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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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entgegenzutreten. Er wirkte nicht gefährlich genug für einen Zauberer; doch für ihren Geschmack mangelte es ihm auch an der majestätischen Haltung, die einen Prinzen auszeichnen sollte. Von den Händen abgesehen, die zu schmal für diese Arbeit waren, hätte er mit seinem windzerzausten schwarzen Haar und den bloßen Füßen, die fest auf Deck standen, ebensogut ein Schiffsjunge sein können.
    Nur der Seitenblick, mit dem er sie begrüßte, war zu sardonisch und zu bedeutsam für die Augen eines Kindes.
    »Ungewöhnlich gutes Wetter für eine Seereise«, begann Dhirken, als säßen sie gemütlich beim Nachmittagstee. Sie fing ein kurzes Nicken ihres Maats auf, und bedachte den fremden Eindringling, der es gewagt hatte, an Bord ihres Schiffes Befehle zu erteilen, mit einem boshaften Lächeln. Während ihre Anwesenheit seine Aufmerksamkeit ablenkte, kletterten Matrosen, bewaffnet mit Messern und Keulen, hinter seinem Rücken über die Reling. Auf Umwegen, die sie durch den Kielraum des Schiffes geführt hatten, besetzten sie nun, nachdem sie durch ihr Kajütenfenster geklettert waren, das Achterdeck, geschützt durch das geräuschvolle Scharren des Bimssteines auf den Planken.
    »Ah, die gnädige Frau«, sagte der Fremde mit seiner lyrischen Singstimme. »Wollt Ihr mich bedrohen?« Genau im rechten Augenblick ließ er das Ruder los, wirbelte um die eigene Achse und blickte den Männern entgegen, die sich herangeschlichen hatten, um sich auf ihn zu stürzen.
    Gleich darauf rollte eine Welle heran, und das unbeaufsichtigte Ruder schlug um. Sofort kam die Brigg vom Kurs ab und legte sich auf die Seite. Über ihnen erschlaffte das schwere Segeltuch, nur um gleich darauf mit lautem Getöse gegen die nun lockeren Taue zu schlagen. Als das Schiff sich im Gegenzug machtvoll auf die Seite legte, wurden die Matrosen des Drachen einen halben Schritt zurückgeschleudert. Erfahrene Seeleute, die sie waren, erholten sie sich reflexartig von diesem Stoß.
    »Ich habe noch nicht gesagt, ob ich die Absicht habe, dich am Leben zu lassen«, bemerkte Dhirken vergnügt höhnisch.
    »Sollte ich deswegen besorgt sein?« Als die Männer sich auf ihn stürzten und die Brigg der Strömung ihre Breitseite präsentierte und unter den anrollenden Wellen erbebte, lächelte er nur.
    Die Dunkelheit verschwand.
    Hell und heiß strahlte die Mittagssonne vom Himmel herab.
    »Zauberei!« schrie jemand, während die Angreifer furchtsam zurückwichen. »Es ist wahr! Er ist der Herr der Schatten!«
    Still und reglos stand Arithon auf Deck, und er bestritt nichts.
    In dem Getöse aus angstvollen und angewiderten Rufen und dem Donnern der Wogen, die gegen die Planken schlugen, gebot Dhirkens laut schallender Befehl der aufsteigenden Panik Einhalt. Ihr Maat, der von der Sonne geblendet war, fand tastend das Ruder, riß es herum und drehte die Brigg mit dem Bug in den Wind. Von der rasiermesserscharfen Zunge ihres Kapitäns gescholten, ergriffen die Männer des Angriffstrupps mit ihren schweißnassen Händen fester ihre Waffen und formierten sich neu.
    Vollkommen gelassen ließ der unbewaffnete Mann, der nun als der Prinz erkannt war, dessen Macht den Nebelgeist in die Schranken verwiesen hatte, die Männer näher kommen. »Tut, was Euch gefällt«, rief er in dem dröhnenden Lärm, als die Brigg wieder Fahrt aufnahm. »Ich habe nicht die Absicht zu kämpfen.«
    »Ich schätze, es ist ein bißchen zu spät für Höflichkeiten«, schnappte Dhirken. An ihre Männer gewandt fügte sie hinzu: »Packt ihn, ihr Trottel. Und haltet ihn fest. Zauberer oder nicht, er gehört mir!«
    Für einen Herzschlag bewegte sich auf Deck nichts außer den lose herabhängenden Segeltauen. Dann, angestachelt durch das Amüsement in den Zügen ihres Widersachers, gehorchten die Seeleute dem Befehl in einem ebenso plötzlichen wie erbosten Ansturm. Ergriffen und von Männern, weit größer und schwerer als er selbst, mit hartem Griff an den ausgebreiteten Armen festgehalten, warf Arithon den Kopf in den Nacken, um sich von einer Haarsträhne zu befreien, die über sein Auge gefallen war.
    Unter Schmerzen sagte er: »Dakar. Ich nehme an, er wollte sich Ärger ersparen und hat Euch meinen Namen bereits verraten?«
    Niemand antwortete. Die Männer blickten gen Himmel und scharrten voller Unbehagen mit den Füßen über die Planken. Dhirken stand direkt vor ihm, und die Sommersprossen kontrastierten mit ihrem Teint, der so blaß wie feinstes Porzellan schimmerte, als sie auf dem Absatz

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