Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
geworden?«
Diegan konterte mit einem verschlagenen Lächeln. »Erlaubst du unseren verschworenen Verbündeten, sich durch ihre Streitereien selbst außer Gefecht zu setzen? Nun, sollte es dir dieses Mal nicht gelingen, das Pack unter Kontrolle zu bringen und sollte Pesquil dich nicht zur Strafe für deine unziemliche Mißachtung der Prioritäten ermorden, so werde ich diesem Mißstand höchstpersönlich ein Ende setzen.«
Mit diesen Worten folgte er seinem Prinzen durch die Rundbogentür, um dem großen Kriegsrat der Stadt Etarra vorzusprechen.
Unter den muffigen Fransen der Gildebanner, umgeben von ausgefransten Vorhängen aus rotem Samt, welche die Spitzbogenfenster des Saales verdeckten, stießen sich die Kommandanten in ihren Wappenröcken, den gefärbten Lederrüstungen, Kettenhemden und die bändergeschmückten Handelsminister in ihren edlen Seidenkleidern gegenseitig kampfeslustig die Hörner ab. Echos hallten von den Wänden wider, und die Marmorfriese und gemaserten Deckenbögen erbebten unter dem höllischen Brodeln erhitzter Gemüter. Sekretäre kritzelten hastig Notizen und tätigten eilig Botengänge. Jeder einzelne von ihnen ein Meister der Meinungsverschiedenheiten, verständigten sich die Handelsminister, deren Gesichter sich im Schatten exotischer federgeschmückter Hutkrempen verbargen, flüsternd untereinander. Auf dem hochaufragenden Podest, eingezwängt in einen auffälligen, goldenen Stuhl, wischte sich der Lordgouverneur von Etarra den Schweiß von seinem wabernden Doppelkinn. Rotangelaufen in der Enge seiner zu eng geschnittenen Brokatkleider, ruderte er mit den Armen und versagte bei jedem Versuch, sich im Lärm erhobener Stimmen Gehör zu verschaffen.
Eine geheimnisvolle Ahnung befähigte einen fremden Würdenträger, der zu Besuch in Etarra weilte, einem heftigen Zusammenstoß auszuweichen. Keldmar s’Brydion aus Alestron lehnte an einem viereckigen, vergoldeten Pfeiler, einen Wandteppich im Rücken und eine Schulter gleichgültig der Versammlung zugewandt. Die andere Hand hielt versteckt unter seinem Ellbogen einen Dolch fest umklammert. Von seinem Bruder ausgesandt, Alestrons Interessen gegen den Herrn der Schatten zu vertreten, hatte er das Banner des Herzogs überall zu präsentieren, wo er auch hinging, dabei hätte schon sein Akzent gereicht, ihn mit einem Barbaren zu verwechseln und in Stücke zu reißen, sobald er auch nur den Mund auftat.
Nach sieben Tagen der Beleidigungen, in denen Blutvergießen nur knapp vermieden werden konnte, sieben Tagen der Abbitte von Narren, die allesamt kläglichem Bedauern ob des politischen Makels seiner Sprache verhaftet waren, hatte Keldmars Haltung schlitzäugige Züge bekommen, war seine Stimmung sprunghaft und seine Verachtung für die Handlungsweise der pompösen Würdenträger geprägt von einer explosiven Unruhe, die der lebender Aale in der Reuse durchaus ähnlich war.
Als des Seneschalls minderbemittelter Assistent die Verwegenheit besaß, dem schwarzbärtigen Veteranen, Kommandant Harradene persönlich, mitten ins Gesicht zu springen, um sodann sein Tafelmesser dazu zu mißbrauchen, auf einen Tisch einzuhämmern, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, erstickte Keldmar nur mühsam und mit einem boshaften Grinsen einen Ausbruch herzhaften Gelächters. Die vielgerühmte Allianz von Etarra stand kurz davor, in wildem Kampfesgetümmel unterzugehen. Die höhergestellten Offiziere der Stadtgarnisonen waren erzürnt genug, ihre Klingen zu ziehen und die Handelsminister samt ihrer Sekretäre auszuweiden, ganz zu schweigen von den jammernden Windbeuteln in edler Seide, die beständig die Kosten des bevorstehenden Feldzuges beklagten.
Vergnügt bereitete sich Keldmar vor, jedem denkbaren Gemetzel zu begegnen, das sich in seine Nähe wagen mochte. Während das Gezeter zwischen den Offizieren und den reich ausstaffierten Ministern sich zu einem schreiend vorgetragenen Crescendo steigerte, überdachte er die erfreuliche Aussicht, einige der Geistesschwachen abzustechen, die es gewagt hatten, ihn mit einem der flüchtigen Clanblütigen zu verwechseln.
Ein Krachen peitschte durch die Luft, gefolgt von dem zugehörigen Lichtblitz. Sofort erstarb das schmähende Gebrüll, als hätte ein Donnerschlag die aufgewühlten Gemüter zu bestürztem, angstvollem Schweigen verdammt.
»Möge Ath Euch allen gnädig sein!« erklang eine beißende, dröhnende Stimme. »Denn das könnt Ihr glauben: Der Herr der Schatten wird keine Gnade mehr kennen, sind
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