Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
zu zerstören, raubte Verrain den Atem, und er fühlte, wie sich sein Bewußtsein wand und krümmte, um dieser Pein zu entkommen. Das Gift des Tienellekrautes kannte kein Pardon. Gnadenlos hielt es seine Wahrnehmung in den bebenden Zuckungen direkter Berührung mit dem Übel gefangen.
    »Ruhig, bleib ganz ruhig«, mahnte ihn Sethvir.
    Als der erste Geist ein lebendes Opfer umfing, brachen Verrains Fingernägel, so fest umklammerte er die Tischkante. Schrecklich war es, diesen Augenblick zu verfolgen, in dem Leben der Besessenheit zum Opfer fiel: Noch zeigten klare Linien das Bild einer Maus, deren Einzigartigkeit in Aths Schöpfung gleich darauf flackernd einem stechenden Chaos zum Opfer fiel, das, selbst zwei Zeitalter später, die nächtliche Luft mit endlosen Schreien grausamer Qualen zu erfüllen schien. Verrain empfand beißenden Schmerz, als wäre jeder einzelne Nerv in seinem Leib mit heißer Säure verbrüht worden.
    Gefangen in dem Verlauf, den die Entfaltung dieser Sequenz in dem Netz nahm, beobachtete er, wie das Muster der Maus sich veränderte, verformte, verkrümmte und schließlich in einem Aufflackern gleißendhellen, kalten Feuers die Gestalt eines gänzlich falschen Seins bekam, mit Geist und Körper verschmolzen zu einem parasitären Hybridwesen, das irrational, ja unfaßbar anders war. Das, was sich dort im Herzen der Stränge bewegte, atmete, war ein Ding außerhalb des Großen Gleichgewichts, dessen Fasern und Geist den Naturgesetzen zuwiderliefen.
    Voller Abscheu, geplagt von Krämpfen und Übelkeit, preßte der Zauberbanner die Hände mit aller Gewalt an seine Lippen, bis Blut zwischen seinen Fingern hervordrang. Er mußte sich zwingen, nicht aufzugeben, als Sethvir seine Untersuchung ausweitete. Schlangen, Insekten, Otter und Frösche, sie alle erlitten im weiteren Verlauf der Ereignisse das Los der Besessenheit. Der Augenblick der Veränderung war jedesmal losgelöst vom Lauf der Zeit, und er spielte sich sonderbar zergliedert ab: Faser um Faser entwickelten sich die schauderhaften Verzerrungen und entrangen dem gepeinigten Opfer die schändlichen Details, die vom Wirken der Haßgeister kündeten. Die Lebenskraft selbst wrangen die Geister aus Leibern, die schließlich als leere Hüllen zurückblieben, veränderte, verzerrte Nachkommen hervorzubringen. Die sonderbaren, abstoßenden Geschöpfe, die aus diesen Bruten hervorgingen, dienten ihrerseits den wirren Launen ihrer Wirte.
    Kalter Schweiß bedeckte Verrains Haut, während er Sethvirs Analyse einer Vergangenheit folgte, in der die Greuel der Methuri auf einen Spalt im Gefüge irdischer Ordnung hindeuteten, durch den eine Verbindung zwischen der atmenden Essenz der Geistwesen und den Energiesträngen hergestellt werden konnte, die allem Fleischlichen seine Gestalt verliehen. Die Erkenntnisse, die das Netz ihnen vermittelte, waren nur allzu klar: Nicht nur, daß die Trennung zur Zersetzung der körperlichen Substanz führen würde, der innewohnende Geist war imstande, die Bande des lebendigen Fleisches zu lösen und kraft seines Willens ungestraft neu und verändert anzuordnen. Bestürzt wisperte Verrain: »Haltet Ihr es für denkbar, daß Desh-Thieres Fluch über die beiden Prinzen auf ähnliche Weise wirkt?«
    Sethvir sah auf, und die geschändeten Muster in dem Gewebe des Netzes spiegelten sich eisig in seinen emotionslosen Augen wider. »Genau das müssen wir herausfinden.« Er erlag einem Schaudern, als seine innere Gelöstheit nachließ und der Schrecken, der sich ihnen in kalten Bildern des Wahren Sehens offenbart hatte, gleich einer gewaltigen Woge über ihn hereinstürzte. Dann wischte er sich die feuchten Handflächen an seinen Ärmelstulpen ab und sprach eine einzige, abgehackte Silbe. Das dichte Gewebe der Mächte, die das Netz mit Energie erfüllt hatten, verlosch funkensprühend.
    Rasselnd sog Asandir die Luft ein und rührte sich wieder, während Traithe zur Seite trat und sich auf einen Stuhl fallenließ, als würden seine Beine ihn nicht länger tragen wollen.
    Während eines Zeitraums mehrerer Minuten machte niemand den Versuch zu sprechen.
    Endlich wuchtete Verrain sich von seinem Stuhl hoch und ging unsicheren Schrittes zum Herd hinüber, um den Bann über dem Feuer zu lösen und Tee aufzusetzen. Das Gift des Tienellekrautes hatte ihn geschwächt, und sein Körper litt unter dem Flüssigkeitsverlust, den die Droge verursachte; immer wieder flackerten kurze, unechte Visionen durch sein Bewußtsein. Er war hundemüde, und

Weitere Kostenlose Bücher