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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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magischer Energien aufflammte.
    Vor ihren Augen wandelte sich das veränderte Mysterium jene Banne, mit denen sie bereits ihr halbes Leben gearbeitet hatte, unter dem Einfluß seiner musischen Gabe zu einem Gebilde kaum zu bändigender Energien. Die Luft selbst schien zu vibrieren, ihre Essenz so licht, als hätte Eiseskälte oder große Höhe sie ausgedünnt. Die Lebenskraft, die Elairas Venen und Gebeine durchströmte, schien sich zu fließender Seide und klaren Diamanten gewandelt zu haben.
    Die Berührung war für das atmende Lebewesen zu ungezähmt, ihr standzuhalten. Wie ein unter Spannung stehender Riß in feinem Tuch, störte die Energie ihre Konzentration.
    Elaira schrie auf, wollte ihn warnen, ihm sagen, daß sie den Zugriff auf ihre Kunst verlor. Dann brach ihre Gewalt über die Energien zusammen. Gleich würde ihre Arbeit ihren Preis fordern und sie in dem Feuer des Soges unvollendeter Tat gefangennehmen.
    Arithon murmelte eine paravianische Aufmunterung, und der klare, reine Strom seiner Musik glitt in eine andere Tonlage.
    Eine Folge eindringlicher Akkorde löschte allen Unrat, all die unnützen Gedanken aus ihrem Geist, stärkte ihren Mut und überließ sie schließlich verfeinerter Wahrnehmung. Auf einmal wieder stabilisiert, schon im nächsten Schritt noch weiter getrieben, bis hin zu einer Erkenntnis, deren Schärfe an eine tienellegestützte Trance erinnerte, preßte Elaira ihre schmerzenden Finger an die Schläfen. Kaum fähig zu atmen, kämpfte sie darum, die intensivierte Wahrnehmung zu beherrschen. Durch einen Wirbelsturm in Trance geschleudert, inspiriert, sich dem erleuchteten Tanz der Musik anzuschließen und ihre gemeinsamen Energien zu einem grenzenlosen Flug miteinander verketteter Klänge zu verweben, ließ sie ihre Gedanken frei und gab sich den Wogen ihres Instinktes hin.
    Auf den Knien, eine Kreide in der Hand, kam sie wieder zu sich.
    Wo ein jedes Muster seinen Anfang und sein Ende hatte, wußte sie nicht mehr zu sagen. Dennoch erstrahlten nun die gezeichneten Kreise unter ihren Händen: Banne der Wachsamkeit und des Schutzes, deren ein jeder für sich dazu angetan war, einen Geist in Geborgenheit zu wiegen, der seinem Leib entrissen war.
    Die fremdartige, lebhafte Pracht ihrer gemeinsamen Arbeit schimmerte unter den Vibrationen ihrer vereinten Kräfte mit genug Intensität, ihre ermatteten Augen zu schmerzen und sie halb erblinden zu lassen.
    Zitternd bemühte sich Elaira, ihren zerfaserten Verstand zu regenerieren, ehe sie sich erhob. In allen vier Himmelsrichtungen entzündete sie Bienenwachskerzen. Gefahr verfolgte sie. Ihre Hütte war zu einem Gefäß für eine Flut herbeigerufener Energien geworden. Kraftströme zupften machtvoll an ihrer Haut und lösten Funken aus den silbernen Saiten der Lyranthe. Die vier Wände ihrer Behausung umschlossen einen Raum, der von den Giftpfeilen beängstigender Macht durchdrungen war. Von nun an durfte ihr kein Fehler mehr unterlaufen. Die Parameter, innerhalb derer sie agierte, waren von unbarmherziger Härte. Auch Arithon durfte nicht fehlen. Er mußte wissen, daß selbst ein kaum wahrnehmbarer Fehlklang zu einer dissonanten Abweichung führen konnte, die eine Explosion der Vernichtung mit sich bringen würde.
    Der Sturm schien keinerlei Bedeutung mehr zu haben, das Tosen und Prasseln windgepeitschten Regens verstummte, als hätte sich eine schützende Membran über das Haus gelegt. Eingehüllt in tiefen Schatten, beugte sich der Musiker über die Lyranthe, während seine gekrümmten Finger in raschem Flug geschickt über die Bunde tanzten, die im sanften Kerzenschein gülden aufleuchteten. Hin und her gezerrt von messerscharfen Harmonien und den rollenden Vokalen, die die strahlenden Akkorde begleiteten, wurden die Mächte, die den wilden Grenzen reinen Chaos’ entgegendrängten, stabilisiert und schließlich in ein ruhiges Gleichgewicht versetzt.
    Der Barde hob den Kopf. Seine Blicke kreuzten sich mit denen der Zauberin, deren Gaben sich mit seiner Musik vereinten.
    Der Augenkontakt löste einen winzigen Schrecken aus, einen Stich, wie von einer heißen Nadel. Im voraus erahnte Elaira den Augenblick, in dem er seine Hand entspannen und die Saiten zum Verstummen bringen würde; verschmolzen in stummem Wissen, fühlte sie, wie jede einzelne Barriere, das ganze Bollwerk der schützenden Mauern, zwischen ihren Seelen in sich zusammenfiel.
    Nichts davon blieb übrig.
    Die Kunst, die dieser Meisterbarde zum Schwingen gebracht hatte, war ihre

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