Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
s’Ffalenn zuckte vor dem Lärm zurück. »Bitte nicht«, ein Flüstern gleich einem Flehen, doch vielleicht war es auch eine Drohung; angesichts der Charaktereigenschaften, die seinem Geschlecht zu eigen waren, schien es äußerst gewagt, sich in dieser Frage festzulegen. Während schwarzes Haar sich über seinen Kragen ergoß, legte er den Kopf auf die Seite und stieß einen scharfen Pfiff aus, in dem noch immer die Kunstfertigkeit eines Meisterbarden mitklang.
Eine Resonanz bahnte sich ihren Weg durch schimmerndes Metall, und die Schlösser, die Dakars Glieder gefangenhielten, öffneten sich, eines nach dem anderen, mit einem leisen Klicken. »Das hättet Ihr auch schon früher tun können. Verdammt sollt Ihr sein.«
»Ich konnte es nicht«, entgegnete Arithon geschwächt vor dem dissonanten Hintergrundgeräusch herabfallender Stahlketten. »Bis vor einem Augenblick hatte ich noch keinen Zugriff auf die Macht.«
Dakar, der eben damit beschäftigt war, sich die wunden Handgelenke zu reiben, packte den kleineren Mann mit derbem Griff und wirbelte ihn ruckartig herum, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Der Prinz schwankte, kraftlos und so graziös wie eine Vogelscheuche. In den harten Zügen derer zu s’Ffalenn lagen seine Augen, matt und blicklos wie grün gefärbtes Glas, tief in ihren Höhlen. Nun erkannte der Wahnsinnige Prophet, herzhaft fluchend, daß es wahr war. »Bei Dharkarons schwarzem Wagen! Da habt Ihr ein ganzes Leben mit der Weisheit eines Zauberers verbracht, und nun seht Euch an! Von Kopf bis Fuß ruiniert seid Ihr, Eurer Gaben beraubt, wie Schlachtvieh seinen Eingeweiden. An dieser Sache werdet Ihr später noch kranken.« Er deutete auf das verkohlte Muster, das den nun wieder freigelegten Kraftkreis kennzeichnete. »Ihr habt die alten Mysterien aus Boshaftigkeit zum Leben erweckt, nicht wahr?«
Arithon zog die Augenbrauen hoch und runzelte angestrengt die Stirn. »Geplant hatte ich nur den Lobgesang auf Halliron, der Rest war lediglich Intuition. Aber ich kann gewiß nicht behaupten, daß ich es bereuen würde.« Scheinbar kam ihm nicht einmal in den Sinn, daß ein geringerer Mann von den Kräften vernichtet worden wäre, die er so gedankenlos herbeigerufen hatte. Er barg die geborgte Lyranthe an seiner Schulter, während der Schweiß ihm über die Schläfen lief und von seinem Kinn herabtropfte. »Und ich darf nicht krank sein. Nicht, ehe wir Halliron von hier fortgebracht haben. Du bist nüchtern genug, dich deiner Gaben zu bedienen. Vielleicht kannst du deinen Groll so lange bezwingen, bis wir ihn gefunden haben.«
»Nicht, wenn ich Euch tragen muß«, konterte Dakar bissig. Seine Sorge galt weniger der Rettung seiner eigenen Haut, als viel mehr der sicheren Strafe durch seinen Meister, sollte Arithon irgendwie zu Schaden kommen. Wütend hieb er mit den Fäusten auf seine Oberschenkel. »Mögen die Dämonen meine Leber fressen! Und Asandir lacht sich ins Fäustchen!« Dann, als Arithon zu zittern begann, blieb ihm nichts anderes übrig, als ihn an Hand und Schulter zu packen und zu stützen, sosehr er es auch verabscheute. »Kommt schon. Die Diener haben den Meisterbarden in einem Gesindebett nahe der Vorratskammer untergebracht. Wenn wir Glück haben, sind sie davongerannt und haben ihn allein zurückgelassen.«
Demaskierung
Der Sog der Gezeiten in ihrem Blut verriet Elaira, noch bevor sie ihre Augen öffnete, daß die mondlose, indigoblaue Nacht noch immer die Rundbogenfenster der Korianiherberge verdunkelte. Dies war keine schlechte Zeit, wach zu werden. Der Geruch von Kräuterseife und die herben Ausdünstungen des Balsams aus Cailcallowblättern erinnerten sie sanft daran, daß sie noch immer in einem Krankenzimmer lag. Erst vor drei Monaten hatte sie selbst sich damit beschäftigt, Heilmittel zu brauen. Nun, wie eine unerfreuliche Ironie des Schicksals, war sie diejenige, die geheilt werden mußte; die Anpassung der Resonanz magischer Kristalle an eine lange Lebenszeit war ein Schritt, den ein furchtsamer Mensch nicht tun sollte.
Behutsam veränderte Elaira ihre Lage. Die Laken klebten schweißnaß an einem Leib, der ihr wie eine ungewohnte Last erschien. Ihr Kopf schmerzte, und ihre Venen fühlten sich an, als wären sie systematisch von innen heraus verbrüht worden.
Morriel, die Oberste Zauberin, hatte sie zwar vor den Schmerzen gewarnt, doch niemand hatte ihr etwas über den Begleiteffekt in Gestalt von Träumen erzählt.
Eine sanfte Brise wehte herein und trug den
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