Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
Dienste zur Unterstützung seines Meisters beendete und sich dann abwandte, um sich ebenfalls aus seinem schweren Mantel zu schälen. Der Mann, der unter dem Stoff zum Vorschein kam, war irgendwo in seinen Zwanzigern, schmal gebaut, wenn nicht gar schmächtig. Fahlbraunes Haar, das sich jeglicher genauen Beschreibung verwehrte, fiel strähnig über seine schmalen Wangenknochen, und seine Augen waren von einer trüben graubraunen Farbe.
Dakar hatte ihn noch nie gesehen.
Während die Besucher sich setzten, zog sich der Wirt hinter den Tresen zurück, um die wenigen glasierten Krüge, die er sein eigen nannte, von Wasserflecken zu befreien. Über der Unterhaltung der Pfeilewerfer, die ihr Spiel wieder aufgenommen hatten, erklang der schrille Ausruf der Wirtin aus der Speisekammer, gefolgt von polternden Töpfen und eiligen Schritten. Ein Knecht erschien mit Bürste und Eimer, um die Tischplatten zu säubern. Derweil verschwand Dakar unauffällig in einer Fensternische, hocherfreut über diese veränderten Aussichten. Noch immer pleite und nüchtern genug, die schlimmsten aller Kopfschmerzen bewußt zu erleiden, gab er doch kaum ein Wimmern von sich, als über ihm donnernde Schritte erklangen. Zweifellos war irgendein Bediensteter abkommandiert worden, dafür zu sorgen, daß das Leinen der Schlafräume den großartigen Versprechungen des Wirtes nicht entgegenstand. Die Hintertür fiel krachend ins Schloß. Draußen rannte eines der borstenköpfigen Kinder des Wirtes durch den Schneeregen, um die Nachricht im Dorf zu verbreiten, daß Atheras Meisterbarde sich für die Nacht im Ort eingefunden hatte.
Bald darauf erschien der Stallbursche mit dem Gepäckbündel des Barden. Der Schüler nahm ihm die Last ab und ließ sich den Weg zu ihren Zimmern im Obergeschoß zeigen, während der Meisterbarde selbst es sich auf der Bank bequem machte, um sich an dem Glühwein zu laben und Neuigkeiten mit anderen Gästen auszutauschen. Seine Reise habe an der Küste entlanggeführt, doch durch Ostwall sei er nicht gekommen, erklärte er einem Schäfer, der begierig war, sich über die neuesten Preise für Wolle auf den Märkten im Landesinneren zu informieren. Als ein anderer zu erfahren suchte, ob die Handelsschiffe in der Minderlbucht sicher für den Winter vertäut waren, trat eine kurze Stille ein. Dann gestand Halliron, daß er nicht über die Hauptstraße gereist sei, sondern die Abkürzung über die alte, verfallene Straße genommen habe, die vom Kap aus westwärts führte.
»Und, nein«, sagte er rasch, ehe jemand fragen konnte. »Ich habe keine paravianischen Geister gesehen. Nur alte Wegesmarkierungen, die über und über mit Flechten verkrustet waren, und weite Felder mit Farnen, die sich unter dem Regen beugten. Ich kann mir wirklich keinen vernünftigen Grund denken, die alten Straßen zu meiden.«
»Zauberer benutzen sie«, murrte der Eseltreiber. »Und Reisende haben von unheimlichen Lichtern berichtet, die sie dort bei Nacht gesehen hätten.«
Da das Thema den Menschen Unbehagen bereitete, wurde das Barmädchen sogleich davongejagt, um rasch eine neue Runde gefüllter Krüge zu servieren. Dakar, den der Spuk in den Ruinen am Rande der alten Straßen kaum zu beeindrucken vermochte, richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf den Tresen. Während der Zeit, in der das Mädchen mit ihrem Tablett die Runde machte und der wichtigtuerische Wirt sich nahe dem Meisterbarden aufhielt, achtete niemand auf das Bierfaß.
Irgendeine Äußerung Hallirons löste schenkelklopfendes Gelächter aus. Der Wahnsinnige Prophet erhob sich, schlich zum Tresen, und schob seinen mächtigen Leib mit einer Bewegung, die von langjähriger Erfahrung zeugte, zwischen die Theke und das angestochene Faß. Den unschuldigen Blick irgendwohin gerichtet, fischte er in dem schaumigen Wasser des Spülbeckens nach einem Krug, zog ihn heraus und stellte ihn aufrecht unter den Hahn. Niemand sah in seine Richtung. Unbeachtet machte er sich an die kitzlige Aufgabe, den Hahn hinter seinem Rücken zu öffnen.
Schnell blickte Dakar zu dem Kamin hinüber. Sich der Kürze der Zeitspanne wohl bewußt, die es brauchte, Bier über den Rand des Kruges treten zu lassen, setzte er ein nichtssagendes Lächeln auf, verdrehte verstohlen die Augen und vergewisserte sich, daß seinem Rückzug in die Küche nichts im Wege stand.
Ein Schatten fiel von der Seite über ihn: Des Barden dunkeläugiger Schüler war geräuschlos nähergetreten und stand schon beinahe auf seinen
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