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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Hinblick auf Eheschließungen halten manche Orte sich stur an die Tradition. In so mancher Schäferenklave in Vastmark werden unfruchtbare Frauen verstoßen. Siedlungen in der Nähe von Wasserscheide in Lithmere fordern einen Obolus für jede Hochzeit. In Merior hat der Brautvater das Recht, die Ehe jederzeit bis zur Geburt des ersten Kindes für nichtig zu erklären, wenn sich der Gatte als unvorteilhafte Partie erweisen sollte. Dieses Gesetz wurde ursprünglich geschaffen, Ehefrauen davor zu schützen, von ihren Männern geschlagen zu werden. Inzwischen findet es aber auch dann Anwendung, wenn der Mann den Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann. Was hat dieser Junge schon für eine Chance? Und Ihr habt das Mädchen doch gesehen. Sie liebt ihn von ganzem Herzen.«
    Arithon stand für einen weiteren Augenblick vollkommen reglos da, während der Regen seine Züge verschleierte. Dann sagte er: »Wartet auf mich. Ich werde mit Euch gehen.« Rasch schlüpfte er in die Hütte, um eine Minute später mit seiner in Leder gehüllten Lyranthe wieder zu erscheinen.
    »Bei Aths großer Gnade!« rief Elaira ungläubig. Allmählich erschlug sein Eigensinn ihre Geduld. »Der Junge braucht Eure Magie, nicht die Freuden der Musik!«
    »In diesem Punkt tut es mir leid.« Arithon ergriff ihre nassen Finger und schob sie unter seinen Ellbogen, ehe er sie mit sich in die Dunkelheit zog. »Aber seit der Schlacht am Ufer des Tal Quorin ist meine Musik alles, was ich Euch noch bieten kann.«
    »Kann? Oder will?« Zorn wühlte in ihrem Herzen bei dem Gedanken, er könnte seine Hilfe verweigern, weil er sich mit seinem Gewissen im Zwiespalt befand, also hob Elaira die flackernde Fackel höher, so daß ihr Lichtschein direkt auf sein Gesicht fiel.
    Ruckartig entließ er ihre Hand, als er zurückzuckte. Sein Gesicht war zu einer Grimasse der Wut verzogen, die doch nicht heftig genug war, den unermeßlichen Kummer zu verdecken, der sich hinter ihr verbarg. Bedrängt von stürmischen Winden und zornigen Wassermassen, inmitten einer Unzahl schwarzglänzender Pfützen, die das Licht ihrer gemarterten Flamme vollständig zu verschlucken schienen, fühlte Elaira, wie ihre Korianigabe gemeinsam mit ihrem intuitiven Instinkt begann, grundverschiedene Erinnerungen zu einem Bild schmerzhafter Klarheit zu vereinen: Dakar, der einen Mann tadelte, weil er ihn für verwundbar hielt; dann, gleich einem hämmernden Echo, die zermürbende Aufmerksamkeit, mit der Arithon eines Tages ein wildes Nachtschattengewächs studiert hatte.
    Bei dem Massaker am Ufer des Tal Quorin ist dem Fluche Desh-Thieres mehr als nur Blut zum Opfer gefallen, erkannte Elaira voller Schrecken. Arithon s’Ffalenn hat den Zugriff auf seine magischen Fertigkeiten verloren. Beinahe versteinert vor Mitgefühl, blieb Elaira ruckartig stehen.
    Auch Arithon verhielt im Schritt, bekümmert genug, all seine schützenden Mauern fallenzulassen. »Ei ciard’huinn«, bediente er sich paravianischer Lyrik. Übersetzt bedeuteten seine Worte nichts anderes als: ›Ich bin entlarvt‹. »Es wäre mir lieber, wenn Morriel nichts davon erführe.«
    Elaira schluckte krampfhaft, als ihr klar wurde, was sie ihn preiszugeben genötigt hatte. Worte vermochten nichts mehr zu ändern. Entschuldigungen waren nutzlos. Wie betäubt und ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob die verschmierte Feuchtigkeit auf ihren Wangen auch einige Tropfen heißer salzhaltiger Flüssigkeit enthielt, litt sie Schmerzen, durchdrungen von schweigendem Elend.
    Grüne Augen schienen zu leuchten, als Arithon, dessen Haltung nun wieder eine Ruhe ausstrahlte, die keinen Raum für Vorwürfe ließ, ihr die Fackel aus den Händen wand. Er richtete den Riemen, mit dem er sich die Lyranthe über die Schulter geschnallt hatte, streckte den Arm aus und ergriff erneut ihre eisige Hand. »Meine spitzfindige Dame, dies ist nicht Euer Problem. Und es ist kaum das Risiko wert, das zukünftige Glück dieses Jungen aufs Spiel zu setzen.«
    Seine Finger schoben ihren regengetränkten Ärmel zurück und fanden ihr Handgelenk, ehe sie sich warm um ihren Arm schlossen und sie voranzogen. Die holperige Folge ihrer Schritte in seinem Schlepptau zwang sie, sich aus ihrer schmerzerfüllten Lähmung zu lösen und auf sein Drängen zu reagieren.
    »Die Gabe der s’Ffalennschen Barmherzigkeit wird Euch noch umbringen«, schnappte sie. »Und das ist jedes Jungen Glück wert.«
    In der Finsternis, umgeben von dahinhuschenden, dämonischen Schatten

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