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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Kraftkreis eingenommen. Unter der sengenden Hitze der aufsteigenden Sonne wiederholten sie die Zeremonie der vergangenen Nacht, und noch einmal zur Mittagszeit, zum Sonnenuntergang und zur nächsten Mitternacht.
    Inzwischen summte der Kraftkreis unter dem Einfluß der gesammelten Energien wie eine Stimmgabel. Das Gleißen der verwobenen Energien war strahlend genug, zu blenden und ungeschütztes Fleisch zu Asche zu verbrennen. Die Luft selbst schien zu glitzern, erfüllt von diesen gewaltigen Kräften, und der Steinboden wogte im Gegenzug, als würde er atmen.
    Solchermaßen zu einem Gipfel möglicher Aktivität emporgetragen, durfte der Kraftkreis keine Minute unbewacht bleiben. Asandir blieb in dem Gewölbe, um Wache zu halten und die gelegentlichen Schwankungen auszugleichen, die der natürliche Puls des Weges verursachte. Sethvir hingegen zog sich in sein Heiligtum, die obere Bibliothek, zurück. Dort braute er Tee und brütete über Büchern zur Himmelsmechanik, füllte Seite um Seite mit endlosen Reihen mathematischer Berechnungen, geschrieben in der kantigen Schrift, die er für seine persönlichen Notizen zu nutzen pflegte.
    Die wegweisende Navigation für den Signalzauber zu berechnen, erforderte fünfzehn Tage harter Arbeit. Sethvir arbeitete allein, geborgen innerhalb der unterschwelligen Spirale verwobener Energiebande, schrieb er Tag und Nacht. Jeder Berechnung legte er die Siegel zugrunde, die den Elementen selbst entstammten. Sonne und Blitze; Wind und Regen; Feuer, Wasser und Eis; so schmiedete er einen richtungsweisenden Bann, als würde er einen Pfeil auf die Reise schicken, ehe er das funkensprühende, knisternde Gewebe unzähliger Siegel hinunter zu Asandir und dem Kraftkreis geleitete.
    Diese rohen Kräfte zu einem komplizierten Wegweiserbann zu verketten, erforderte weitere eineinhalb Tage ununterbrochener Arbeit.
    »Ich kann mich nicht erinnern, jemals so müde gewesen zu sein, seit jenem Tag, an dem der Nebelgeist unsere Banne bei Earle durchbrochen hatte.« Asandir strich sich schweißgetränkte, schmutzige Haarsträhnen über die Schulter und betrachtete die lodernde Glut ihrer parallelen Beschwörungen aus den Augenwinkeln. Nur ein Narr oder ein ungeschulter Geist würde es wagen, geradewegs in ein derartiges Gebilde hineinzusehen. Durch die Windungen und Linien teilte sich dem Betrachter eine Schönheit mit, die einen weniger wachsamen Geist betören würde. Sich zu lange in diesen Anblick zu versenken, barg das Risiko, in eine Harmonie, die größte Gefahr barg, hineingezogen zu werden, zu rein, als daß sterbliches Fleisch ihr hätte standhalten können. Ihr direkt ausgesetzt zu sein, würde zu blindem, geistlosen Wahnsinn führen, denn die Vernunft war nicht imstande, die ungezähmte Macht der Lebenskraft einer ganzen Welt unbeschadet zu überstehen.
    Im Schatten auf der Treppe, mitten im Schritt zwischen zwei Stufen, gab Sethvir ein leises Geräusch des Entsetzens von sich. Asandir wirbelte herum, blickte dem Hüter des Althainturms direkt in die Augen und erkannte sogleich die Ursache seines Schreckens. »Sag es nicht. Es ist die gnädige Frau Maenalle, nicht wahr?« – Sethvir sagte kein Wort.
    Statt dessen erschien das Bild eines vollgepackten Marktplatzes zu Isaer in der Luft, auf dem sich die Städter um ein Schafott drängten und eine zum Tode verdammte Frau verhöhnten, die in grausamer Isolation an einen Pfosten gekettet war.
    Für einige Sekunden der Betroffenheit regte sich keiner der Zauberer.
    Dann löste sich aus der Kehle Asandirs ein schrecklicher Schrei, der von den Wänden aus Marmor widerhallte. »Wir sollten sie nicht einfach so sterben lassen.«
    Das stählerne Glitzern des Zorns durchdrang die Tränen in Sethvirs Augen. »Nein, das sollten wir nicht.«
    Hastig machten sich die beiden Zauberer auf, traten im Gleichschritt auf den Kraftkreis zu, bis sie einander schließlich im Mittelpunkt die Hände reichten. Rasch verknüpften sie den letzten, noch nicht beendeten Strang ihrer Magie mit dem Namen Kharadmons.
    Sethvir senkte den Kopf. Sein Bewußtsein spaltete sich, drang in die Ferne und hielt doch seinen sanft zitternden Leib aufrecht; während auf dem Schafott ein Scharfrichter mit einer Gesichtsmaske mit der versilberten Stahlklinge zum tödlichen Stoß ausholte.
    Und als die Klinge niederging, sagte der Hüter des Althainturmes: »Jetzt!«
    Asandir durchtrennte die Bande des Zaubers, die ihn mit den Bäumen verankert hatten.
    Macht entfaltete sich. Licht

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