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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Diebes gelandet war.
    Nur in Begleitung seines eleganten, hochwohlgeborenen Lordkommandanten schob Lysaer seinen Stuhl zurück. »Ich schulde Euch eine Erklärung, Hauptmann.« Sein indigoblauer, samtener Wappenrock blitzte auf, als er sich erhob, und das Licht spiegelte sich in den goldenen Bändern und den eingenähten Perlen und Saphiren. Der Lampenschein zauberte flackernden Glanz über seine Ärmel und sein helles Haar, das nun frisch gewaschen war und von einem goldenen Reif gebändigt wurde. Die Schultern, welche die Tunika gänzlich umhüllte, konnten gut und gern auf eine Aufwertung durch Polster verzichten, und das Gesicht mit den edlen Zügen, die an eine Skulptur aus Meisterhand gemahnten, benötigte keine Krone, die noble Stirn über den weiten Augenbrauen zu erhöhen.
    Ungeübt im Umgang mit kultivierter Noblesse, die weit außerhalb seines Erfahrungsschatzes lag, zudem beschämt angesichts der unverfrorenen Darbietung militärischer Perfektion auf dem Exerzierplatz, wappnete sich der Hauptmann für die vor ihm liegende Aufgabe.
    Lysaer begegnete seinem Unbehagen mit einem selbstzurückhaltenden Lächeln. »Der strenge Ehrbegriff meiner Erziehung hat mein Gemüt am Nachmittag überwältigt. Ein bedauernswerter Fehler, da ich, wie Ihr wohl seht, nicht einmal einen Festsaal und angemessenen Staat vorweisen kann, um Besucher zu bewirten. Kommt nur, seid mir willkommen und setzt Euch. Der Wein ist ganz gut, ebenso wie das Essen.«
    Ein Diener trat aus dem Schatten herbei und zog einen gepolsterten, lederbezogenen Stuhl hervor. Der Gardehauptmann sank auf den angebotenen Platz nieder und der Schrecken ob des Quietschens roßhaargefüllter Polster trieb ihm die Schamesröte auf die Wangen.
    »Euer Hoheit, wie hätte ich es denn wissen sollen?« brach es aus ihm hervor. »Die gefangenen Barbaren wurden nicht hergeschickt, Euch zu kränken. Mein Lord, der Statthalter, hatte lediglich den Wunsch, Euch zu helfen.«
    »Es ist ja nichts passiert.« Lysaer legte seine Arme auf die Lehnen des Stuhls, während der Diener dabei war, Wein aus einer geschliffenen Kristallkaraffe zu servieren. »Aber Ihr müßt verstehen, daß weit mehr auf dem Spiel steht als nur idealistische Prinzipien. Feindliche Clanangehörige innerhalb dieser loyalen Umgebung in Ketten zu halten, bedeutet, sich eine Giftschlange ins eigene Nest zu setzen. Solche Männer könnten zu einem bereitwilligen Werkzeug werden, um für unseren Untergang zu sorgen, sollte der Feind sich hier einschleichen und ihre Ketten durchtrennen. Zeigen wir uns als Unterdrücker, so werden unsere Reihen geschwächt werden. Ich werde ein solches Risiko, das die Sicherheit meiner Gefolgsleute gefährdet, gewiß nicht gutheißen.«
    Lysaers juwelenbesetzte Finger spielten mit dem Kelch, der nun mit rotem Wein gefüllt war. »Ihr seht also, daß Ihr Euch zwar keines Vergehens schuldig gemacht habt, wohl aber unwissentlich meine königliche Treue, meine Integrität, die niemals zu brechen ich einen hochherrschaftlichen Eid geleistet habe, in Frage gestellt habt.« Lichtstrahlen brachen sich in den Ringen an seinen Fingern, als er dem Hauptmann mit feierlich bittendem Blick begegnete. »Es ist besser, sie mit Anstand zu töten oder allen, die sich gegen die neue Ordnung wenden, die Freiheit zu geben, es besser zu machen.«
    »Ein erwägenswerter Gedanke.« Der Gardehauptmann erhob sein Glas. Noch immer voller Unbehagen, befand er sich nun jedoch auf einem Gebiet, das es ihm erlaubte, seinerseits seine Meinung kundzutun. »Aber was geschieht nun mit den Gefangenen seiner Lordschaft? Karfael hat Eure Charta für dieses Land anerkannt. Das Vertrauen der Bürger ist gebrochen, da der Statthalter Euch Männer anvertraut hat, die den Händlern Schaden zugefügt haben. Wenn Ihr sie freilaßt, verschmäht Ihr diese Geste.«
    Stets flink dabei, strittige Punkte weiter zu verfolgen, stimmte Diegan zu. »Es ist eine Schmach, mein Gebieter. Ihr könnt diese Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen.«
    Die derb gezimmerten Fenster hielten keine Scheiben. Motten flogen herein und versammelten sich im Lichtkegel der Lampe, um ihren wilden, kreiselnden Tanz aufzuführen und schließlich mit verbrannten Flügeln zu sterben. Die Damasttischdecke war übersät mit winzigen Leibern, die aufgeregt mit den Beinchen zappelten oder von Verstümmelung gelähmt wie tot auf dem Gewebe lagen. Als wären sie menschlich, blutüberströmt, seufzte Lysaer so gequält, wie kaum ein Mensch es je

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