Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
Pfeile, die sich durch das dichte Laub in die Leiber der Soldaten bohrten; das Poltern der Stämme und das Prasseln der Erde zuschnappender Fallen, in denen seine Männer aufgeschlitzt wurden und unter unsäglichen Qualen starben. Tod allein war nicht für all ihre Verluste verantwortlich. Manch einem hatte das Labyrinth aus Magie und Schatten, das Arithon errichtet hatte, sie in die Irre zu treiben, für alle Zeit den Verstand geraubt; andere waren seelisch zerrüttet, neigten zu Anfällen der Raserei, wenn sie das Grauen in ihren Träumen wieder und wieder erleben mußten.
Der Bericht über die grauenvolle Schlacht im Strakewald reichte aus, den Ratsherren ein Gefühl für den Schrecken zu vermitteln und sie beschwichtigt von dannen ziehen zu lassen. Auf den Befehl ihres Statthalters zogen sich auch die Soldaten taktvoll zurück.
Später, im Lichtschein parfümierter Kerzen in einem mit Wandbehängen geschmückten Zimmer im Obergeschoß, nutzte Lord Diegan den Augenblick, Lysaer zu stellen, ehe dieser nach seinem Kammerdiener rufen konnte, um sich zurückzuziehen. »Was spielst du für ein Spiel? Ich dachte, wir hätten uns in Etarra darauf verständigt, daß die Barbaren für den Herrn der Schatten ein allzu bereitwilliges Werkzeug darstellen.«
»Machst du dir Sorgen?« Der Likör war scharf und von erlesener Qualität gewesen; doch die sanfte Röte in Lysaers Gesicht wies einen erzürnten Zug auf, der nicht von dem Getränk verursacht worden sein konnte. Beherrscht wie kalter Marmor überquerte er den Blumenteppich der Gastgemächer und sagte: »Du kannst dich wieder beruhigen. Die Raubzüge in den Pässen werden aufhören, ob nun auf die eine oder andere Art. Trotzdem werden wir die Soldaten nur einsetzen, wenn es keinen anderen Ausweg gibt.«
Lord Diegan sah direkt in die blauen Augen, die so unmenschlich besänftigend und aufrichtig wirken konnten, und er hielt dem Blick stand. »Gute Manieren und eine flinke Zunge mögen reichen, das Mißtrauen in Isaer zu besiegen. Aber ein Gespräch wie das des heutigen Abends wird dich auf der anderen Seite den Kopf kosten. Mach dir nichts vor, Erdanes Gouverneur wird sich nicht mit süßen Worten und Geschenken von dir einfangen lassen.«
Kurz runzelte Lysaer die Stirn. »Das habe ich bereits bedacht.« Er seufzte und verbarg ein Gähnen hinter den blinkenden Saphirringen an seiner Hand. »Es ist lästig, ich weiß. Trotzdem brauchen wir die Loyalität jeder einzelnen Stadt, um gegen Arithon bestehen zu können. Wir werden eben eine andere Möglichkeit finden müssen, uns den Gouverneur von Erdane geneigt zu machen.«
Dazu blieb Diegan nichts mehr zu sagen, also machte er auf dem Absatz kehrt und zog sich in ein Bett zurück, das ihm doch keinen erleichternden Schlaf brachte.
Am folgenden Morgen verließ das königliche Gefolge Isaer, um wieder zu dem Troß aufzuschließen, der sich nun dreißig anstrengende Wegestunden weiter westlich vorankämpfte. Der Ehrengarde folgten vier Ochsenkarren mit Tongefäßen, gemustertem Leinen und gefärbten Federn. Die Maultiere, die den Rest des Kristalls aus Falgaire trugen, entwickelten eine Abneigung gegen die Ochsengespanne, was den Fahrern Anlaß zu herzhaften Verwünschungen lieferte.
Umgeben von einem Chaos, das ein Drittel des Trosses in ein Durcheinander brüllender Tiere und stehender Wagen verwandelt hatte, bellte Taliths sonst so höflicher Bruder Befehle, bis der Staub aus der Luft zwischen seinen Zähnen knirschte. Er ignorierte die zerlumpten Schweinehirten, die stehengeblieben waren, das königliche Gefolge zu begaffen. Mochte er in dem Lärm, den Kinder auf den Feldern verursachten, als sie die Sperlinge mit Rasseln von ihrem Saatgut vertrieben, den Hufschlag des näherkommenden Reiters ebenfalls überhört haben, hinderte ihn das nicht, ihm bei seiner Ankunft voller Eigensinn entgegenzustarren.
»Hör auf zu schmollen.« Lysaer lachte seinen wenig gesprächigen, zukünftigen Schwager an. »Wenn es erst schneit, dann können wir die albernen Federn benutzen, unsere Matratzen zu stopfen.«
»Hast du einmal in diese Säcke geschaut?« Diegan zügelte sein Pferd. Fransen hingen von seinen Kalbslederhandschuhen herab, deren Perlenstickerei von der Abnutzung aufgerissen war. »Das sind Gänsefedern. Harte Federn, die man benutzen kann, um Schreibfedern daraus zu machen. Wenn es dir gelingt, meine Schwester zu beschwatzen, darauf zu schlafen, dann werde ich Nesseln sammeln, um dein Kissen damit zu
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