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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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entgehen konnte, wandte er den Kopf und erkannte ein scharlachrotes Symbol auf goldenem Grund: das überaus auffällige Wappen des großen Herzogs von Alestron, das von einer vorzeitigen Abreise kündete. Seiner diskreten, wohlplazierten Geste antwortete ein Aufmarsch der königlichen Offiziere, die am Fuß der Treppe zu dem Podest die Stellung gehalten hatten.
    Kaum hatte sich Keldmar s’Brydion aus dem Gedränge befreit und war zur Tür hinaus in den Vorraum getreten, stellten sich ihm vier der prachtvoll anzuschauenden Offiziere Avenors in den Weg.
    Groß genug, allein durch seine Statur einzuschüchtern, maß Keldmar, dessen Clanzopf einen ebenso hochmütigen und deutlichen Hinweis auf seine Abstammung lieferte wie das Wappen über seinem Rücken, jeden einzelnen der Offiziere mit zusammengekniffenen, steingrauen Augen. »Bin ich ein Gefangener?« fragte er herausfordernd.
    Worte jedoch vermochten der eisernen Disziplin der Offiziere Avenors nichts anzuhaben. »Ihr seid des Prinzen geladener Gast«, sagte der Ranghöchste der Männer. »Seine königliche Hoheit besteht darauf, Euch seine persönliche Gastfreundschaft zu erweisen.«
    Es war sinnlos über die Punkte zu streiten, die die Gebräuche der Clanblütigen von den Gesetzen der Städter unterschieden und denen zufolge es einem Verrat an der Charta Melhallas gleichkam, sich dem Prinzen eines anderen Königreiches zu beugen. Avenors Offiziere umzingelten wohlwollend, doch ohne eine Spur des Lächelns ihre Beute. Da nur scharfer Stahl geeignet war, die Ernsthaftigkeit des Anliegens seiner Hoheit s’Ilessid zu prüfen, hielt Keldmar sich zurück und ließ sich von den Männern geleiten.
    Nachdem ihm gestattet worden war, zu Pferde den Weg anzutreten, führte seine Eskorte ihn vom Poststall zu einem Feldlager, das sich im Norden Etarras unter den ansteigenden Kamm des Mathorngebirges zwängte. Vom Lager aus bot sich freie Aussicht über die Ebene von Araithe und die breite Straße, die sich nach Osten und Norden verzweigte. Strahlend und ungeordnet, beinahe wie Opale die von planloser Hand willkürlich zwischen die Falten zerknitterten schwarzen Samtes geschüttet worden waren, flackerten die Feuer der Kriegerlager der Städte Rathains im flachen Land. Tintenschwarz breiteten sich die Sumpfgebiete aus, die den Oberlauf des Flusses Valsteyn speisten. Der nächtliche Chor der Frösche wurde überlagert von dem Gebrüll der Männer, die die Stunden der Untätigkeit durch Würfelspiele oder Kämpfe um die Gunst mitgereister Weibsbilder ausfüllten.
    Grimmiger Wind strich über die Berge und vertrieb die schwüle Hitze und die dichte Dunstglocke über den Feuern der Feldküchen. Aufgewirbelter Staub vernebelte den Mondschein, der durch die aufgerissene Wolkendecke auf die Erde herniederschien. In einem bequemen Sessel, einen Kelch edlen Weins in Händen, wartete Keldmar auf seine Verabredung, während der Wind in den güldenen Fransen der samtenen Vorhänge ein Lied vom aufkommenden Sturm wisperte. Lysaers Stallmeister, ein livrierter Kammerdiener und zwei Pagen kauerten im Schatten, bereit, eilends jeden Wunsch zu erfüllen, wie gering er auch sein mochte.
    Hinter der reichhaltigen Ausstattung des Zeltes verbarg sich keinerlei Schwäche. Zwei Torwachen standen vor dem Prinzenpavillon, denen wiederum ein Aufmarsch erstklassiger Soldaten im Heereslager den Rücken stärkte. Keldmar war der Krieg nicht fremd, und er war sicher, daß dieser Streitmacht, die Lysaer s’Ilessid zu Avenor aufgebaut hatte, keine Fehler unterlaufen würden.
    3483 Männer; der Hauptmann, der Teil seiner Eskorte gewesen war, verkündete sein Bedauern über die siebenhundert Soldaten, die sie in Isaer hatten zurücklassen müssen.
    »Warum wurden sie zurückgelassen?« fragte Keldmar, um die Konversation in Gang zu halten.
    Nun hörte er von der Hinrichtung, die in einem Chaos geendet hatte, als ein schreckliches, magisches Phänomen am Himmel aufgetaucht war.
    »Unser Herr hat nur ungern auf die Männer verzichtet«, schloß der Hauptmann. »Doch konnte sich Avenor nicht der Pflicht entziehen, den Aufstand niederzuschlagen, der seitens der Clanblütigen Tysans zu erwarten war. Die Verurteilte war die gnädige Frau Maenalle. Man sagt, sie sei ein Abkömmling der alten Prinzen von Camris gewesen.«
    Kaum verwundert nippte Keldmar an seinem trockenen Wein. Die städtischen Emporkömmlinge konnten es wagen, ihm von der ehrlosen Tat, von dem Mord an einem Caithdein zu erzählen, weil eine Macht,

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