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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Zügeln des Tieres, während der Jüngere der livrierten Pagen Lysaers vortrat, sich verbeugte und mit seiner klaren Kinderstimme verkündete, daß seine Hoheit, der Prinz, erfreut wäre, die Einladung an den Hof des Statthalters von Isaer anzunehmen.
    »Einladung!« Der Hauptmann hieb mit der Faust auf den Rücken des Pferdes ein und zerrte dann seinen Kopf ruckartig nach hinten, um ihm keine Gelegenheit zu geben, sich aufzubäumen. »Was für eine Infamie! Es gibt keine Einladung!« Ihm blieb keine Zeit, seinem Zorn Luft zu machen, gebärdete sich doch das Roß unter seinem Hintern nun wie wahnsinnig.
    Die Ohren angelegt, biß es blindwütig um sich, bockte wie ein Bulle und tänzelte mit seinen kräftigen Hinterhufen seitwärts. Es gelang dem Hauptmann der Kopfjäger, im Sattel zu bleiben, während die Bewegungen seines Rosses die saubere Formation seiner Männer zerstörten. Lanzen senkten sich, wogten hin und her und brachen schließlich in dem Wirrwarr fluchender Männer und unwirscher Hufe.
    Zu zynisch, sich noch überraschen zu lassen, schaute Diegan auf Lysaer, der neben ihm den Krawall beobachtete, und seine würdevolle Haltung widersprach klar und deutlich der zur Schau gestellten Unschuld seiner Absichten. Der ältere Page, der halb hinter einer Pferdedecke verschwunden war, beschäftigte sich ganz und gar unredlich mit einer Handvoll Kieselsteinen und etwas, das nach einer Schleuder aussah.
    Lebenslanger Umgang mit der etarranischen Politik verlieh Diegan die Fähigkeit, sein Befremden zu verbergen, während er den leise vorgetragenen Anweisungen seines Prinzen lauschte. »Das Pferd dieses Kopfjägers wird bald durchgehen. Bevor das geschieht, brauche ich eine Ehrengarde, eine Delegation der Repräsentanten der Gilden und der Stadtsoldaten und die Kutsche, in der die gnädige Frau Talith mit ihren Bediensteten reist. Wir werden Isaer einen Staatsbesuch abstatten, dafür werde ich sorgen. Aber warne die Männer: Ganz gleich, was auch geschieht und wie sehr sie provoziert werden mögen, sie müssen ihre Zungen und ihr Temperament im Zaum halten.«
    Nicht dumm, tat Diegan, wie ihm geheißen; und so verpaßte er den Augenblick, in dem das große, graue Pferd des Kopfjägers sich endgültig befreite und schnaubend und um sich tretend davonrannte, daß sein Schweif nur so flog. Jemand schickte einen Stallmeister los, um dem glücklosen Hauptmann zu folgen. Ehe der Offizier, der zweite Kommandant der Kopfjäger, die zerstörte Ordnung seiner Truppe wiederherstellen konnte, ritt Lysaer auf ihn zu, um ihn zu begrüßen.
    »Macht Euch keine Sorgen wegen der Formalitäten«, sagte der Prinz voller Edelmut und mit einer Haltung, die selbst das Selbstvertrauen einer Bronzestatue hätte erschüttern können. Gleich darauf richtete er einige Worte an die Männer, die nicht wenigen ein herzhaftes Lachen abrangen. Während der Offizier zwischen Zorn, Unsicherheit und einer nicht zu unterschätzenden Heiterkeit hin und her gerissen war, gelang es Lysaer mit Hilfe seiner unbeschwerten, doch stolzen Arroganz, den Kopfjägern einige durchaus vernünftige Vorschläge zu unterbreiten.
    Nun nahm die Truppe wieder ordentlich Aufstellung. Ihnen schlossen sich neben der persönlichen Ehrengarde des Prinzen und einer Kutsche, in der eine Frau saß, so schön, daß einem Mann nichts anderes blieb, als ihr wie gebannt nachzustarren, Vertreter der Gilden an, die, des Regens überdrüssig, sich ausgesprochen dankbar ob der willkommenen Einladung des Statthalters von Isaer zeigten.
    Neben dem Offizier ritt nun Lysaer und erkundigte sich ebenso schüchtern wie eingehend, welche Art Seide dem Statthalter wohl genehm sein mochte; die anderen Geschenke, so beeilte er sich hinzuzufügen, waren von weniger persönlichem Charakter. Vorausgesetzt, die Gemahlin des Statthalters würde nicht gerade unglückseligerweise Kristallwaren aus Falgaire verschmähen.
    Außerordentlich nachdenklich und nicht ohne Mitgefühl für den Offizier, der unter Taliths kritischem Blick Antworten auf die königlichen Fragen zu stammeln suchte, ritt Lord Diegan schweigend durch den Regen. Mit dem typischen Humor der Etarraner beobachtete er, wie Lysaers meisterhafte Diplomatie die Stadt Isaer im Sturm eroberte.
    Dort folgten nun sechs Tage formeller Diners und endlose Stunden in Gildeschuppen, in denen die Flachsernte des vergangenen Jahres zum Bleichen aufbewahrt wurde. Lord Diegan verfolgte die Gespräche so begierig, wie er einst die Kurtisanen aus den Betten

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