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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Augenblicken. Diese Freude würde das erste sein, das dem Prinzen genommen werden würde, wenn seines Schicksals Fluch ihn erneut in seinen Bann schlagen würde. Es war beinahe eine Ironie, mußten dann doch die gegensätzlichen Eigenschaften, die seiner Natur zu eigen waren, ihn unweigerlich einem kaum erträglichen Druck ausliefern. Verbunden mit jenem Weg der Grausamkeiten, dem dieser Mann sich nicht entziehen konnte, war Elaira unfähig die Furcht abzuschütteln, daß Morriels Vermutungen sich bewahrheiten würden, daß gerade die Stärke seines Charakters zu dem Katalysator werden mochte, der seinen Geist der Zerstörung überantworten konnte.
    Ob seine Leidenschaft und sein scharfer Verstand, Eigenschaften, die Elaira in ihren Bann gezogen hatten, auch seine tieferen Gefühle umfaßten, das herauszufinden, ließ er ihr keine Gelegenheit. Gegenüber Jinesse hielt er eine zarte, pflichtgemäße, freundschaftliche Beziehung aufrecht. Alles in allem schien er unverändert: bereit zu sprechen, wenn er gefragt wurde, doch keineswegs geneigt, freiwillig einem anderen Menschen sein Vertrauen zu schenken.
    Mit großem Widerstreben, spielte er zur Hochzeit der Tochter des Flickschusters mit des Perlmuttschnitzers jüngstem Sohn auf, einem Burschen, der kein Gefühl für seines Vaters Handwerk aufbrachte und statt dessen als angeheuertes Mannschaftsmitglied auf einem Fischerboot sein Brot verdiente. Ein Adept aus der Bruderschaft der Geweihten Aths, gekleidet in eine Kapuzenrobe aus makellosem weißen Leinen, dessen Ärmel und Kragen mit Siegeln aus Gold- und Silberfäden durchwirkt waren, war zugegen, die Zeremonie zu segnen. Noch lange, nachdem das sommerliche Zwielicht der Finsternis gewichen war, wurde gefeiert. Tänzer wirbelten in sorglosen Kreisen um die Freudenfeuer, während der Rauch, reich getränkt mit aromatischen Ölen, die verbrannt wurden, die Insekten abzuwehren, die feuchte Luft erfüllte. Zwischen den schattenhaften Gestalten herumspringender Feiergäste sah der Bursche in seiner neuen Jacke aus feinem Wollstoff neben seiner strohblonden, strahlenden Braut, die mit Eichenlaub und scharlachroten Bändern geschmückt war, recht schmuck aus. Bronzene Glöckchen, die an ihren Schuhen befestigt waren, begleiteten jede Regung ihrer Freude mit hellem Klang.
    Neben Jinesse, die Hände voll mit gewürztem Brot und heißem Fisch, ließ Elaira sich von dem raschen, übergangslosen Spiel der Lyranthenoten besänftigen, deren Klänge einem brillanten, ausgefeilten Rhythmus folgten.
    Doch für die Witwe, die sich an Arithons Spiel an Bord der Talliarthe und überdies, weit gewaltiger noch, in Innish erinnern konnte, waren die Melodien, die unter des Barden geschickten Fingern erklangen, kaum mehr als ein oberflächliches Plätschern, ausgeschüttet, die wahren Tiefen des Künstlers zu verbergen. Als Elaira ihre Neugier nicht mehr beherrschen konnte und sich erkundigte, kaute Jinesse kurz auf ihrer Lippe und gestand: »Sein Geist ist heute nacht nicht hier. Sein Herz ist nicht bei seiner Musik.«
    Die Zwillinge wählten genau diesen Augenblick, ihre Mutter um Streicheleinheiten anzugehen. In dem lebhaften, ungestümen Lärm, den sie mit sich brachten, blieb Elaira keine Möglichkeit, die so abrupt unterbrochene Unterhaltung wieder aufzunehmen.
     
    In der folgenden Woche bereitete eine Gewitterfront, die vom Osten heranzog, dem guten Wetter ein Ende. Mehr oder minder übel zugerichtet lavierten die Fischerlogger mit gerefften Segeln ihre Anlegestellen im Hafen von Merior an. Auf den Segen der sicheren Rückkehr der Fischerflotte legte sich der Schatten eines Unglücks, wie es unter Männern, die auf See arbeiteten, nur allzu häufig vorkam.
    Eingehüllt in steten Regen, der zischend auf dem brennenden Holzscheit verdampfte, der ihr als Lichtquelle diente, kämpfte sich Elaira über die Landspitze voran zu der Schiffswerft. Rund um sie herum herrschte pechschwarze Nacht, erfüllt vom Rauschen des Regens. Wild schlug der Wind ihre nassen Röcke um die Waden und trieb die Gischt der aufgepeitschten Wogen über die Landspitze. Gänzlich der brutalen Kraft des Sturmes ausgeliefert, schwankten die Pfahlhütten in den heftigen Böen, während eine lose Planke einen irrsinnigen Trommelwirbel schlug und die allmählich abnehmenden Blitze, deren Schein die Wolken in schwefelgelbes Licht tauchte, herniederzuckten. Zwischen Pfützen, dunkel wie Obsidian, und Dünengräsern, die wie das ausgefranste Ende eines Taus im Wind

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