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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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unheimlich, um friedlich zu erscheinen, legte sich über den Wirrwarr aus Schluchten und Tälern zwischen den Ausläufern des Skyshielgebirges.
    Ochsengespanne, die zuvor beladene Wagen gezogen hatten, waren dort, wo ihre Fahrer sie zum letzten Mal gezügelt hatten, zusammengebrochen und verendet, schlaffe Fleischberge inmitten lockerer Lederriemen. Blutige Wunden durchschnittener Kehlen, verursacht von geübten Händen, nährten gierig saugende Fliegen. Die Wagen selbst hingegen waren unberührt. Noch immer lagen die Handelswaren und Güter sicher vertäut unter den Wagendecken, denn dieser Überfall diente nicht zur Plünderung.
    Mehr als sein Stolz zuzugeben erlaubte, lastete der Geruch frischen Blutes auf Caolles Magen. Der Kriegerhauptmann der letzten Clankrieger von Strakewald hatte seinen Fuß auf einen Felsen gestützt und war damit beschäftigt, seine Klinge an der Pferdedecke aus schwarzem Filz zu reinigen, die einem Kurier gehört hatte. Sorgfältig achtete er darauf, nicht mit der Silberlitze in Berührung zu kommen, um dem Metall keine unerwünschten Geräusche zu entlocken. Für ihn machte es keinen großen Unterschied, daß die Toten um ihn herum keine Menschen, sondern Tiere waren. Für jeden Mann, der den Traditionen gehorchte, war sinnloses Töten ein Vergehen.
    Dennoch lehrte ihn die Erfahrung, daß ein Muttersöhnchen, das zu zimperlich war, ein Leben zu nehmen, ein Narr sein mußte, der selbst kaum überleben konnte. Dafür sorgte schon Etarras nordische Kopfjägerliga, und um so mehr, seit Lysaers neue Allianz die Clans zwang, aus reiner Notwendigkeit einem jeden Wagenzug aufzulauern, der in Begleitung eines Kuriers unterwegs war.
    Leise Schritte näherten sich Caolle zu seiner Rechten. Da es nur ein einziger lebender Mann wagte, sich an ihn anzuschleichen, während er eine Klinge offen in Händen hielt, reckte er sein stoppeliges Kinn vor und fragte: »Hast du die Botschaft des Kuriers gefunden?« Der Dolch in seiner Hand bewegte sich nur minimal als Ausdruck seines Unmuts. »Wenn nicht, so wäre ich geneigt, ihn ein bißchen zu würgen. Wenn er erst benommen ist, wird er uns sicher gern sagen, was wir hören wollen.«
    Schlaksig, hochgewachsen und so beherrscht wie kalter Marmor, blieb Jieret Rotbart vorsichtig etwa eine Schwertlänge entfernt stehen. »Das wird nicht notwendig sein.«
    Ein letztes Mal betrachtete Caolle das Löwenwappen auf dem Tuch in seinen Händen. Dann erhob er sich und betrachtete Jieret mit dem bohrenden Interesse eines Meuchelmörders. »Wie ich sehe, hast du die Botschaft bereits gelesen.« Goldbordüren blitzten sanft auf, als er das Filztuch von sich schleuderte. »Wenn es sich um schlechte Neuigkeiten handelt, dann nur raus damit.« Stählernes Kriegsgerät glänzte im Zwielicht, als er seinen Dolch, dessen Klinge beinahe in seinen großen Händen verschwand, in die Scheide zurückgleiten ließ.
    Das Pergament in Jierets Händen knisterte, als er es Caolles unbarmherzigem Griff überließ. »Unser Herrscher hat sich nun doch endlich zu erkennen gegeben.«
    »Wird auch allmählich Zeit, richtig?« Mit zusammengekniffenen Augen überflog Caolle die Seiten, strich sie glatt, um das letzte Tageslicht auszunutzen, und keuchte schließlich überrascht, als er das gleiche Löwensiegel auf dem Pergament entdeckte. »Jaelot? Soll das heißen, Prinz Arithon war dort?«
    Der Herzog des Nordens besaß genug Taktgefühl, zu wissen, wann die Fragen seines Kriegerhauptmanns besser überhört wurden. Während Caolle las, betrachtete er die unerfreulichen Früchte dieses räuberischen Überfalls; ein Haufen gefesselter Überlebender; das Durcheinander ihres aus den Fugen geratenen Wagenzuges mit den Bergen niedergestürzter Zugtiere, die nun alle viere von sich streckten und keinen Atemzug mehr taten; und dahinter hastige Bewegungen in der Finsternis, ruhelos, die tänzelnden der Pferde der Vorreiter, die von Kundschaftern in aller Stille zusammengetrieben wurde.
    Jedes zusätzliche Pferd würde gebraucht werden, wenn sie sich, trotz der Gefahr, Spuren zu hinterlassen, eilends von diesem Ort zurückziehen würden. Solange das Wetter den feindlichen Patrouillen zum Vorteil gereichte, würden die Clanmänner Rathains nur unbeladen reiten; auch wagten sie nicht, länger als für eine kurze Nachtruhe an einem Ort zu verweilen.
    »Schüler von Halliron, dem Meisterbarden?« Besonnener Leser, der er stets gewesen war, hielt Caolle nachdenklich inne. »Typisch für die s’ffalennsche

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