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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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für ihn bereits in ihrem Herzen barg. Nun sah sie die Liebe, die er so systematisch wie gnadenlos unterdrückt hatte, angesichts der verwünschenswerten Befürchtung, ihr Interesse an ihm könnte nichts anderes sein als eine Tücke Morriels, ihrer Obersten, seine persönlichen Angelegenheiten auszuspionieren.
    Elaira blieb keine Gelegenheit, das Wohlgefühl ihrer stummen Gemeinsamkeit auszukosten.
    All ihre Verwunderung mußte sogleich der bloßen Notwendigkeit weichen: Der Zustand des verletzten Jungen war zu kritisch, auch nur die geringste Verzögerung zu riskieren.
    Viele Jahre in den Krankensälen des Kontinents hatten Elaira gelehrt, wie leicht die alltäglichen Veränderungen in den Mysterien jegliche Grenze zu verwischen imstande waren. Die Bindung des Geistes an sein Fleisch war besonders schwach, wenn die Erde zwischen nächtlicher Finsternis und Sonnenaufgang den Wendepunkt ihrer eigenen Achse erreichte. Zu diesem Zeitpunkt in tiefster Nacht neigten die Kranken unter den Sterblichen mehr als zu jeder anderen Zeit dazu, sich ihrer fleischlichen Bande zu entledigen und sich aus dem Rad Daelions zu lösen.
    Wenn der Junge auf ihrem Tisch überleben sollte, so mußte sie nun ebenso schnell wie präzise arbeiten.
    Elaira zwang ihre wirren Sinne zur Konzentration. Den magischen Kristall in ihren feuchten Händen, beugte sie sich erneut über den Schwerverletzten. Nun, da der Leib des Jungen kaum mehr atmete, sah der Schaden um so verheerender aus. Von Arithon borgte sie sich die notwendige Courage, den Lärm ihres Verstandes zu ignorieren, der darauf beharrte, daß, aus schlichter Vernunft und Vorsicht, derart zerstörtes Gewebe nicht angerührt, sondern der Arm für eine saubere Amputation vorbereitet werden sollte.
    Stur und eigensinnig, angepeitscht durch die Seelenqual, die ihr der Gedanke an ein Leben, vergeudet auf der Schwelle der Nutzlosigkeit, bereitete, konzentrierte Elaira ihren Willen durch das weiße, innere Herz ihres Kristalls. Ohne die geringste Gewähr für einen Erfolg nahm sie das gewaltige Risiko auf sich und begann mit der mühseligen Arbeit, Siegel und Banne zu verbinden und ihre magischen Kräfte mit den Heilwirkungen der Kräuter zu verschmelzen, um des Burschen zertrümmertes Handgelenk wieder aufzubauen.
    Knochen, Blut, Muskeln, Knorpel, jeder Bestandteil seines verwundeten Arms erforderte ein eigenes Gewebe magischer Banne. Der komplizierte Fluß dieser heiltragenden Kräfte wiederum mußte dem körpereigenen Magnetismus des Patienten angeglichen werden.
    Kaum nahm Elaira den Augenblick wahr, in dem die Musik ihre Mühen erneut begleitete.
    Doch als ihre Hand zitterte, während sie versuchte, ein kompliziertes Siegel zu beenden, erklangen Noten, sie zu stärken. Wenn ihr Herzschlag sich furchtsam erhöhte, wenn die Anstrengung drohte, sie dem schwierigen Fluß zu entreißen, den sie in Trance durch ihren magischen Kristall zu geleiten hatte, erfuhr sie in einem Regenschauer besänftigender Noten Beruhigung. Wieder und wieder stählte Arithons Spiel ihre angespannte Disziplin.
    Das Wunder bahnte sich schimmernd seinen Weg durch Luft und Fleisch. Als Knochensplitter sich gleichsam wie in einem Puzzle zusammenfügten, sich unter dem Einfluß feiner Magie aneinanderhefteten, regierte Perfektion über jede ihrer Bewegungen. Als hätte sie ein Bauwerk architektonischer Höchstleistung geschaffen, beherrschte Elaira mit sicherem Griff die Balance unzähliger Lagen magischer Banne. Des Barden Gabe stützte ihre Hände und ihren Geist, während sie zerfetzte Knorpel wieder aufbaute und die Ligamente reparierte, um jeden einzelnen zerstörten Knochen wieder fest zusammenzufügen. Nicht einmal vernebelte sich ihr Blick, während sie die ausgefransten Fasern des Taus entfernte, von denen jede einzelne die Saat für eine gefährliche Infektion bergen konnte.
    Nun mußte jede Vene, jedes Kapillargefäß erneuert werden; zerfetztes Gewebe geflickt werden, auf daß die abgetrennten Nervenenden wieder angefügt werden konnten. Sehnen mußten genäht werden, faserige, aufgetrennte Muskelstränge durch unzählige sorgfältige Stiche verbunden werden. Unter quälender Aufbietung all ihrer Konzentration mühte sich Elaira voran. Schweiß benetzte ihre Schläfen und lief in Rinnsalen hinab zu ihrem Kinn. Und doch entglitt die Nadel in ihren Fingern nicht ein einziges Mal, während sie dem Tanz jener frohen Weise folgte, die ihr wohlmeinend den Rücken stärkte.
    Süße Melodien umhüllten sie noch immer,

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