht, nicht einmal ein Signalfeuer zu erkennen. Dhirkens Griff um den Schaft des Entermessers spannte sich. Sie roch weder Steine noch Schafställe; kein Hauch grüner Felder. Nur Salz lag in der Luft, Salz und der beißende, teerhaltige Gestank geschwärzter Taue. Und ihre Brigg fuhr leicht im ruhigen Wasser, ohne daß auch nur ein Segel falsch gesetzt war.
    Herr der Schatten oder meisterhafter Sänger, der Mann am Ruder verstand sich auf die Seefahrt.
    Ein Können, das ihm keineswegs Vergeben einbringen sollte. Dhirken klopfte auf die Hände ihres Kochs und des Taklers, um ihnen ihre Absicht zu signalisieren. Dann, geisterhaft still, winkte sie an der hinteren Kajüttreppe, gestikulierte, woraufhin weitere Mannschaftsmitglieder, die Bursche in ihrem Namen angewiesen hatte, auf ihren Befehl zu warten, sich näherten. Mehr Bewegung antwortete aus der Dunkelheit. Beladen mit Kübeln und Bimsstein machten sich die Männer vom Vorderdeck zum Achterdeck auf. Dort, lebhaft grollend und fluchend, begannen sie, die Planken zu schrubben.
    Der schwarzhaarige Aufschneider am Ruder wunderte sich ein wenig.
    Gleich einem Koloß stand der erste Maat der Drache neben ihm und scheuchte die Männer an die Arbeit. »Unser Kapitän hält sein Schiff sauber«, erklärte er. »Und wenn sie in der Dämmerung noch Landschmutz auf ihren Decks findet, dann wird sie den Bootsmann aus dem Schlaf reißen, um Prügel zu verteilen.«
    »Landschmutz«, murmelte Dhirken, während ihr Leib unter einem unhörbaren Lachen erbebte. »Wie unglaublich treffend.« Sie schob die Ärmel zurück, reckte das Kinn vor und bedeutete dem Koch und dem zweiten Maat, ihr bei Bedarf den Rücken zu decken, ehe sie sich allein über die Leiter zum Achterdeck hinaufschwang.
    Umrahmt von dem orangeroten Schein der Hecklaterne, stand der intrigante kleine Barde, der den ganzen Abschaum in der Kielwassertaverne gebannt hatte, würdevoll schweigend vor dem Kompaßhaus. Noch immer trug er sein sonderbar geschneidertes Hemd. Silbergefaßte Stulpenbänder umspielten die Handgelenke, die nachlässig über den Speichen des Ruders lagen. Seine selbstsichere, unachtsame Haltung täuschte; die Brigg hielt ihren Kurs so sicher wie ein Zugvogel. Mit Bewegungen, so träge wie verschütteter Honig, trat Dhirken auf das Deck, um ihrem Widersacher

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