Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
Sonne die morgendlichen Dunstschwaden nicht vertrieben. Mit Kondensationswasser in Barthaaren und Augenbrauen, auf der Jagd nach Insekten durch sein schweres Kettenhemd behindert, pflegte der Hauptmann seine schlechte Laune.
Nach den geröteten Augen und dem zerzausten Gesamtzustand zu urteilen, litt auch Diegan, der neben ihm stand, unter bösartigen Kopfschmerzen, eine wenig liebenswürdige Folge von Lysaers teurem Branntwein.
Bei jedem Schritt seines Schlachtrosses, jedem Klirren des Zaumzeugs, spannte sich die zarte Haut um seine Augen. Welchen Dienst die Bogenschützen aus Karfael Avenor auch erweisen sollten, der Lordkommandant der Stadt war nach wie vor dagegen.
»Wie lange werden wir noch untätig auf den Hügelkuppen herumstehen?« Der Hauptmann fühlte beinahe, wie seine Ausrüstung in der feuchten Luft vor sich hin rostete.
Lord Diegan wandte sich zu ihm um, und der Ausdruck, der durch das güldene Visier zu erkennen war, war so angespannt wie zynisch. »Nicht lange. Nur bis der Nebel sich weit genug gelichtet hat, Euren Bogenschützen auf den Kämmen ein Signal zu geben. Blondes Haar sollte in der Sonne schon früh zu erkennen sein. Sie werden keine Schwierigkeiten haben, ihr Ziel zu finden.«
»Ihr wünscht, daß meine Männer ihre Pfeile auf Seine Hoheit richten? Großer Ath!« Des Gardehauptmanns Roß reagierte durch seitliches Scheuen auf seine Anspannung. Während er mit den Zügeln spielte, es zu beruhigen, sagte er voller Zorn: »Dann sind die Gerüchte also wahr? Der Prinz des Westens will seine Gabe des Lichtes erproben? Ihr wißt doch, was geschehen wird, wenn dieser Test schiefgeht! Bei Dharkarons schwarzem Streitwagen! Das wird ein Massaker geben. Eure Elitegarnison zu Avenor wird sich in fehlgeleiteter Loyalität gegen uns erheben und meine Truppe wie Schlachtvieh niedermetzeln.«
»Mein Gebieter beharrt darauf, daß es nicht schiefgehen kann«, entgegnete Diegan mit einem Tonfall verächtlicher Langeweile. »Er hat fünf Monate lang geübt und sagt, er würde seine Gabe nun meisterlich beherrschen. Sagt, er würde die Pfeilschäfte zu weißer Asche verbrennen, lange ehe sie sich abwärts neigen und sein Leben gefährden könnten.«
»Warum?« brüllte der Hauptmann. »Warum sollte er seine hochwohlgeborene Person in Gefahr bringen?«
»Nun, ich konnte es ihm jedenfalls nicht ausreden«, schnappte Diegan. »Meine Männer wollten den Befehl nicht ausführen. Wenn Eure Männer ihn ebenfalls verweigern, so hat Seine königliche Hoheit angekündigt, allein nach Hanshire zu marschieren, um die dortige Garnison einzuladen, ihn als Zielscheibe zu mißbrauchen. Da der Statthalter der Garde vermutlich schwere Infanterie schicken und einen offenen Krieg provozieren würde und Lysaer keinem Soldaten ein Leid zufügen will, den er als Verbündeten in Betracht zieht, stehen wir jetzt hier und vergnügen uns mit der Mückenjagd.«
Irgendwo, ungesehen in dem nebelverhüllten Abgrund eines Tales, sang eine Drossel ihre abfallenden Triolen. Ein Hase unter einem Stechginsterstrauch war noch einen Augenblick zuvor nicht zu erkennen gewesen. Noch schwaches Sonnenlicht drang durch den Nebel, tränkte das Tal mit sanfter Wärme. Lord Diegan richtete seinen ziselierten Helm, strich perlende Tautropfen aus den Federn des Helmbusches, und gab sich ganz dem Elend hin, das ihn peinigte. Mit der gleichen Arroganz, die er einst benutzt hatte, die Lebemänner Etarras zu unbesonnenen Eskapaden zu provozieren, sagte er: »Seine Hoheit will einfach keine Vernunft annehmen. Gestern hat er schon einen Narren aus Euch gemacht. Seid Ihr also Städter genug, seine königliche Haut als Ziel zu benutzen? Oder haben seine Manieren beim Essen Euch so tief beeindruckt, daß Ihr nun bereit seid, Eure Eier als Royalist zu Markte zu tragen?«
Der Hauptmann aus Karfael begegnete dem Spott mit einem leisen Lachen. »Es gibt immer noch Prämien für königliche Skalps.« Er ergriff die Zügel, bereit, höchstpersönlich zu seinen Feldwebeln zu stoßen. »Warum nutzen wir die Gelegenheit nicht zu einer sportlichen Wette? Achtzig Royal stehen dafür, daß Euer Prinz einen blutigen Tod erleiden wird.«
»Bin dabei«, entgegnete Diegan unbekümmert. Doch sein Gesicht hielt er weiter abgewandt, als könnte sein Mienenspiel ihn verraten. »Wenn Ihr gewinnt, so hoffe ich, die Münzen werden mir Frieden erkaufen. Ich bin es müde, ständig an Herzensleid und Zorn zu kranken.«
Der Hauptmann, nicht unbewandert als Menschenkenner, hielt
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